Geschrieben am 5. Dezember 2015 von für Kinderbücher, Litmag

KidBits: Neue Kinderbücher für Kinder ab 3 Jahren

Neue Bücher für Kinder ab 3 Jahre mit Jens Strohschneider („Der Reggaehase Boooo“), Agnès de Lestrade & Valeria Docampo („Der Bär und das Wörterglitzern“) und Marc-Uwe Kling: („Prinzessin Popelkopf“). Vorgestellt von Frank Schorneck.

Der_Reggaehase_Boooo_BuchGeschichten aus dem Reggaewald

In diesen Bilderbüchern ist Musik drin – und das gleich in mehrfacher Hinsicht: Jens Strohschneider ist Sänger und Keyboarder der Dresdner Reggae- und Skaformation „Yellow Umbrella“ und hat im Jahr 2010 die erste Geschichte um den niedlichen Reggaehasen Boooo und die Bewohner des Reggaewaldes erdacht – und weil die Geschichte höchst musikalisch daherkommt, war dem Bilderbuch auch gleich noch eine CD beigefügt, auf der Ska-Urgestein Dr. Ring Ding die Geschichte kongenial vorträgt und Yellow Umbrella für die passende musikalische Untermalung sorgen.

Im ersten Buch müssen Boooo und seine Freunde den schwermütigen König zum Tanzen zu bringen, damit dieser den Proberaum der „Green Rainjackets“ wieder öffnet. Boooo begibt sich auf den Spuren des Ska-Vogels auf eine musikalische Weltreise und versucht, den König mit lateinamerikanischen Rhythmen ebenso wie mit Klezmerklängen zu locken. Gerade die Reise durch verschiedene Musikstile macht den ersten Band der Boooo-Reihe zu etwas ganz besonderem. Die Zeichnungen von Manon Gauthier hauchen dem Wald und seinen Bewohnern in eher zarten Pastelltönen Leben ein. Ab Band zwei stammen die Illustrationen von Lukas Rusinek, der aber dankenswerterweise den kleinen Hasen nicht komplett neu erfindet, sondern eher in den Hintergründen und in feinen Nuancen seine eigene zeichnerische Note setzt, die mit knalligeren Farben etwas comichafter daherkommt.

Im zweiten Abenteuer dringt das Gerücht von einer riesigen Monsterkrabbe in den Reggaewald, die sich auf dem Weg zum Wald befinden soll. Große Furcht vor dem erwarteten Monster geht um, nur Boooo behält die Ruhe und lässt sich durch Vorurteile keine Angst einjagen – eine wichtige Botschaft in der heutigen Zeit, die aber nicht plump belehrend daherkommt.

Im dritten Abenteuer werden die Waldbewohner von einer rätselhaften Schlafkrankheit befallen und nur mit Hilfe der Plapperschlangen kann der richtige Ton gefunden und der Fluch gebrochen werden. Die Story erscheint weniger strukturiert als in den ersten beiden Bänden, tatsächliche Spannung kommt kaum auf. Ohne die CD wäre dieser Band eher schwach.

Überhaupt sind gerade die beiliegenden CDs das große Pfund dieser Buchreihe. Sie werden einen Stammplatz im Kinderzimmer-Player bekommen. Zu Recht: musikalisch schlägt der Reggaehase einschlägige Kinderliedermacher um Längen.

Und wenn Boooo gemeinsam mit Peter Fuchs eine Band namens Saaat gründet und an einem Song mit dem Titel „Dicker Zeh“ arbeitet, freut sich auch der popkulturell geschulte erwachsene Vorleser.

Jens Strohschneider: Der Reggaehase Boooo. Band 1: …und der König, der nicht mehr tanzen wollte oder konnte. Band 2: …und die rosa Monsterkrabbe. Band 3: …und der gute Ton. Voland & Quist, je 32 bzw. 36 Seiten, 18,90 Euro. Empfohlen ab 3 Jahre.

woerterglitzernLasst Wörter glitzern!

„Ganz am Rand der Bücher ist eine Geschichte, die zum mir spricht…“ lautet eine der wunderbar poetischen Zeilen in „Der Bär und das Wörterglitzern“. Und genau das tut auch dieses träumerisch-lyrische Bilderbuch: Es spricht aus jeder einzelnen Zeile, jedem Pinselstrich zum Leser, umgarnt ihn mit Worten, zeigt ihm eine vollkommen neue Sicht auf die Welt und wirkt lange nach. Das Buch erzählt keine Geschichte, sondern arbeitet eher assoziativ: Es begibt sich auf eine Reise in die Emotionen und Gedankengänge eines blauen Bären. Sehr intensiv kostet der Bär seine Gefühle aus, sammelt Traumfitzel zwischen Staubmäusen, schwelgt in der Langeweile. Für seine Stimmungen erfindet er neue Wörter. Und mit den neuen Wörtern wagt er auch den Blick über sein gewohntes Umfeld hinaus, entdeckt den Reiz des Unbekannten.

Den Wert von Sprache hat die Belgierin Agnès de Lestrade bereits in ihrem von der Kritik gefeierten Bilderbuch „Die große Wörterfabrik“ thematisiert. Hier begibt sie sich nun hinter die Wörter, erforscht deren Klang und Bedeutung. Und wieder findet die argentinische Illustratorin Valeria Docampo die richtigen Bilder, um die Stimmung der Zeilen zu transportieren. Anna Taube trifft mit der deutschen Übersetzung einen zauberhaften, lang nachhallenden Ton. Ihre Sprachzauberei ermöglicht Kindern einen spielerischen Einstieg in die Welt der Lyrik, ohne dass ein Warnschild „Achtung, Gedichte“ darüber stünde.

Der Verlag empfiehlt das Buch bereits ab 3 Jahre – doch die wahre Schönheit der Geschichte können Kinder erst ermessen, wenn sie ein wenig älter und im Wortschatz gefestigter sind. Dann regt das Buch sicherlich auch zum Nachdichten, zum spielerischen Umgang mit Wörtern an. Und wer weiß? Auch Erwachsene können aus diesem Bilderbuch Inspiration ziehen, die Langsamkeit entdecken und der Alltagshektik entfliehen.

Agnès de Lestrade / Valeria Docampo: Der Bär und das Wörterglitzern. Deutsch von Anna Taube. Mixtvision Verlag, 40 Seiten, 14,90 Euro. Empfohlen ab 3 – aber besser ab 5.

Kling_PopelkopfDa rotzt das Känguru

Wenn Marc-Uwe Kling, der mit seinen „Känguru-Chroniken“ offenbar einen Humornerv im deutschsprachigen Raum getroffen hat, ein Kinderbuch schreibt, ist der Erfolg eigentlich eine Selbstverständlichkeit. „Prinzessin Popelkopf“ ist dann auch die zu erwartende freche Satire, die der Titel verspricht. Das Buch bürstet gängige Rosa-Prinzessinnen-Klischees gegen den Strich: „Es war einmal eine hübsche Prinzessin mit viel Rosa drumrum / und wie die meisten Prinzessinnen war sie sehr dumm.“ Die Prinzessin, das einzige Kind derer von und zu Popelkopf ist zudem auch noch gemein und hochnäsig. Weil sie eine kleine Hexe beleidigt, verflucht diese sie, auf dass sie fortan so sei, wie sie heiße. Der riesige Popelkopf, der nun auf ihrem Hals sitzt, kann nur durch die Annahme eines neuen Namens verschwinden. Am schnellsten ginge das durch Heirat, aber ob Kandidaten wie Fürst Furzgesicht oder Herzog Hackfleischhaut die richtige Wahl wären? Die Wahl, die die Prinzessin trifft, macht sie schließlich dumm, aber glücklich.

Marc-Uwe Kling schwelgt in immer ekligeren und absurderen Namens-Alliterationen der vorgeblich feinen Gesellschaft, während die Illustrationen Astrid Henns dieses Panoptikum degenerierter Adeliger genussvoll in Szene setzen. So macht die Lektüre auf der Ebene der Schimpfworterfindung großen Spaß, während Metrik und Reimschema leider zum Teil so unbeholfen im „Reim dich oder ich fress dich“-Modus daherkommen wie für eine Jubilarfeier im Kleingartenverein gedichtet. Und die Moral, die auch diesem vordergründig anarchisch anmutenden Kinderbuch innewohnt, kommt mit dem Holzhammer. Dass Astrid Henn an das Ende des Buches eine politische Karikatur stellt, wirkt eher deplatziert. Es mag ein nett gemeintes Gimmick für Eltern sein, Kinder beraubt sie dadurch jedoch ihrer Phantasie.

Marc-Uwe Kling: Prinzessin Popelkopf. Voland & Quist, 36 Seiten, 12,90 Euro. Empfohlen ab 4 Jahre.

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