Geschrieben am 1. November 2017 von für Litmag, queerNOTqueer, Specials

Elisabeth Strowick: Digitaler Akt, Interface-Körper. Überlegungen zu einer cyberfeministischen Ästhetik

Elisabeth Strowick

 

Digitaler Akt, Interface-Körper.

Überlegungen zu einer cyberfeministischen Rhetorik

 

 

Cyberfeminisische Rhetorik oder: Regendering des Digitalen

Was ist das Sujet einer cyberfeministischen Rhetorik? Anders gefragt: Welchen Einsatz finden digitale Medien in einer feministischen Theorie und Politik des Performativen[1], die mit der Performativität geschlechtlicher Körper zugleich die strukturelle Verschränkung von Sprache/Code und Körper herausstellt? In ihrer für Butlers Überlegungen zur Performativität geschlechtlicher Körper maßgeblichen Lektüre von Austins Sprechaktheorie charakterisiert Shoshana Felman den performativen Akt als Artikulation des chiastischen Verhältnisses von Sprache und Körper, d.h. eines Verhältnisses in sich verfehlter Verkreuzung, „consisting at once of incongruity and of inseparability“[2]. Es ist die im performativen Akt artikulierte „inherent incongruity of the speaking body“[3], die diesen zu einem skandalösen Akt macht, der nicht nur die metaphysische Opposition von Geist und Körper, Sprache und Materie zu Fall bringt[4], sondern darüber hinaus auch die Vorstellung einer Vorgängigkeit des Subjekts gegenüber dem Akt und das damit verbundene Phantasma intentionaler Verfügbarkeit durchkreuzt.[5] Das Verhältnis von Sprache und Körper als chiastisches zu formulieren, bedeutet nicht, den Körper auf ein Mittel sprachlicher Äußerung zu reduzieren, sondern läßt Sprechen selbst als körperliche Handlung erscheinen, in welcher der Körper nicht im Modus von Anwesenheit, sondern als Überschuß des Äußerungsaktes, „excess of utterance over the statement“[6] persistiert. Die feministische Theorie des Performativen hebt mit dem performativen Akt jenes Skandalon des Medialen hervor, welches nicht nur die Auffassung des Körpers als vorsymbolische Entität suspendiert, sondern Sprache in ihrer – immer schon geschlechtlichen – Körperlichkeit/Materialität zu lesen gibt. Kurz: Der performative Akt artikuliert die Materialität des Mediums.

Ausgehend von diesen theoretischen Überlegungen fragen die folgenden Ausführungen nach der Performanz digitaler Medien und mit ihr verbundenen Körperkonzepten und Konzeptionen von Materialität. Welche Möglichkeiten der Reformulierung von Materialität eröffnen sich mit einer cyberfeministischen Theorie des Performativen, mit dem digitalen Akt, sofern dieser die digitale Differenz als fundamental „asymmetrische Artikulation von Anwesenheit und Abwesenheit, von 0 und 1, […] chiastische Konstruktion des Auftauchens und Verschwindens“[7] wiederholt? Welcher „new type of materialism“[8] kommt mit der digitalen Information ins Spiel? Im Sinne einer cyberfeministischen Politik des Performativen markiert der digitale Akt die Durchkreuzung eines gendered Materie-Immaterialitäts-Dualismus zugunsten der Reartikuliation des Materiellen als Frage nach der Geschlechterdifferenz in ihrer digitalen Performanz, d.h. der Verschaltung von digitalem Körper und geschlechtlichem Code. Ließe sich das Interface diesbezüglich als Verschränkung von body und code, matter und matrix beschreiben? Und was würde eine solche chiastische Struktur des Interface für die Frage nach digitalen Medien und mit ihnen verbundene Konzeptionen geschlechtlicher Körper bedeuten? Was hieße es, die Medialität des Digitalen als Kreuzungsgeschehen, Artikulation der Grenze als Verhältnis und damit einer (Geschlechter-)Differenz jenseits oppositionaler Strukturen zu denken? Und wie läßt sich – so sich gendercode and digital body medial verschränken – der digitale Code 0-1 als Frage nach der Geschlechterdifferenz lesen?[9] Welches X perfor(m)iert die digitale Differenz 0-1? Denn worum könnte es einer cyberfeministischen Rhetorik sonst gehen, wenn nicht um dieses X des digitalen Aktes, – ganz im Sinne des Titels von Ulrike Bergermanns cyberfeministischem Manifest: do x.[10]

 

Der digitale Akt oder: How to do X with 0-1?

Die Frage How to do X with 0-1? zielt auf eine Lektüre der digitalen Differenz[11] als Geschlechterdifferenz im Sinne der Performanz des Digitalen. Dabei folgen meine Überlegungen zum digitalen Akt der psychoanalytisch-dekonstruktiven Rezeption Austins (Felman, Derrida[12]), die den an die Wiederholungsstruktur/Iterabilität des Zeichens gebundenen performativen Akt als Akt der Wiederholung, d.h. als strukturell in sich verfehlten Akt zu denken gibt. Während Austin die Möglichkeit des Mißlingens/Verunglückens als Charakteristikum performativer Äußerungen zwar aufführt, schließt er sie in seiner Theorie der Sprechakte aus, die er am geglückten Akt und an der Intention der/des Sprechenden ausrichtet. Im Unterschied hierzu akzentuiert Felmans psychoanalytische Rezeption der Sprechakttheorie das Verfehlen/Mißlingen des Aktes, wie es sich in der Fehlleistung („Fehlhandlung“[13]) zeigt, als entscheidendes Moment des Performativen, womit dieses Intentionalität und Sinn durchkreuzt und eben darin zur Artikulation des Begehrens/der Geschlechterdifferenz wird. Lacan kennzeichnet den Lapsus/das Mißlingen als die Artikulation des Sexuellen in jeder (Sprech-)Handlung und grundlegende Struktur des sexuellen Aktes:

„Freud’s so-called sexuality consists in noting that everything having to do with sex is always a failure. […] Failure (misfire) itself can be defined as what is sexual in every human act. That is why there are so many actes manqués. Freud indicated perfectly clearly that an acte manqué always has to do with sex. The acte manqué par excellence is precisely the sexual act. […] And that is what people are always talking about.“[14]

Worauf Shoshana Felman in diesem Zusammenhang hinweist, ist, daß das eigentliche Skandalon des Performativen, wie es sich in der Fehlhandlung artikuliert, nicht in der Tatsache liegt, daß alles Sprechen sexuell ist, sondern daß der sexuelle Akt ein linguistischer Akt, ein Sprechakt ist.[15] Eine essentialistische Auffassung von Geschlechterdifferenz ist damit unwiderruflich durchkreuzt. Als sexueller, d.h. Fehl-Akt dient das erotische Peformativ nicht etwa dazu, die Geschlechterdifferenz zu überbrücken; vielmehr ist es dazu angetan, sie in ihrer Unverfügbarkeit zu wiederholen.

Wie ist ausgehend vom dekonstruktiv-psychoanalytischen Performativ die digitale Differenz in ihrer Performanz zu denken? Der digitale Akt – ein in sich verfehlter, geschlechtlicher Akt? Und was bedeutete ein solches Mißlingen[16] für die digitale Differenz als Geschlechterdifferenz? Welche Geschlechterperformanzen / -vervielfältigungen / -verkreuzungen setzt die digitale Differenz ins Werk? Inwiefern unterläuft die Differenz 0-1 den binär ausgerichteten Geschlechtercode performativ? Was passiert mit dem Digitalen, wenn es in seiner Performanz, d.h. als gendered body gelesen wird?

In seiner Seminarsitzung zu Psychoanalyse und Kybernetik illustriert Lacan Kybernetik und digitale Differenz 0-1 über verschiedene Zustände einer Tür – für Lacan „das Symbol par excellence“, welches bekanntlich auch in seiner signifikantentheoretischen Formulierung der Geschlechterdifferenz Anwendung findet. (Im Drängen des Buchstabens sind es allerdings zwei Türen, und zwar Klotüren, beide im geschlossenen Zustand. Hierzu später.) Was mit der psychoanalytisch-kybernetischen Tür zu Fall kommt – und hierin liegt ihr entscheidender Dreh als Tür/Signifikant –, ist der Dualismus/die Symmetrie von Entweder-Oder, wie er für eine binäre Logik und ihr verhaftete Geschlechterkonzeptionen (entweder offen oder geschlossen, anwesend oder abwesend, 0 oder 1, ja oder nein, weiblich oder männlich) grundlegend ist:

„Es stimmt, eine Tür muß offen oder geschlossen sein. Aber das ist nicht äquivalent. […] Es gibt eine Dissymmetrie zwischen der Öffnung und der Schließung – wenn die Öffnung der Tür den Zugang regelt, so schließt sie, geschlossen, den Kreis. Die Tür ist ein wahres Symbol, das Symbol par excellence, dasjenige, an dem sich immer der Durchgang des Menschen irgendwohin zu erkennen geben wird, durch das Kreuz, das sie andeutet, indem sie den Zugang und die Abgeschlossenheit verkreuzt. Von dem Moment an, wo man die Möglichkeit gehabt hat, die beiden Merkmale aufeinander umzuklappen, aus der Schließung, d.h. den Kreislauf, etwas zu machen, wo’s durchläuft, wenn’s offen ist, da ist die Wissenschaft der Konjektur übergegangen in die Realisierung der Kybernetik. […] Beachten Sie aber, daß das, worum es geht, die Relation von Zugang und Schließung als solche ist. Sobald die Tür sich öffnet, schließt sie sich. Wenn sie sich schließt, so öffnet sie sich. Eine Tür muß nicht offen oder geschlossen sein, sie muß offen und dann geschlossen sein und dann offen und dann geschlossen. Dank dem elektrischen Stromkreis und dem mit sich selbst verschalteten Induktionskreis, das heißt dank dem, was man ein feed-back nennt, genügt’s, daß die Tür sich schließt, damit sie sogleich durch einen Elektromagneten wieder in den Zustand der Öffnung versetzt wird, und das ist von neuem ihre Schließung und von neuem ihre Öffnung. Sie erzeugen so das, was man eine Oszillation nennt. Diese Oszillation ist die Skansion. Und die Skansion ist die Basis, auf der Sie unaufhörlich die geordnete Wirkung werden einschreiben können durch eine Reihe von Montagen, die nicht mehr sein werden als Kinderspiele.“[17]

Die Tür – der Signifikant – bringt die digitale Differenz 0-1 nicht im Sinne der binären Logik, d.h. eines symmetrischen Entweder-Oder zur Geltung, sondern als Artikulation einer radikalen Nichtäquivalenz der Zustände, welche in ihrem Alternieren/feedback miteinander verkreuzt sind, und in denen so eine Differenz zum Zuge kommt, die sich einer oppositionalen Struktur entzieht. Die Tür verkörpert nicht die Opposition zweier Zustände, sondern markiert die in keiner oppositionalen Struktur zu repräsentierende Differenz, die jedem Entweder-Oder vorausgeht, es übersteigt und performativ aus den Angeln hebt. Die alternierende Verkreuzung, wie sie Lacan zufolge in dem einzig über Leerstellen funktionierenden differentiellen Spiel der Nullen und Einsen, d.h. der signifikanten Differenz zwischen 0 und 1, statthat, läßt sich nicht binär codifizieren. Insofern bezeugen die digitalen Zeichenfolgen die Struktur des Symbolischen, d.h. der ausschließlich über Differenzen funktionierenden Struktur der Sprache, an deren Leerstellen nicht nur jede Referenzlogik scheitert, sondern die auch die Semantik der Syntax nachordnet. Die Kybernetik ist „die Wissenschaft der Kombination der Plätze als solcher. Dies in einem geordneten Register, das den Begriff des Zuges voraussetzt, das heißt den der Skansion“[18]. – Was bedeutet eine solche Dekonstruktion der digitalen Differenz für eine cyberfeministische Rhetorik resp. Politik des Performativen? Was heißt es für cybergendered bodies, die digitale Differenz 0-1 nicht binär-oppositionell, sondern als alternierende Verkreuzung zu denken, sprich: die 0 nurmehr als 0 einer 1, die 1 als 1 einer 0? Denn als ein solches Alternieren asymmetrischer An- und Abwesenheit, ein Fort-Da-Spiel, „das in seinem Alternieren nur das fort eines da meint und das da eines fort[19], und auf welches Lacans Rede vom „Kinderspiel“ anspielt, stellt sich der Akt des Schließens/Öffnens der Tür dar.

Betrachten wir den digitalen (Tür-)Akt genauer, läßt er sich in der Tat als Fehlakt[20] lesen. Im Akt des Öffnens schließt sich die Tür, im Schließen öffnet sie sich, anders gesagt: Jedes Öffnen wird von einem Schließen, jedes Schließen von einem Öffnen durchkreuzt. Öffnen und Schließen unterbrechen/skandieren einander in asymmetrischer Alternanz. Der digitale Akt ist ein Akt der Verkreuzung/Kreuzung, ein in sich verfehlter, geschlechtlicher Akt. Die skandierende Verkreuzung/Oszillation vollzieht sich qua feedback, d.h. als Wiederholung. Jeder kybernetische Akt ist ein Akt der Wiederholung/ein feedback-Akt und sich damit immer schon selbst entzogen, in sich geteilt/skandiert, ein Akt von Differenz[21]. Mit dem feedback als grundlegendem Prinzip suspendiert die Kybernetik die Logik der Identität. Entsprechend ist auch der kybernetische Begriff der Botschaft kein identitätslogisch-semantischer, sondern funktioniert als syntaktische Skansion/Wiederholungszwang[22].

In welcher Weise nun artikuliert der digitale Akt die Geschlechterdifferenz, denn als Skansion/Fehlakt läßt er sich als geschlechtlicher Akt lesen. Mit der alternierenden Verkreuzung von 0 und 1 erscheint die Geschlechterdifferenz nicht als symmetrisch-binäre, sondern als Skansion/Unterbrechung, d.h. als fundamental asymmetrischer Akt/Chiasmus. An dieser Stelle werden Lacans andere Türen interessant: die zwei Türen aus dem Drängen des Buchstabens, die die Geschlechterdifferenz als Signifikantendifferenz – und damit zugleich die Signifikantendifferenz als geschlechtliche Differenz – illustrieren. Es sind zwei geschlossene Klotüren, was heißt, daß der Ort, an dem sich Signifikant und geschlechtlicher Körper verkreuzen, kein anderer ist als ein Abort. Lacans Tür-Zeichnung findet sich im Rahmen seiner signifikantentheoretischen Reformulierung des Saussureschen Zeichenbegriffs. Zur Markierung der differentiellen Struktur des Signifikanten wählt Lacan nicht einen Baum, sondern zwei mit „Hommes“ und „Dames“ überschriebene identische Türen, die auf diese Weise als Klotüren erkennbar werden.

Im selben Kontext erzählt Lacan die Geschichte zweier Kinder, Bruder und Schwester, die sich in einem Zug gegenüber sitzen, der in einen Bahnhof einläuft:

„Ein Zug läuft in einen Bahnhof ein. Ein kleiner Junge und ein kleines Mädchen, Bruder und Schwester, sitzen in einem Abteil an der Fensterseite, und zwar einander gegenüber. Nun sehen sie eine Kette von Gebäuden vorübergleiten an einem Bahnsteig, an dem der Zug hält: ‚Schau, wir sind in Frauen!’, sagt der Bruder. ‚Dummkopf’, erwidert daraufhin seine Schwester, ‚siehst Du nicht, daß wir in Männer sind!’“[23]

Die Zeichnung der Klotüren scheint die Signifikantendifferenz/das Symbolische im Sinne einer binär-oppositionellen Geschlechtlichkeit (Hommes/Dames) auszurichten, was nicht nur aus Sicht einer feministischen Theorie des Performativen, sondern auch angesichts der radikal-differentiellen Struktur des Signifikanten – die Heterogenität des Signifikanten ist sicherlich keine Heterosexualität – fragwürdig wäre. Muß sich Lacans Reformulierung des Signifikanten den Vorwurf einer symptomatischen Reproduktion der „heterosexuellen Zwangmatrix“ gefallen lassen? Ist das Symptom des Lacanschen Textes die Heterosexualität? ‘Symptomatisch’ meint dabei die Fixierung eines Bedeutungseffektes im Sinne der Metapher[24], die die irreduzible Nachträglichkeit des Sinns, seine Konstitution bzw. sein Gleiten im differentiellen Spiel des Signifikanten verstellt. Angesichts der differentiellen Struktur des Signifikanten erscheint die Geschlechteridentität, die zwei Klotüren gewähren, über die Maßen dürftig. Die Orte, die sie den Geschlechtern zuweist, erweisen sich als trügerische Stabilisierung/Fixierung der sexuellen Differenz, die – wie die Geschichte der Kinder zeigt – zu einem unversöhnlichen Dissens führt. Dabei ist die Perspektive des Jungen die, daß sie in ‘Frauen’, die des Mädchens, daß sie in ‘Männer’ sind. Der Irrtum über die eigene Position ist hierbei mindestens ein doppelter: 1. Die Verkennung der Relationalität der eigenen Perspektive, der den Streit zu einem unlösbaren macht. 2. Die Verkennung dessen, daß die streitenden Parteien jeweils auf dem falschen Örtchen ist. Der Junge in Frauen, das Mädchen in Männer. – Finden sich in Lacans signifikantentheoretischer Reformulierung der Geschlechterdifferenz Momente, die das im heterosexistischen setting vorprogrammierte Dilemma unterlaufen? Anders gefragt: Wo sieht sich die in Bildlichkeit und Narration angelegte symmetrische Überkreuzung X skandiert und der asymmetrischen Differenz des Chiasmus preisgegeben?[25]

Die entscheidende Differenz ist hierbei die Barre, welche als paradox–doppelte Bewegung Bedeutung zugleich hervorbringt und unterläuft, den Geschlechterdualismus als Signifikanteneffekt zu lesen gibt und darüber auf eine Geschlechterdifferenz jenseits binärer Geschlechterkategorien verweist. In diesem Sinne knüpft auch Samuel Weber die geschlechtliche Differenz des Signifikanten nicht an die Opposition zweier betretbarer Türen, sondern an die Barre als Abort:

„[…] das erste, was Lacan zufolge gesehen werden muß, ist, daß ‘die Schienen […] die Sperre (la barre) des Saussureschen Algorithmus materialisieren’ […] Das Subjekt wird hier buchstäblich von der Sperre getragen, die Signifikant von Signifikat trennt: sein Ort ist auf dem Gleis, und zwar auf einem, das gleichzeitig entgleist. Denn der Streit zwischen dem Mädchen, das in ‘Männer’ angekommen sein will, und dem Knaben, für den der Ort nur ‘Damen’ heißen kann, läßt sich insofern schwerlich schlichten, als es um die Beziehung der Geschlechter geht, d.h. um eine Differenz, die die von ihr erzeugte Identität einem Ort zuweist, in dem sie nie ganz zu Hause sein kann. Es ist nicht zufällig, daß dieser Ort in dem zitierten Beispiel ein Abort ist. Und ebensowenig, daß dessen Türen zu sind.“[26]

Das für die Konstitution des Geschlechterunterschieds entscheidende Moment sind die Gleise, die die gesamte Geschichte tragen, und auf denen ihr Sinn, welcher im Geschlechterkampf Gestalt annimmt, entgleist. Die Bedeutung, um die Bruder und Schwester streiten, konstituiert sich in der Bewegung des Zuges entlang der Gleise, – von diesen skandiert. Die Gleise fungieren als Schnittstelle/Interface, über die sich die Positionen der Kinder mit den von den Klotüren auf dem Bahnsteig repräsentierten Signifikanten des Geschlechts (Männer, Frauen) verkreuzen, d.h. im Modus der Verfehlung – Tholen spricht von einem „kreuzverkehrte[n] Blick“[27] – begegnen. Die umstrittene Bedeutung ist Effekt der Metapher, die ihren Weg über die Gleise nimmt, welche die Bedeutung ihrerseits unterlaufen. Das Interface stellt sich als Ab-Ort der Metapher dar: paradoxe Doppelbewegung gleichzeitiger Konstitution und Dekonstruktion von Geschlechterpositionen.

Mit den Gleisen/der Barre als Interface kommt eine geschlechtliche Differenz ins Spiel, die den Geschlechterdualismus 0-1, wie ihn die Narration als symptomatischen Bedeutungseffekt ausstellt, im selben Zuge, wie sie ihn hervorbringt, unterläuft. Als skandierende Differenz sperrt die Barre den Sinn, schiebt sie ihn auf, macht sie sich geltend im Lapsus/Fehlakt – und wird eben darin zur Artikulation des Sexuellen. Die geschlechtliche Differenz des Signifikanten artikuliert sich nicht in auf der Ebene des Sinns, sondern in dessen performativer Durchkreuzung, als in sich verfehlter Akt. So ist die Begegnung/Verkreuzung zwischen den Kindern und den Geschlechterpositionen – wo sie notwendig über das Interface verläuft – nur als verfehlte zu denken. Der „kreuzverkehrte Blick“ ergibt kein symmetrisches Kreuz, wie es dem Phantasma der Heterosexualität wohlfeil wäre, sondern sieht sich von der Barre als Moment radikalen Sinnausfalls unterlaufen und auf eine chiastische Asymmetrie hin geöffnet. Geschlechterdifferenz als chiastische Differenz zu formulieren, zielt also gerade nicht auf die Verkreuzung zweier symmetrischer Pole 0-1, sondern auf deren unaufhaltsames Entgleisen in einer sich skandierenden/vervielfältigenden Differenz, wie sie Lacan in Kybernetik und Psychoanalyse beschreibt. Wollte man Lacans kybernetische Tür mit ihrer skandierenden Verkreuzung noch einmal bemühen, wäre sie genau am Abort der Barre zu plazieren, des Interface’, das Geschlechterdifferenz als Chiasmus artikuliert.

Als chiastisch in sich verfehlter, geschlechtlicher Akt (‘do c’) erlaubt der digitale Akt noch eine weitergehende gendertheoretische Lektüre: Sofern sich der Akt 0-1 nicht als straightes X, sondern als skandierende Verkreuzung/Akt der Vervielfältigung von Differenz vollzieht, wird er kaum anders denn als queer zu bezeichnen sein und damit das von Andrew Parker und Eve Kosofsky Sedgwick herausgestellte Skandalon des Performativen im Digitalen wiederholen: Bekanntlich schließt Austin jene Sprechakte aus seiner Theorie aus, die der Welt des Theaters und der Poesie angehören. Als „parasitäre“ Ausnutzung des gewöhnlichen Sprachgebrauchs rechnet Austin sie der „Lehre von der Auszehrung (etiolation) der Sprache“[28] zu, der gegenüber seine Theorie der Sprechakte eine Lehre der „normalen Umstände“[29] bleibt. In ihrer Einleitung zu Performativity and Performance weisen Parker und Sedgwick auf das Bedeutungsfeld von „Etiolation“ als Bezeichnung des Künstlichen, Unnatürlichen, Abnormen hin, das sich vom botanischen Diskurs bis zum Geschlechterdiskurs, namentlich dem Homophobiediskurs am Ende des 19. Jahrhunderts in England, erstreckt. Folglich – so Parker und Sedgewick – „the performative has […] been from its inception already infected with queerness“[30]. „Queer performativity“[31] (Sedgwick) vollzieht die Auszehrung naturalistischer Konzepte von Geschlechteridentität. Etiolation agiert als performative Dissemination der Geschlechter – das Ganze eine Angelegenheit der Sprache, wie Austin bemerkt, bzw. digitaler Akte, wie sich aus Sicht einer cyberfeministischen Rhetorik hinzufügen ließe.

To do X with 0-1 hieße somit, den digitalen Akt als queeren Akt zu vollziehen/wiederholen, d.h. als Akt, der dualistische Denkmuster, wie sie sich in den Diskursen über digitale Medien nur so tummeln (z.B. Information/Materie, Körper/Code, Mensch/Maschine, Sprache/Handlung, Realität/Virtualität), performativ durchkreuzt und die digitale Differenz als chiastische Differenz der Geschlechter artikuliert. Sollten die technischen Möglichkeiten digitaler Medien statt Anlaß zur Befragung traditioneller Körper- und Geschlechterkonzeptionen und Logiken der Repräsentation und Referenz zu geben, tatsächlich zu nichts anderem führen als zur einfallslosen diskursiven Reproduktion metaphysischer Gegensätze und reaktionärer Erlösungsphantasien?

 

MatrX

Die digitale Differenz in ihrer Performanz zu denken, wie ich es mit dem Begriff des digitalen Aktes versuche, macht eine Reformulierung des Verhältnisses von digitalem Code bzw. digitaler Information und Materialität möglich und notwendig. Wie wird dieses Verhältnis informationstechnologisch und medientheoretisch gefaßt? Welche Verschiebung erfährt es in einer Konstellation mit der feministischen Rezeption des Performativen (Felman, Butler), die sich gerade dadurch auszeichnet, daß sie die Fragen nach Körper und Materialität nicht als Gegensatz der Sprache, sondern als zeichentheoretische Fragen aufwirft? Inwiefern ist der Begriff des digitalen Aktes geeignet, den – nicht eben genderneutralen – Begriff der Materialität in den Diskursen um digitale Medien rezirkulieren zu lassen, ohne dabei den Dualismus Materialität/Information zu reproduzieren? Ließe sich der digitale Akt als Schnittstelle fassen, die in einem doppelten Zug den Begriff digitaler Information an die Materialität des Codes wie einen ontologischen Begriff von Materie an die digitale Differenz verweist? Welche Verschiebungen erfahren ‘Materialiät’ und ‘digitaler Code’ bzw. ‘Information’ über ihre Verkreuzung im digitalen Akt? Und um an die Ausführungen des letzten Abschnitts, der die digitale Differenz als chiastische Differenz  zu lesen versuchte, anzuknüpfen: Inwieweit durchkreuzt das X der digitalen Differenz mit der binären Logik 0-1 auch einen Materie-Informations-Dualismus? Läßt sich die Performanz des Digitalen (to do X with 0-1) als Intervention eines „new types of materialism“ in die digitale Matrix lesen? Die Matrix – a matter X, d.h. eine Materialität, die sich an die Differentialität sprachlicher/digitaler Zeichen knüpft? Auf eine cyberfeministische Befragung des Materiebegriffs anhand der Performanz des Digitalen zielt dieser Abschnitt, dessen Überschrift ‘matrix’ und ‘matter X’ verklammert.

 

Real Virtuality oder: Difference that Matters

 Die Rede von der Immaterialität der Information hat Tradition. Katherine Hayles zeichnet ihre historische Entwicklung in How we became posthuman nach und weist auf die Parallele zwischen metaphysischem und posthumanem Materie-Immaterialitäts-Dualismus (Körper-Geist, Materie-Information) hin, der – hierarchisch angelegt – die Subordination des Körpers/der Materie unter die Immaterialität (Geist, Information) betreibt.[32] Die dualistische Trennung von Information und Materie ist bereits in Wieners und Shannons Definitionen von ‘Information’[33] wirksam und erfährt ihre Fortführung u.a. in Konzeptionen von Virtualität, die – indem sie die parallele Repräsentation von RL (Real Life) und VR (Virtual Reality) behaupten – die Loslösung und Befreiung der Information vom Ballast des Körpers, der gern auch als behinderter erscheint, versprechen. Dieser in die Vorstellung einer „bodiless information“[34] mündenden posthumanen „materiality/information separation“[35] nun setzt Hayles die irreduzible Medialität/Materialität der Information entgegen:

„[…] for information to exist, it must always be instantiated in a medium, whether that medium is the page from the Bell Laboratories Journal on which Shannon’s equations are printed, the computer-generated topological maps used by the Human Genome Project, or the cathode ray tube on which virtual worlds are imaged. The point is not only that abstracting information from a material base is an imaginary act but also, and more fundamentally, that conceiving of information as a thing separate from the medium instantiating it is a prior imaginary act that constructs a holistic phenomenon as an information/matter duality.“[36]

Die „information/matter duality“ geht mit dem Vergessen des Medialen einher. Angesichts der von Hayles hervorgehobenen medialen Verfaßtheit von Information läßt sich ein Materie-Informations-Dualismus  nicht länger aufrechterhalten, impliziert doch die Medialität der Information eine Materialität, die sich nicht im oppositionalen Schema verorten läßt, sondern die sich – in dekonstruktiver Lesart – an eine dieses Schema übersteigende Differenz knüpft: jene Differenz/différance[37] etwa, auf die Tholens Reformulierung des Medialen/der techné[38] zielt, als eine, die die Möglichkeit der Präsenz allererst eröffnet und sich ihr zugleich entzieht. Welcherart Materialität begegnet im (Ent-)Zug der sich mit-teilenden a-präsenten Differenz/différance des Medialen? Den ‘materialistischem’ Charakter der différance  – und damit zugleich einen nicht-präsenzlogischen Materiebegriff – markiert auch eine Äußerung Derridas: „[…] wenn und insofern das Wort Materie in dieser allgemeinen Ökonomie […] die radikale Andersheit bezeichnet (ich würde präzisieren: gegenüber dem philosophischen Gegensatz), dann könnte man das, was ich schreibe, als ‘materalistisch’ ansehen.“[39] Die Materialität des Digitalen an den präsenten Code 0-1 zu knüpfen, wäre von daher verfehlt; vielmehr wäre gerade die „mediale Zäsur“[40]/skandierende Verkreuzung der digitalen Differenz 0-1 als materielles Geschehen, die digitale Matrix als Materialität der différance/matter X, als Materialität des digitalen Aktes zu denken.

Wenn Norbert Wiener ‘Information’ in den Worten charakterisiert: „Information is information, not matter or energy. No materialism which does not admit this can survive at the present day“[41] schreibt er den metaphysischen Materie-Immaterialitäts-Dualismus fort. Dekonstruktiv gelesen jedoch impliziert Wieners informationstechnologische Ausrichtung des Materiebegriffs zugleich die materielle Heimsuchung der Information. Wo die Informationstechnologie den Begriff der Materie mit der Information als seinem uneinholbaren Anderen konfrontiert und derart verschiebt, entgeht der Informationsbegriff (bei aller Neigung zur selbstvergewissernden Tautologie: „information is information“) seinerseits dieser Verschiebung des Materiebegriffs nicht. Irreduzibel an die „Dazwischenkunft des Medialen“[42] gebunden, erscheint Information in chiastischer Verschränkung mit Materie, womit sich nicht nur ein vorsprachlicher/vorinformatorischer Begriff von Materialität, sondern auch die Vorstellung einer immateriellen Information immer schon von einem embodied code durchkreuzt sieht. Entgegen dem Materie-Immaterialitäts-Dualismus begegnet mit dem digitalen Akt das Skandalon einer matter of information, die chiastische Verschränkung/gegenseitige Vorgängigkeit/Uneinholbarkeit von Materie und Information. Eine solche Verschränkung formuliert Hayles in ähnlicher Weise in ihrer „strategic definition of ‘virtuality’“[43]:

Virtuality is the cultural perception that material objects are interpenetrated by information patterns. The definition plays off the duality at the heart of the condition of virtuality – materiality on the one hand, information on the other. Normally virtuality is associated with computer simulations that put the body into a feedback loop with a computer-generated image. […] Virtual reality technologies are fascinating because they make visually immediate the perception that a world of information exists parallel to the ‘real’ world […] Hence the definition’s strategic quality, strategic because it seeks to connect virtual technologies with the sense, pervasive in the late twentieth century, that all material objects are interpenetrated by flows of information, from DNA code to the global reach of the World Wide Web.“[44]

Hayles’ Definition ermöglicht es, Virtualität als eine Form medialer Verdopplung zu figurieren, die gerade keine Parallelität zwischen zwei Welten – RL (real life) und VR (virtual reality) – behauptet, sondern Wirklichkeit an einen Wahrnehmungsprozeß knüpft, der grundsätzlich medial strukturiert ist. Medial bedingt ist jede Wirklichkeit (reality) virtuell, und damit in einer Weise in-sich-verdoppelt/-verfehlt, mit der Entwürfe paralleler bzw. analoger Wirklichkeiten zu Fall kommen. Wo also medientheoretische Diskurse VR als Befreiung von Materialität und Körper propagieren, betreiben sie paradoxerweise nichts anderes als die Leugung von Virtualität, insofern diese Wirklichkeit (reality) – an die Performanz des Mediums/der Wahrnehmung gebunden – grundsätzlich als in-sich-verdoppelte/virtuelle zu denken erlaubt. Diskursanalytisch bemerkenswert erscheint von daher die Tatsache, daß mit der Konjunktur, die der Begriff ‘Virtualität’ in Kontexten neuer Medien erfährt, nur zu häufig die Abschaffung einer virtuellen Dimension des Medialen einhergeht, wie sie im Rahmen poststrukturalistischer Sprachauffassung als eine Mit-Teilungs-/Verdopplungsstruktur des Mediums geltend zu machen wäre, die geeignet ist, Begriffe wie Wirklichkeit, Materialität, Repräsentation etc. zu resignifizieren und digitale Medien damit von ihrer diskursiven Funktion als Hüter ontologischer Welteinfalt zu befreien.

Entsprechend Hayles’ Definition von ‘Virtualität’ und im Sinne einer cyberfeministischen Politik des Performativen ist der digitale Akt präzise insofern virtuell, als er die ‘Interpenetration’ von Materie und Information performativ wiederholt, sprich: beider Verhältnis als eines gleichzeitiger Verfehlung und Untrennbarkeit artikuliert. Der digitale (geschlechtliche) Akt vollzieht sich nicht als Übergang eines hypostasierten ‘wirklichen Körpers’ (RL) in eine ‘virtuelle Körperlichkeit’ (VR), d.h. als Akt der Überwindung der Todverfallenheit des Leibes – ein Phantasma, das seine eschatologische Herkunft nicht zu verhehlen vermag und das Science-Fiction-Filme nicht müde werden, zu reproduzieren[45] – sondern persistiert als flackerndes (flickering) Interface, das die Zeichenhaftigkeit des Körpers mit der Körperlichkeit des Codes verkreuzt.

 

Matrix von Abwesenheit – Matter X

Hayles kritisiert die Beschreibung digitaler Information im Modus einer Differenz, wie sie Freuds Fort-Da-Spiel[46] beschreibt, in dessen wiederholter Artikulation der lautlichen Differenz o-a Lacan die Signifikantendifferenz formuliert findet. Lacans Konzeption des „floating signifiers“ setzt Hayles die des „flickering signifier“ entgegen, welche die differentielle Struktur des Signifikanten nicht gemäß einer Logik von An- und Abwesenheit, sondern als Muster und Zufall faßt.[47] Dabei entkommt Hayles’ Kritik an Lacans Konzept des Signifikanten allerdings nicht einer präsenzlogischen Simplifizierung der psychoanalytisch formulierten Fort-Da-/Anwesenheits-Abwesenheits-Relation. Die Differenz des Signifikanten, der „in seinem Alternieren nur das fort eines da meint und das da eines fort“, kommt ja gerade nicht in der symmetrischen Opposition eines präsenten ‘da’ und eines präsenten ‘fort’ zum Zuge, sondern artikuliert sich als skandierende, fundamental asymmetrische Differenz. Die Abwesenheit, die die Artikulation der Differenz o-a als grundsätzlich verfehlte wiederholt und nicht einer der beiden Seiten (o oder a) zuzuschlagen ist, hat ihren Abort in der skandierenden Verkreuzung/sich vervielfachenden Differenz fort-da, die eine präsenzlogische Opposition von An- und Abwesenheit unterläuft. Entsprechend einer solchen Lektüre des Fort-Da-Spiels/der Signifikantendifferenz als skandierende Verkreuzung von 0 und 1 läßt sich die Kritik an der Übertragbarkeit der Signifikantentheorie der Psychoanalyse auf digitale Medien nicht auf der Ebene ansetzen, auf der Hayles es tut[48], wenn sie den (floating) Signifikanten printtechnisch und präsenzlogisch als „single marker“[49]/„ink mark on a page“[50] verortet, während sich der digital-flickering signifier der Logik der Präsenz entzieht. The „internal play of difference“[51] wie auch the „flexible chain of markers bound together by the arbitrary relations specified by the relevant codes“[52], wie sie Hayles für digitale Medien und ihr Konzept des „flickering signifier“ in Anschlag bringt, sind präzise die Merkmale, mit denen Lacan das Spiel des Signifikanten charakterisiert. Und so wäre auch die Funktionsweise von Muster/Zufall (pattern/randomness), die Hayles zur Beschreibung digitaler Information wählt, mit der hier unternommenen Lektüre Lacans nicht als eine zu sehen, die die Differenz des Fort-Da ablöst, sondern sie inszeniert. Für Lacans Konzeption des Symbolischen wie auch des Wiederholungszwanges ist das Schema Muster/Zufall grundlegend – entsprechende Ausführungen finden sich außer in Psychoanalyse und Kybernetik[53] in seinem Seminar über E.A. Poes ‘Der entwendete Brief’ und im Seminar XI[54] –, wobei Lacans Begriff des Wiederholungszwanges das Verhältnis von Muster und Zufall in einer Weise reformuliert, die Hayles’ am Begriff der Mutation illustrierter Definition von Information durchaus nahekommt.[55]

Was das Fort-Da-Spiel deutlich macht, ist, daß die Signifikantendifferenz (o-a, 0-1) bzw. der digitale Akt als Akt der Wiederholung in bezug auf eine spezifische Materialität zu denken, materielles Geschehen ist. Die differentielle Artikulation des Signifikanten wiederholt nichts anderes als das Fortgehen/die Abwesenheit der Mutter (mater), eine Materialität in absentia, die – im Spiel der Signifikanten nachträglich hervorgebracht – den Signifikanten immer schon affiziert hat. Cyberfeministisch gibt das Fort-Da-Spiel die digitale Differenz in bezug auf die ihr extime Materialität zu lesen. Der digitale Akt artikuliert die Materialität des digitalen Mediums/die digitale Matrix als matter X/matter in absentia, die sich nicht in Opposition zur Information verorten läßt, sondern chiastisch mit dem Code verschränkt: matter of difference / difference that matters.

Die Frage nach der Materialität ist alles andere als geschlechtsneutral. Schon die Etymologie, die ‘Materie’ von lat. ‘mater’/‘matrix’ ableitet, bezeugt eine diskursive Nähe von Materialität und Weiblichkeit. Wie Judith Butler in Bodies that matter herausstellt, ist „die Geschichte der Materie zum Teil bestimmt […] von der Aushandlung der sexuellen Differenz“[56]. Die Konstruktion einer irreduziblen und dem Diskurs vorgängigen ‘Materie’/‘Materialität’ geschlechtlicher Körper zeigt sich dabei als diskursive Strategie, die eine „problematische geschlechtsspezifische Matrix […] ontologisiert und fixiert“[57]. Das für eine feministische Politik des Performativen entscheidende Sujet ist insofern „nicht die Materialität des biologischen Geschlechts, sondern das biologische Geschlecht der Materialität“[58], m.a.W. die Frage, „wie eine geschlechtsspezifische Matrix bei der Konstituierung von Materialität operiert“[59].

Die Verschränkung von Materialität und symbolischer Matrix, genauer: der Materialität geschlechtlicher Körper mit der Geschlechtlichkeit der symbolischen Matrix findet ihre Theoretisierung in der feministischen Konzeption des performativen Aktes als Artikulation des chiastischen Verhältnisses von ‘matter’ und ‘language’[60]. An das Performative knüpft sich damit für Felman die sprachtheoretische Frage nach „a new type of materialism“[61], d.h. nach einem Materialismus, der nicht nur jede Onto-Logik subvertiert, sondern insofern er sich der differentiellen Struktur des in-sich-verfehlten Aktes verbindet mit einer Resignifizierung geschlechtlicher Differenz einhergeht.

Insofern die Verschränkung von ‚matter’ und ‚language’ nicht nur die Frage nach materiellen Signifikationsprozessen, sondern auch die nach der Materialität von Sprache aufwirft, läßt sich cyberfeministisch nach der geschlechtlichen Materalität des digitalen Codes fragen. Der digitale Akt artikuliert die Materialität des digitalen Mediums / die digitale Matrix als matter X. Welche digitalen Geschlechterkonstruktionen verbinden sich mit der MatrX? Welche Möglichkeiten eines regendering diskursiver Materialitätskonzepte tun sich auf, wenn Materialität strukturell an den digital-queeren Akt geknüpft ist? Die digitale Matrix wäre danach nicht einem Begriff von Weiblichkeit zu assoziieren, der traditionell jenseits des Codes verortet ist, sondern zeigt sich als matter of difference, Reproduktion nicht der heterosexuellen Zwangsmatrix, sondern einer queeren Geschlechtlichkeit / Geschlechtervervielfältigung, die sich als Wiederholung von Differenz/Verfehlung des Codes vollzieht. Mit der digitalen Matrix installiert sich Materialität/Mutterschaft auf der Ebene des Codes, und zwar nicht als identische Reproduktion digitaler Information, sondern als Mutation der Matrix, womit ‘Mutterschaft’ als naturalistisches Konzept suspendiert und an den queeren Akt paradoxer Geschlechter verwiesen wird – etwa im Sinne des ‘Calls for Papers’ für CYBERFEMINISM: Next Protocols, in dem es heißt:

„Like IF, the basic element of programming languages for case differentiation and ramification – ‘Cyberfeminism’ indicates an operation. The feed-back loop: ‘if x then a else b’ sets an unpredictable future for the machine’s actions. Who would seriously trust such autonomous operations? Since the war-decision programming of the 40s, almost everybody (preferably without knowing) trusts IF-THEN commands as a means to prophesy the immediate future. Reported errors will already have predicted the unknown message, as a message is the transmission of certain calculable probabilities. Metaphorically (and incorrectly) spoken, a feminist bet could engage in the finding of some less predictable errors – one step beyond coding – in order to trigger a change in the immediate future of the machine’s universe. Making a mess of the message? Count differently? Change the alphabet? Calculate faster? Rearm the hardware to devices capable of all of the first four rules of arithmetic? Transmit viruses? Put the data of your genetic fingerprint in an Artificial Life environment to parody literary origin myths? Live new or ambiguous genders?“[62]

 

Interface-Körper. Oberflächen-Akt

Indem eine performative Lesart digitaler Medien, wie ich sie mit dem Begriff des digitalen Aktes zu entwickeln versuche, die Verschränkung von Code und Körper formuliert, wirft sie die Frage nach digitalen Körperkonzepten auf. Das gängige Schema, demzufolge Medien als Prothesen des menschlichen Körpers fungieren, dessen metaphysische Konstitution dabei unangetastet bleibt, ist aus Sicht einer cyberfeministischen Politik des Performativen zweifellos unangebracht.[63] Stattdessen wäre nach einer Konzeption des Körpers zu fragen, wie sie der digitale Akt als Schnittstelle/Interface[64] von Körper und Code impliziert. Felmans Lektüre des performativen Aktes charakterisiert den sprechenden Körper (speaking body) durch die ihm inhärente Inkongruität. Wie stellt sich die „inherent incongruity of the speaking body“ hinsichtlich des digitalen Mediums dar? Der digitale Akt – ließe sich sagen – artikuliert den Körper als interfaced body, womit keine pragmatische Passung von Mensch und Maschine bezeichnet ist, sondern die radikale Verunsicherung der Kategorien.[65]

Die dem digitalen Akt formulierte Konzeption digitaler Körperlichkeit als interfaced body desavouiert nicht nur die Dichotomie Mensch-Maschine, sondern eröffnet eine paradox-differentielle Räumlichkeit. Als „Zäsur[] oder Bruch-Stelle[] einer bilderlosen, intermedialen Dazwischenkunft des Medialen“[66] durchkreuzt das Interface die Logik der Repräsentation. Der interfaced body – die Schnittstelle in ihrer geschlechtlichen Körperlichkeit – ist zugleich Oberfläche (surface) und „Kluft“[67]. Dabei steht der hier eingeführte Begriff der ‘Oberfläche’ nicht im binären Gegensatzverhältnis zur ‘Tiefe’ als traditioneller Raumvorstellung, sondern speist sich aus psychoanalytischen und feministischen Körperkonzeptionen (Freud, Lacan, Butler), die die strukturelle Verschränkung von Oberfläche und performativem Akt eröffnen, und damit metaphysische Körperkategorien wie ‘Tiefe’ und ‘Innerlichkeit’ hinfällig machen. So entwirft Freud in Das Ich und das Es das Ich als körperliches und den Körper als Oberfläche: „Das Ich ist vor allem ein körperliches, es ist nicht nur ein Oberflächenwesen, sondern selbst die Projektion einer Oberfläche.“[68] Eine solche oberflache Körperlichkeit des Ichs begegnet in Lacans Spiegelstadium wieder. Das Spiegelbild/Körperbild fungiert als Bildner der Ichfunktion, d.h. als Performativ. Die Ichbildung ist ein Bildakt, der sich über eine Oberfläche/Evidenz vollzieht. Insofern das Körperbild das Ich als körperliches, d.h. den Körper bildet, kann Körperevidenz als Körperperformativ gelesen werden. Evidenz ist nicht Repräsentation sondern Performanz, die Körperkonzepte fortschreibt/Körper produziert.[69]

Ausgehend von psychoanalytisch-feministischen Theorien des Performativen und Imaginären[70] läßt sich der digitale Akt als Artikulation digitaler Körperlichkeit in ihrer Paradoxie, als Oberflächen-Akt, lesen. Die performative Oberflächenstruktur des interfaced body ist dabei nicht auf einen präsenzlogischen Begriff von Sichtbarkeit zu reduzieren, sondern persistiert als Flackern (flicker)/paradoxe Bildlichkeit, die, indem sie das Sichtbarkeitsparadigma performativ paralysiert, digitale Bilder an ihre medial-konstitutiven Bedingungen verweist, und damit vielleicht sogar zu lesen gibt, daß es nichts anderes als dieses Flackern ist, aus dem digitale Bilder ihre Evidenz beziehen.

 

[Zuerst erschienen in: Verena Kuni, Claudia Reiche (eds.), cyberfeminism. next protocols, New York 2004, als: Cyberfeminist Rhetoric, or Digital Act and Interfaced Bodies, 301-324. Vielen Dank an die Autorin für die Durchsicht des deutschen Ausgangstextes!]

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[1] Vgl. Shoshana Felman, The Literary Speech Act. Don Juan with J.L. Austin, or Seduction in Two Languages, Ithaca, New York 1983; Judith Butler, Excitable Speech. A Politics of the Performative, New York, London 1997.

[2] Felman, The Literary Speech Act, 96.

[3] Ibid., 115.

[4] Vgl. ibid., 94.

[5] Vgl. Judith Butler, Haß spricht. Zur Politik des Performativen, Berlin 1998, 220.

[6] Felman, The Literary Speech Act, 78.

[7] Georg Christoph Tholen, Platzverweis. Unmögliche Zwischenspiele von Mensch und Maschine, in: Norbert Bolz, Friedrich A. Kittler, Christoph Tholen (Hg.), Computer als Medium, München 1994, 134.

[8] Felman, The Literary Speech Act, 148.

[9] Zur digitalen Differenz als Geschlechterdifferenz vgl. Claudia Reiche, Feminismus ist digital, in: Institut für moderne Kunst Nürnberg (Hg.), netz.kunst, Jahrbuch ‘98 ‘99, Nürnberg 1999, 198-209; dies., Feminism is digital, in: Cornelia Sollfrank, Old Boys Network (Hg.), First Cyberfeminist International, Dokumentation des Hybrid Workspace der documenta x, 20.-28. September 1997 Kassel, Hamburg 1998, 24-32.

[10] Ulrike Bergermann, do x. Manifesto no. 372, in: Cornelia Sollfrank, Old Boys Network (Hg.), First Cyberfeminist International, Dokumentation des Hybrid Workspace der documenta x, 20.-28. September 1997 Kassel, Hamburg 1998, 8-9.

[11] Vgl. Georg Christoph Tholen, Digitale Differenz. Zur Phantasmatik und Topik des Medialen, in: Martin Warnke, Wolfgang Coy, Georg Christoph Tholen (Hgs.), HyperKult. Geschichte, Theorie und Kontext digitaler Medien, Basel 1997, 99-118.

[12] Jacques Derrida, Signatur Ereignis Kontext, in: ders., Randgänge der Philosophie, Wien 1988, 291-314.

[13] Sigmund Freud, Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, in: Studienausgabe, Bd. I, Frankfurt a.M., 1969, 58.

[14] Jacques Lacan, Le Symptôme, 19, zitiert nach: Felman, The Literary Speech Act, 110.

[15] Vgl. Felman, The Literary Speech Act, 110-111.

[16] Gerade indem dem Performativ – als Akt der Wiederholung von Differenz – das Mißlingen strukurell inhärent ist, eröffnet es die Möglichkeit zur Resignifizierung der hegemonialen Matrix, wie sie Butlers Politik des Performativen herausstellt, und wie sie cyberfeministisch geltend zu machen wäre.

[17] Jacques Lacan, Seminar II (Das Ich in der Theorie Freuds und in der Technik der Psychoanalyse), Weinheim, Berlin 1991, 381-383.

[18] Lacan, Seminar II, 379/380, vgl. auch ibid., 385ff.

[19] Jacques Lacan, Seminar XI (Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse), Weinheim, Berlin, 1987, 69.

[20] Zum Moment des Verfehlens vgl. Lacan, Seminar II, 118/119, 387-390; Claudia Reiche, Tödliche Muster mit Aussetzern. Mutationen des Wissens und der Geschlechter in Jon Amiels „Copycat“, in: Elke Bippus, Andrea Sick (Hg.), Serialität: Reihen und Netze, Bremen 2000 (CD-Rom), auch: http://www.thealit.de/lab/serialitaet/teil/reiche/reiche.html

[21] Zur Wiederholung als Wiederholung von Differenz vgl. Gilles Deleuze, Differenz und Wiederholung, München 1992;  sowie von der Verf.: Passagen der Wiederholung. Kierkegaard – Lacan – Freud, Stuttgart, Weimar 1999; Wiederholung und Performativität. Rhetorik des Seriellen, in: Elke Bippus, Andrea Sick (Hg.), Serialität: Reihen und Netze, Bremen 2000, auch: http://www.thealit.de/lab/serialitaet/teil/strowick/strowick.html

[22] Vgl. Lacan, Seminar II, 117f.

[23] Jacques Lacan, Das Drängen des Buchstabens im Unbewußten oder die Vernunft seit Freud, in: ders., Schriften II, Weinheim, Berlin 1991, 24-25.

[24] „Denn das Symptom ist eine Metapher“ (Lacan, Das Drängen des Buchstabens, 55).

[25] „Die Form dieses Chiasmus, dieses X, interessiert mich sehr, aber nicht als Symbol für das Unbekannte, sondern weil man da […] eine Art Gabelung findet […], die überdies ungleich ist, weil eine ihrer Spitzen weiter reicht als die andere.“ (Jacques Derrida, Positionen, Wien 1986, 137f.)

[26] Samuel M. Weber, Rückkehr zu Freud, Jacques Lacans Ent-stellung der Psychoanalyse, Frankfurt am Main, Berlin, Wien 1978, 40-41.

[27] „Der kreuzverkehrte Blick der Kinder bestätigt [..] das chiastische Kreuz der Differenz, das die Geschlechter trennt, und zwar notgedrungen in der Form eines nicht enden wollenden, imaginär rivalisierenden Streits, der die konfliktuöse Urszene darstellen soll, welche wiederum […] vom je narzißtischen Standpunkt der Kinder ich-gerecht zurechtgebogen und umgedeutet sein will.“ (Georg Christoph Tholen, Der Ort des Abwesenden. Konturen des Differenz-Denkens bei Derrida, Lacan und Levinas, in: Marianne Schuller, Elisabeth Strowick [Hg.], Singularitäten. Literatur – Wissenschaft – Verantwortung, Freiburg i.Br. 2001, 171).

[28] John L. Austin, How to do things with Words (Zur Theorie der Sprechakte), Stuttgart 1994, 44.

[29] Ibid., 44.

[30] Andrew Parker, Eve Kosofsky Sedgwick (eds.), Performativity and Performance, New York, London 1995, 5.

[31] Vgl. Eve Kosofsky Sedgwick, Queer Performativity. Henry James’s The Art of the Novel, in: GLQ. A Journal of Lesbian and Gay Studies 1,1, 1993, 1-16.

[32] „Embodiment has been systematically downplayed or erased in the cybernetic construction of the posthuman in ways that have not occured in other critiques of the liberal humanist subject, especially in feminist and postcolonial theories.“ (N. Katherine Hayles, How we became posthuman. Virtual bodies in cybernetics, literature, and informatics, Chicago, London 1999, 4).

[33] Vgl. Hayles, How we became posthuman, XI.

[34] Ibid., 12.

[35] Ibid., 12.

[36] Ibid., 13.

[37] Vgl. Jacques Derrida, Die différance, in: Peter Engelmann (Hg.), Postmoderne und Dekonstruktion. Texte französischer Philosophen der Gegenwart, Stuttgart 1991, 76-113.

[38] So spricht Tholen von „Zäsuren oder Bruch-Stellen einer bilderlosen, intermedialen Dazwischenkunft des Medialen“ (Tholen, Digitale Differenz, 103), wie auch von einer „a-präsente techné, die uneinholbar und vorgängig bleibt, weil so erst – von diesem ab-gründigen Ort aus – das Feld differentieller Technik- und Medienverhältnisse spurengesichert werden kann“ (ibid., 110).

[39] Derrida, Positionen, 127.

[40] Tholen, Digitale Differenz, 104.

[41] Norbert Wiener, Cybernetics; or, Control and Communication in the Animal and the Machine, Cambridge 1948, 132.

[42] Tholen, Digitale Differenz, 103.

[43] Hayles, How we became posthuman, 13.

[44] Ibid., 13-14; vgl. ibid., 192-212 (The Materiality of Informatics). Zur Rhetorizität von Körper und Materie vgl. weiter: Jack Selzer, Sharon Crowley (ed.), Rhetorical bodies, Madison, London 1999.

[45] Meine Kritik ist nicht als generelles Urteil über das Genre ‚Science-Fiction’ mißzuverstehen. In welcher Weise Science-Fiction-Filme qua Inszenierung digitaler Technik traditionelle diskursive Muster, z.B. Geschlechterkonzeptionen unterlaufen, zeigen z.B. die Arbeiten von Ulrike Bergermann.

[46] Vgl. Sigmund Freud, Jenseits des Lustprinzips, in: ders., Studienausgabe, Bd. III, Frankfurt am Main 1975, 224ff.

[47] Vgl. Hayles, How we became posthuman, 30-31.

[48] Was nicht heißt, daß die psychoanalytische Theorie des Signifikanten im Kontext digitaler Medien nicht zu modifizieren wäre, etwa in dem Sinne, wie Claudia Reiche es ausgehend von Hayles tut: „Das medial Neue ist hier die Leichtigkeit der Verschiebung auf allen Ebenen – eine Flüchtigkeit, Flüssigkeit des Signifizierten in rest- und spurloser Verschiebbarkeit als neue Qualität, als angewandtes und sich potentiell verselbständigendes Prinzip stellenwertiger Verschiebung.“ (Reiche, Tödliche Muster mit Aussetzern, http://www.thealit.de/lab/serialitaet/teil/reiche/reiche.html)

[49] Hayles, How we became posthuman, 30-31.

[50] Ibid., 30-31.

[51] Ibid., 30-31.

[52] Ibid., 30-31.

[53] Lacan, Seminar II, bes. 379-381.

[54] Lacan, Seminar XI, bes. 59ff. (Tyche und Automaton).

[55] „Identifying information with both pattern and randomness proved to be a powerful paradox, leading to the realization that in some instances, an infusion of noise into a system can cause it to reorganize at a higher level of complexity. Within such a system, patterns and randomness are bound together in a complex dialectic that makes them not so much opposites as complements or supplements to one another.“ (Hayles, How we became posthuman, 25) Vgl. ibid., 33.

[56] Judith Butler, Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts, Frankfurt am Main 1997, 55.

[57] Ibid., 55.

[58] Ibid., 80.

[59] Ibid., 59.

[60] „The act, an enigmatic and problematic production of the speaking body, destroys from its inception the metaphysical dichotomy between the domain of the ‘mental’ and the domain of the ‘physical,’ breaks down the opposition between body and spirit, between matter and language.“ (Felman, The Literary Speech Act, 94) „[…] it is precisely here that Austin’s originality lies, for through the new concept of ‘language act’ he explodes both the opposition and the separation between matter (or body) and language: matter, like the act, without being reducible to language, is no longer entirely separable from it, either.” (ibid., 147/148) Vgl. hierzu auch Butler, Körper von Gewicht, 22, 103-105.

[61] „Thus we are dealing, in the Austinian discovery (as, moreover, in the Freudian discovery), with the institution of nothing less then a new type of materialism. […] Austinian materialism is a materialism of the residue, that is, literally, of the trivial: a materialism of the speaking body“ (Felman, The Literary Speech Act, 147/148).

[62] Call for Papers: „Old Boys Network (Ed.), CYBERFEMINISM: Next Protocols“, veröffentlicht auf Mailinglisten ‘Faces’, ‘Nettime’etc. seit 9/1999, www.obn.org

[63] Zur Kritik des medientheoretischen Prothese-Diskurses vgl. Tholen, Platzverweis; ders., Digitale Differenz, sowie: Douglas Fogle, Virtuelle Hysterische. Körper als Medium und das Interface, in: Jörg Huber, Alois Martin Müller (Hg.). Die Wiederkehr des Anderen (Interventionen 5), Stroemfeld/Roter Stern, Basel, Frankfurt am Main und Museum für Gestaltung Zürich 1996, 245-263.

[64] Zur ‘Schnittstelle Geschlecht’ vgl. Verena Kuni, Arbeiten an der ‘Schnittstelle Geschlecht’: Trans/Gender-Utopien dies- und jenseits der Interfaces, in: Frauen Kunst Wissenschaft 29, Marburg 2000, 6-20; zur ‘Schnittstelle Körper’ vgl. Fragmente, Schriftenreihe zur Psychoanalyse, Heft 31, Kassel 1989.

[65] Vgl. Tholen, Digitale Differenz, 99-100.

[66] Ibid., 103.

[67] Tholen, Platzverweis, 112.

[68] Sigmund Freud, Das Ich und das Es, in: ders., Studienausgabe., Bd. III, 294.

[69] Vgl. Elisabeth Strowick, Körper von Evidenz. Zur Performativität hysterischer Geschlechter, in: Silke Leopold, Agnes Speck (Hg.), Hysterie und Wahnsinn, Heidelberg 2000, 144-171.

[70] Meine Argumentation versteht sich auf der Grundlage von Judith Butlers „Neufassung des morphologisch Imaginären“, vgl. Butler, Körper von Gewicht, 89-170. Zum Imaginären vgl. auch: Georg Christoph Tholen, Der blinde Fleck des Sehens: Über das raumzeitliche Geflecht des Imaginären, in: Jörg Huber, Martin Heller (Hg.), Konstruktionen Sichtbarkeiten (Interventionen 8), Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich, Museum für Gestaltung Zürich, Wien, New York 1999, 191-214.

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Abbildung

Jacques Lacan, Das Drängen des Buchstabens im Unbewußten oder die Vernunft seit Freud, in: ders., Schriften II, Weinheim, Berlin 1991, 24.

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Elisabeth Strowick is Professor of German at New York University. Her areas of expertise are German literature, culture, and thought from the 19th century to the present, with a special emphasis on literary theory, psychoanalysis, aesthetics, rhetoric, and the poetics of knowledge. Books: Passagen der Wiederholung. Kierkegaard – Lacan – Freud (1999); Sprechende Körper – Poetik der Ansteckung.  Performativa in Literatur und Rhetorik (2009). Currently she is completing a book manuscript on Gespenster des Realismus: Zur literarischen Wahrnehmung von Wirklichkeit.

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