Geschrieben am 28. März 2004 von für Kolumnen und Themen, Litmag

Öd ist das Nichts

Thomas Wörtche, 11.03.2002

Nichts regt zum Spulen an, alles geht seinen grauen Gang. Jetzt machen sie uns wirklich fertig, jetzt haben sie uns an den Eiern, jetzt langweilen sie uns zu Tode.

Korruption in Müllwirtschaft, Rathaus und Parteienlandschaft, ja was denn sonst?

Deutsche Soldaten kommen bei Ausübung ihres Berufs ums Leben. Schlimm, aber Teil der Arbeitsplatzbeschreibung.

Kanzler gegen Stoiber, nu, business as usual.

Peter Handke ist doch ein großer Dichter und das mit den Serben, war da was? Wir leben schließlich in einer Alzheimer-Kultur.

Der FC Bayern holt auf. Hat daran jemand gezweifelt?

Die Bundesanstalt fälscht Statistiken und versorgt dubiose Firmen mit viel Geld. Das nennt man seit Jahrtausenden cash-flow-management.

Das Brezn-Luder und Uschis Wurzelbürste sind durch. Glücklicherweise.

In Helmut Kohls Akten wird nicht gekramt, es steht eh nichts mehr drin. Und wer will das denn ernsthaft wissen wollen?

Es ist ja nicht so, dass nicht nur ich mich nicht aufrege. Niemand regt sich auf. Herrn Clements Kurzauftritt als Aufregungs-Impersonator ging auch daneben. James Graham Ballard, einer der wirklich großen Schriftsteller unserer Zeit (nein, den kennen Sie nicht, der durfte hierzulande nie richtig stattfinden), hatte vor ein paar Jahren den Hirntod als Zustand während Urlaub und Freizeit diagnostiziert. Allmählich ist der aber zum ganzjährigen Zustand mutiert. Inclusive 13. Monatsdemenz und Lohnfortzahlung im Debilitätsfall.

Hätte man nicht selbst durch diesen Dauerbeschuss ein paar Hirnlappen eingebüsst, dann könnte man sich vielleicht noch über die Unverschämtheit dieser Republik erregen, die es tatsächlich wagt, uns solche Minderskandale, solche Schlappereklats, solch intellektuelles Zwergewerfen und solch grenzwertigen Fidelwipp anzubieten. Aber dazu ist man schon zu mürbe.

Das Einzige aber, was man unendlich matt, kröchernd und winselnd auf dem Teppich liegend noch einfordern könnte: Ein Ministerium für politische Albernheiten, ein Ausschuss für demokratische Clownerie, ein Staatssekretariat für angewandten Irrwitz, eine Regulierungsbehörde für den durchschnittlichen IQ, ein Amt zur Belebung der öffentlichen Unmoral.

Aber der allerletzte Seufzer wird dann doch in der fahlen Erkenntnis getan werden, dass vermutlich all diese Behören ihre Arbeit schon lange aufgenommen haben. Mit deutscher Tüchtigkeit.

Thomas Wörtche