Geschrieben am 14. August 2013 von für Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Cees Nooteboom

Cees Nooteboom_Licht überallDichterlesung in Còrdoba

Wie sie träumen, die Leute –
Sie mit den beigen Stiefeln,
die Fotos macht
vom Tisch mit dem lachsroten Tuch,
sechs kleine Flaschen Mineral, sechs Mikrophone, wo später die Dichter hinkommen mit ihren druidischen Worten.

Klein der Saal, spanische Stimmen,
verputzte Wände, Gezwitscher von tausend Vögeln, die auf Gedichte warten, Reiher, Bussarde, Krähen, Spatzen, bis die Stille herunterschneit und die heiligen Amseln beginnen.

Übersetzt aus dem Niederländischen von Ard Posthuma.

 

Als Lyriker war der niederländische Schriftsteller Cees Nooteboom bislang im deutschen Sprachraum kaum bekannt. Dabei hat er immer die Lyrik als das für ihn wichtigste Genre angesehen. Seine Romane, vor allem aber seine Reiseessays, haben hingegen überall auf der Welt ein großes Leserecho gefunden. Anlässlich seines 80. Geburtstages ist jetzt endlich auch eine Übersetzung seiner wichtigsten Gedichte erschienen. So wie auch in seinen Prosawerken ist der Autor in seinen Gedichten schwer zu fassen, zu „katalogisieren“ und auf ein Thema einzugrenzen. Immer scheint er in Bewegung zu sein, auf Wanderschaft von einem Ort zum anderen. Einige Gedichte sind anderen, dem Autor wichtigen Schriftstellern gewidmet (u.a. Shelley, Descartes, Ungaretti, Borges). Dann wieder tauchen Orte auf, an denen ihm Anregungen für das Schreiben gekommen sind.

Altersmeditationen gibt es, Gedanken beim Betrachten von Bildern und immer wieder das Nachdenken über das Schreiben. „Weißt du, wie ein Gedicht/ aussehen soll?/ Von unten? Von der Seite? Von hinten? Ziffern? Lettern? Und welcher Farbe?/ Sollte es Wellen ähneln,/ und wenn ja, welchen?“

Einfach zu lesen und in ihrer ganzen Bedeutung aufzunehmen sind diese Gedichte nicht. Wie in seinen prosaischen Werken liebt Nooteboom die Abschweifung, die unerwartete Entdeckung, den plötzlichen klugen Einfall. Wunderbar und auch typisch für Nooteboom ist der den Gedichtband einleitende Widmungstext von Lucebert: „Doch was dich entkräftet und verwirrt/ niemand zu sein und nirgends/ und dann noch jemand zu sein und hier“.

Carl Wilhelm Macke

Das Gedicht ist erschienen in: Cees Nooteboom: Licht überall. Suhrkamp Verlag, Berlin, 2013. 106 Seiten. 18,95 Euro.

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