Geschrieben am 4. November 2015 von für Kolumnen und Themen, Litmag

Essay: UNGELÖST. Karl Waldmann: Ein Phantom-Kriminalfall um einen Phantom-Künstler

Von Vladimir Alexeev

Wadmann1© Karl Waldmann Museum, Quelle

Mephistopheles:
Nun sind wir schon wieder
an der Grenze unsres Witzes,
da, wo euch Menschen der Sinn überschnappt.

Es spukte in den herbstlichen Feuilletons. Eine mysteriöse Geschichte, ein Skandal, ein Kriminalfall! Ein Phantom. Ein Geist. Ein Betrüger! Dann war plötzlich alles wieder ruhig, als ob das Gespenst die Erinnerungen der Augenzeugen beraubte. Pafff!

Was war das?

Setting, oder “Was bisher geschah…”

Die offizielle Vorgeschichte (s. “Umstände der Entdeckung der Werke und Analyse” von P. Polar, PDF) ist karg an Fakten und bei jedem Satzteil müsste man das Adverb “angeblich” voranstellen. Also… November 1989. Ein Journalist entdeckt eine Reihe von charismatischen Collagen auf einem Dresdner Flohmarkt. Im dadaistisch anmutenden Still eines Schwitters und Heartfields, jedoch unterzeichnet mit “K.W.”. Der Händler meint, der Autor sei Karl Waldmann, ein “Verrückter”, in Nazi-Deutschland verfolgt und in der UdSSR der 1950er verschwunden (s. auch hier).

Insgesamt werden um die 1200 Werke gefunden. Der Journalist bewahrt sie auf, dann finden sie den Weg in die Brüsseler Galerie Pascal Polar. Langsam werden die Werke berühmt, ausgestellt und verkauft (s. Ausstellungsliste als PDF), auf der Art Paris und Art Basel gezeigt, bekommen eine aufwendige virtuelle museale Präsenz, bis sie in diesem Sommer im Dresdner Kunsthaus im Rahmen der Gruppen-Ausstellung “Künstliche Tatsachen / Boundary Objects” landen.

Feuilletons und Hexenjagd

»… ein Werk (wird) vollständig von denjenigen gemacht, die es betrachten oder es lesen und die es, durch ihren Beifall oder sogar durch ihre Verwerfung, überdauern lassen.«
(Marcel Duchamp, Die Schriften, Serge Stauffer (Hg.), Zürich 1981, S. 202.)

Dieser Ausstellung folgen mehrere Artikel (hierhier und hier) in der Süddeutschen Zeitung, verfasst vom Journalisten Thomas Steinfeld, der die Echtheit der Werke und die Authentizität des Künstlers Karl Waldmann anzweifelt – zumal tatsächlich der Name Waldmann im Kontext der historischen Avantgarde völlig fehlt. Steinfeld hegt einen Verdacht über kriminelle Hintergründe:

Die Strategien im Fall Waldmann sind indessen alles andere als “fiktional”. Sie sind sehr real, indem sie Fiktionen zu Zwecken einsetzen, die keineswegs nur in der Kunst bestehen, sondern zum Beispiel auch ökonomische Bedeutung besitzen.
(SZ, 
26. Aug. 2015)

Der Funke im Pulverfass. Die Feuilleton-Landschaft explodiert.

Waldmann2© Karl Waldmann Museum, Quelle, ИГРА = das Spiel, rus.

Es ist nun von Fakes die Rede. Von kriminellen Handlungen. Man erinnert sich an die Kunst-Fälschungen von Kesting und Trinkaus. Der Brüsseler Galerie Pascal Polar wird Betrug (fahrlässig oder böswillig) unterstellt, und dem Kunsthaus Dresden Inkompetenz. Ein Berliner Kunsthändler erstattet Anzeige gegen Unbekannt – und das Landeskriminalamt wird involviert. Pascal Polar wird nach Dresden zitiert, für eine Klarstellung, ob es denn diesen Waldmann nun gab oder nicht.

Die Feuilletons geißeln in einer verblendenfden Selbstlosigkeit die unbekannten Übeltäter – denn wenn es um den Kunstmarkt geht, dann ist der Spaß zu Ende. Diese Selbstvergessenheit erreicht bereits amüsante Wendungen, als Steinfeld sich über die “entschlossene Absage an das Museum als Institution” beklagt:

Bislang bestand eine der wichtigsten Aufgaben dieser Einrichtung darin, die Provenienz ihrer Exponate zu prüfen, sie zu bewerten und zu erklären. […] Wer das nicht tun will, verzichtet nicht nur auf ästhetische, sondern auch auf historische Unterscheidungen. Er verwandelt jeden beliebigen Gegenstand in ein potenzielles Kunstwerk und erklärt, wenn es gerade passt, selbst wirtschaftlich motivierten Kitsch zu einem Gegenstand, der in eine Galerie für “Gegenwartskunst” gehört.
(SZ, 
26. Aug. 2015)

Wie programmatisch klingt diese “Absage an das Museum als Institution” und wie passend erscheint die „Absage“ im Kontext der bereits Historischen Avantgarde – war es nicht etwa Duchamp, der 1917 genau durch die “Verwandlung eines beliebigen Gegenstandes in ein potentielles Kunstwerk” den ganzen Kulturbetrieb ad absurdum führte (war auch höchste Zeit damals). Seine Ready-Mades hatten ein ähnliches Explosionspotenzial, und die Bombe ging los.

Hat sich etwas seitdem geändert? Ist die Avantgarde tatsächlich so aporetisch, dass die von Dadaisten attackierte Bierernsthaftigkeit des Kunstmarktes wie Amalgam die dadaistischen Artefakte mit Marktwert überzieht?

Doch in der Geschichte steckt weitaus mehr. Denn die Kollegen von der Presse haben jede Menge alarmierende Hinweise übersehen. Oder ignoriert.

“Künstliche Tatsachen”

Sperren Sie endlich Ihren Kopf auf!
Erste Internationale Dada-Messe, 1920

…Oder anders interpretiert. So, beispielsweise die Beschreibung des Œuvres Waldmanns in der Ausstellungsbroschüre des Kunsthauses Dresden, wo unmissverständlich steht, schwarz auf weiß (meine Markierung):

Da die Provenienz der Arbeiten ebenso wie die Identität des mutmaßlichen Künstlers selbst derzeit eine Vielzahl ungeklärter Fragen aufwirft, ist es auch möglich, dass es sich um ein zeitgenössisches künstlerisches Projekt handelt, das mit fiktionalen Strategien arbeitet. Den Anstoß für eine weitere Auseinandersetzung mit den vielen offenen Fragen zu Karl Waldmann zu geben, ist eines der Anliegen innerhalb der Ausstellung.
(Quelle: 
Kurzführer “Künstliche Tastsachen”)

Nun, die Auseinandersetzung fand nicht statt. Denn die Qualitätsjournalisten haben noch nicht einmal versucht, kurz anzunehmen, dass es sich weder um einen unbekannten Künstler, noch eine böswillige kriminelle Fälschung, sondern um ein kontemporäres künstlerisches Projekt handeln könnte. Ironisch und mit Augenzwinkern. So etwas gibt es auch, ja im Ernst jetzt.

Thomas Steinfeld kommentiert skeptisch die Aussage des Kunsthauses:

Die Leiterin des “Kunsthauses” versucht offenbar, sich den unangenehmen Fragen zu entziehen, indem sie Leben und Werk Karl Waldmanns in Konzeptkunst verwandelt.
(SZ, 
26. Aug. 2015)

Für Herrn Steinfeld ist es nichts als eine billige Ausrede für die Inkompetenz der Leiterin. Ach wirklich? In der programmatischen Metafiktionalität der “Künstlichen Tatsachen“? Er blockiert somit die klare Einladung des Kunsthauses zum Mitspielen und betont die fehlende Bierernsthaftigkeit des Kunsthauses und die bereits erwähnte “entschlossene Absage an das Museum als Institution”.

Künstler ist tot.

[C]riticism still consists, most of the time, in saying that Baudelaire’s work is the failure of the man Baudelaire, Van Gogh’s work his madness, Tchaikovsky’s his vice: the explanation of the work is always sought in the man who has produced it.
Roland Barthes, The Death of the Author.

Dass der Autor tot ist, hat Roland Barthes uns bereits Mitte des vergangenen Jahrhunderts mitgeteilt. Diese Botschaft ist wohl nicht überall angekommen.

Besucht man die Webseite des virtuellen Museums Karl Waldmanns, wird man von einem sehr bedeutungsschwangeren Werk begrüßt. Und sogar diesen Wink mit dem Zaunpfahl ignorieren die Qualitätsjournalisten:

Waldmann3© Karl Waldmann Museum, Quelle

Das ins Englische übersetzte Zitat aus Lessings “Emilia Galotti” wird auf der musealen Webseite übersetzt als:

Wenn wir über das Kunstwerk den Künstler vergessen können, damit ist dieser am feinsten gelobt.

Das wörtliche Zitat lautet:

Oh, Sie wissen es ja wohl, Conti, daß man den Künstler dann erst recht lobt, wenn man über sein Werk sein Lob vergißt.
(
Quelle: Lessing, Emilia Galotti, Kap. 3, 1. Aufzug, 4. Auftritt.)

Was tun nun die Feuilletonisten? Sie vergessen das Kunstwerk und verdammen den Künstler. Statt die Werke zu interpretieren, nennen sie das ganze “die Größte Kunstverarsche Berlins“, “Betrügereien” der “Clans und Fälscher“, und Thomas Steinfeld stellt im Vorfeld der Klärungskonferenz in Dresden ein klares, eindeutiges und kompromissloses Ultimatum: falls die Authentizität von KW nicht nachgewiesen wird, dann

[handelt es sich] um die angeblichen Werke eines fiktiven Künstlers […], der erfunden wurde, um die ihm zugeschriebenen Werke in den Kunstbetrieb und Kunsthandel einspeisen zu können.
(SZ, 
26. Aug. 2015)

Alles Betrüger!

VerhörKonferenz “KW – eine Entdeckung oder Erfindung”

Kritik ist ja bekanntlich die Feststellung, mit welcher Sorte von Pinseln ein Maler gearbeitet hat
Kurt Schwitters, Tran Nummer 7, 1920

Die Feuilleton-Welt sehnt sich nach Rache – die Öffentlichkeit (aber vor allem die Kunsthändler!) wurde betrogen und belogen. Und der Kunsthandel bestimmt bekanntlich allein den Wert und die Existenzberechtigung der Kunst.

Lassen Sie sich das auf der Zunge Ihres Hirns zergehen: es muss eine Konferenz zusammengerufen werden, deren einziges Ziel es ist zu klären, ob es einen Künstler gab oder nicht. Unter dem Druck der Öffentlichkeit und der Presse (die Öffentlichkeit schmunzelt eigentlich in Kommentaren längst über die Verbissenheit der Journalisten). Im XXI. Jahrhundert.

Doch auch nach der Pressekonferenz ist die Presse nicht zufriedengestellt. Sie bekommt keine eindeutige Antwort. Denn das einzige, was sie noch interessiert, ist binärer Natur: gab es diesen Waldmann oder nicht? Ist es Kunst oder kann es weg? Die Entscheidung über die künstlerische Gültigkeit soll also nur von einem einwohnermeldestellentauglichen Lebens-Beweis abhängen. Die ganze Historische Avantgarde für die Katz?

Waldmann4© Karl Waldmann Museum, Quelle

Auch der Galerist Pascal Polar kann (und will) zur holden Wahrheit nichts beitragen. Auf der Pressekonferenz “Karl Waldmann – Entdeckung oder Erfindung” muss Polar unter inquisitorischen Blicken in einem Verhör – (zur Erinnerung:)
Auch der Justiz ist die Frage nach der Echtheit dieses Werkes nicht gleichgültig.
(Steinfeld,
SZ, 27. Aug. 2015)
erklären, dass für die ordentliche papiertechnische Überprüfung das Geld fehlte etc. etc. und wundert sich über die strafrechtlichen Untersuchungen.

Noch im Vorfeld dieser Commedia dell‘arte schreibt Pascal Polar in seinem höchst lesenswerten, medienkritischen Essay “Existenz von Jemandem“:

Welches ist der angemessene Name für ein Werk von KW? Die Tautologie ist als Antwort auf diese Frage angemessen: es ist ein Werk von KW, egal wie der Name des Autors lautet, ich folge seiner zivilen Identität.

Und wieder überhört die Presse die klaren Andeutungen des Galeristen und der Kunsthausleiterin. Es gehe ihnen nicht nur um die Figur des Autors, sondern um seine Werke. Und wenn schon Mystifikation?  In der offiziellen Pressemitteilung des Museums, als Ergebnis der Konferenz, beklagt sich die Museumsleiterin, dass der Fall Waldmann alle anderen Aspekte der Ausstellung überlagere:

Wir haben die Arbeiten nicht in unserem Besitz, sondern diese sind Leihgaben im Rahmen der oben genannten Gruppenausstellung in unserem Haus, wir sind den offenen Fragen in dem uns möglichen Rahmen nachgegangen und haben diese kommuniziert. Wir können derzeit die Authentizität der Werke als historische Arbeiten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht belegen, dies tut jedoch auch der Leihgeber nicht. Wir können auch eine historische Person mit dem Namen Karl Waldmann nicht als Autor bestätigen oder widerlegen. Wir haben die Werke in dieser Offenheit ausgestellt und sind unseren Sorgfaltspflichten mit den Hinweisen hierzu nachgekommen.
(
Pressemitteilung des Kunsthauses vom 28.08.2015)

Meine Empfehlung an alle Museen – zur Absicherung gegen die Presseinquisition sollte man folgende Plaketten über den Werken mit ungeklärter Provenienz anbringen: „Urheberschaft nicht nachgewiesen. Betrachten auf eigene Gefahr. Möglicherweise ist es keine Kunst.

Diese Pressemitteilung ist voller Hinweise auf die Gegenwartskunst, auf die zeitgenössischen Projekte, auf heutige Perspektive. (Soll man denn noch mehr Hinweise geben? Wir sind hier nicht im Grundschul-Kunstunterricht.)

Stand der Dinge.

Nehmen Sie Dada ernst, es lohnt sich
Erste Internationale Dada-Messe, 1920

Die Presse ist immer noch von der Kriminalität des Falls überzeugt. Pascal Polar und das Kunsthaus Dresden versuchen mit klaren Worten die Irrelevanz des Biographischen zu betonen – sprechen aber wohl auf einer anderen, höheren Frequenz. Und über all diesem Tohuwabohu schwebt der lange Schatten des Landeskriminalamtes. Wie jenes Schwein in der Preußischen Uniform unter der Decke während der Ersten Internationalen Dada-Messe, im Jahre 1920.

Dada_ausstellun_Berlin[Photograph Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin]

Karl Waldmann – ein Dadaist?

Die Einzigartigkeit des Kunstwerks ist identisch mit seinem Eingebettetsein in den Zusammenhang der Tradition.Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Kapitel V

Dass die kriminell aufgeladenen Kunstganoven böswillig einen Dadaisten fälschten – da war sich die Presse sofort einig. Sie haben sich jedoch kaum Mühe gegeben, sich mit Waldmanns Werken im Konkreten, sowie mit dem Phänomen Dada im Ganzen auseinanderzusetzen.

Da musste meine Wenigkeit einspringen (siehe meine bescheidene kunsthistorische Analyse). Nennt mich Selbstdarsteller, doch sonst findet man weit und breit keine theoretische Auseinandersetzung mit Werken Waldmanns.

Doch kann ich nun diese Frage beantworten? War Waldmann Dada? Eine klare Antwort:

JEIN

Machen wir mal ein paar Schritte zurück von dieser Bataille unter dem Titel „Feuilletonisten und Kunsthändler bekämpfen Waldmann“ und betrachten es im Ganzen.

War also Waldmann Dada?

Kunsthandel zu Lebzeiten des Künstlers ist seine existenzielle Stütze, löblich und nützlich. Doch nachdem der Autor das Zeitliche segnet, verwandelt sich die mäzenhafte Pose des Kunsthandels zu einer Art kannibalistischem Leichenschmaus, bei welchem die Leiche des Künstlers aufgefressen wird. Jetzt zählt das Renommee, die Verbindungen, das Meta. Damit der Käufer seinen Partygästen erklären kann: „Der da auf der Wand, wie heißt er nochmal, der hat oft mit Max Ernst gefrühstückt und spielte Schach mit Tristan Tzara“. Wenn es sich jedoch herausstellt, dass die Gewissheit ungewiss ist, dass das Meta selbst zur Fiktion wird, dass das Materielle hinter dem Kunstwerk neulich im Bastelshop gekauft wurde, da wird man bissig.

Also jetzt – Waldmann: Dada oder nicht Dada?

Was auf den ersten Blick bereits auffällt, ist die gute Informiertheit des Künstlers (in welchem Jahrzehnt er auch lebte) über die Historische Avantgarde. So findet man beispielweise spielerische Hommagen an Prouns von El Lissitzky. Kühne monochrome Psychodeliken eines Max Ernst. Klare Formen der russischen Konstruktivisten. Aber auch Hinweise auf das Zeitgeschehen, auf einer Alltagsebene, die nicht unbedingt in jedem Lehrbuch vorkommt.

Doch sind diese Werke weitaus mehr als bloß Epigonalitäten oder Flugversuche. Die Collagen wollen keineswegs nachahmen. Sie verarbeiten eher.

Karl Waldmann war kein Dadaist – wenn man Dada als einen wichtigen Bestandteil der Historischen Avantgarde versteht. Keine Erwähnung von ihm in Notizen und Tagebüchern der bestens vernetzten Dadaisten ist guter (aber nicht ausschlaggebender) Hinweis dafür. Laut der Polar Galerie wurden die meisten Werke Waldmanns erst nach dem zweiten Weltkrieg erstellt. Übrigens, das Waldmann Museum ist weitaus mehr als nur eine Galerie, was die Presse ja so gerne übersieht. Denn das Forschungsteam des Museums besteht aus Historikern, Psychologen, Naturwissenschaftlern (siehe hier). Und deren Texte sind ebenso höchst lesenswert.

Karl Waldmann war DADA – wenn man Dada als eine universelle, zeitübergreifende, subversive Erscheinung wahrnimmt, die die eingerosteten Traditionen, Kunsthandelgefälligkeiten, den Journalismus und den Kulturbetrieb als solches in Frage stellt.

Fazit.

Es muss mehr Werke ohne Namen und Titel in den Museen dieser Welt geben, als Werke, deren Namen und Autor man kennt.Pascal Polar, „Existenz von Jemandem“

Von der “Fälschung” ist in der Presse ständig die Rede. Wären es “neu gefundenen” Collagen Schwitters’, könnte man noch mit der Begrifflichkeit einer “Kunstfälschung” hantieren. Doch was wurde hier gefälscht? Ein Kunstwerk? Eine ganze Person? Dann ist es schon eine Schöpfung.

Wir wissen nicht, wann diese Werke kreiert wurden. Wir wissen nicht, von wem. Wir wissen nicht, in welchem Kontext.

Doch am Ende sind es die Werke, die existieren, freigelöst von den Zwängen der Urheberschaft. Werke, die zu uns sprechen, anstatt sich hinter dem CV des Künstlers zu verstecken.

Die Existenz des Autors ist ab jetzt bis auf weiteres irrelevant.

Vladimir Alexeev

P.S. Im Oktober 2015 stellte das Kunsthaus Dresden die Ergebnisse einer naturwissenschaftlichen Untersuchung von Collagen (Papier, Klebstoff etc.) vor. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, hat die mit der Analyse beauftragte Papiertechnische Stiftung Heidenau „keine Hinweise auf eine Entstehungszeit nach 1958“ finden können. Das Mysterium Waldmann bleibt ungelöst.

Waldmann5© Karl Waldmann Museum, Quelle.

Dieser Artikel basiert auf meiner Waldmann-Reihe, erschienen in MerzDadaCo.
Zum Karl-Waldmann-Museum.

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