Geschrieben am 15. Februar 2012 von für Musikmag

Blitzbeats

Neue Platten von und mit den Tindersticks, Emma Russack und Christoph Stiefel und Lisette Spinnler, gehört von Thomas Backs (TB), Tina Manske (TM) und Christina Mohr (MO).

Tindersticks: The Something RainCineastisch

(TB) 2012 ist ein gutes Jahr für die Freunde der Tindersticks. „The Something Rain“ heißt das dritte Album seit der Rückkehr im Jahr 2008, das Quintett um den charismatischen Sänger Stuart Staples erfreut zum zwanzigjährigen Bestehen der Band zudem mit einer ausgedehnten Tour. Wer den verträumten Kammerpop schon einmal live genießen durfte, weiß von einem ganz besonderen Vergnügen zu berichten.

„At the albums heart lies the memory of the people we have lost in these last two years, but we were in no mood to be maudlin“, sagt Stuart Staples zur Entstehungsgeschichte eines bunt instrumentierten Albums, in dem Streicher weiter einen wichtigen Part haben. Saxophon und Bassklarinette verleihen dem gewohnt melancholischen Werk mit Gastmusikern wie Terry Edwards, Andy Nice und Julian Siegel aber eine ganz eigene Note.

„The Something Rain“ komplettiert nun mit den Vorgängern „The Hungry Saw“ (2008) und „Falling Down A Mountain“ (2010) eine kleine Trilogie, die bei aller Weiterentwicklung doch eines mit den Tindersticks der 1990er gemeinsam hat: Eine Menge Tiefgang, für den die Engländer entweder geliebt oder begähnt werden – dazwischen gibt es meistens nicht so viel. Filmfreunden ist die Band durch ihre Arbeiten für die französische Regisseurin Claire Denis bekannt, zum Beispiel mit den Soundtracks für „35 Rum“ (2008) und „White Material“ (2009). Live auf der Bühne musizieren die Tindersticks seitdem auch gerne vor einer Großbildleinwand.

 Tindersticks: The Something Rain. City Slang (Universal). Zur Website der Band.
Tindersticks live 2012:
07.03.: Berlin – Volksbühne
12.03.: Köln – Gloria
13.03.: Hamburg – Thalia Theater
15.03.: Lausanne – L’Octogone Theatre
16.03.: Zürich – Kaufleuten
17.03.: Heidelberg – Stadthalle
18.03.: München – Muffathalle

Emma Russack: Sounds Of Our CityIntim und zurückhaltend

(MO) Wow, was für eine Stimme: samtig, dunkel, elegant, voluminös und  gefühlvoll. Perfekt für den Blues, aber dennoch ganz jung. Die Frau, der diese Stimme gehört, ist Anfang zwanzig, heißt Emma Russack, kommt aus Melbourne/Australien und machte im letzten Jahr via YouTube mit einer sehr speziellen Version von Black Sabbaths “Planet Caravan” von sich reden. Ihr aktuelles Album “Sounds of Our City” entstand in Melbourne, als die Singer-/Songwriterin von einer langen Reise durch Südamerika zurückgekehrt war.

In den Songs verarbeitet Emma ihre Erlebnisse und die widersprüchlichen Gefühle, die man beim Heimkommen so hat: bin ich noch dieselbe, seid ihr, meine Freunde, noch dieselben, wie machen wir jetzt weiter? Dementsprechend melancholisch, teils regelrecht bedrückt klingen Emmas Songs: “He Was My Family”, “Friends Not Lovers” oder “Easy To Forget” sind intime, zurückhaltend instrumentierte Balladen auf – sehr reduzierter – Basis von Alternative Country, Blues und Folk. Emmas dreiköpfige Begleitband und die GastmusikerInnen erzeugen eine wohlig-wehmütige Stimmung, die manchmal an Neil Youngs Filmmusik zu “Dead Man” erinnert, aber sehr viel anheimelndere Melodien parat hat. Interessante Anekdote am Rande: ihre erste Single “Psycho” veröffentlichte Emma Russack vor drei Jahren unter dem Künstlernamen Lola Flash – weitere Parallelen zu einer gewissen Lana Del Rey gibt es aber nicht.

 Emma Russack: Sounds Of Our City. Spunk Records. Zur Homepage von Emma Russack. Zur Seite von Triton.

Christoph Stiefel/Lisette Spinnler: Bima SaktiKleine Weltreise

(TM) Der Vocal-Jazz hat sich mittlerweile weitgehend von seinen traditionellen Wurzeln gelöst und experimentiert mit neuen Formen und Erweiterungen seines Klangspektrums. Bester Beleg dafür ist das neue Album des Pianisten Christoph Stiefel, das er zusammen mit der Sängerin Lisette Spinnler aufgenommen hat. Bereits der Opener – Dolly Partons wunderbarer Country-Song „Jolene“ – ist ein starkes Statement, bei dem der Song in der Interpretation weitaus melancholischer und leiser daherkommt als im Original.

„Bima Sakti“ (indonesisch für ‚Milchstraße‘) lädt auf eine Weltreise ein, es geht in die Türkei („Burasi Mustur“) ebenso wie nach Afrika („Djabaram“), und immer fühlen sich die beiden Musiker aus der Schweiz ganz in ihrem Element, niemals fühlt man sich als Hörer weltmusikalisch verschaukelt. Und auch wenn Stiefels vertrackter „Isorhythm #4“ intoniert wird mit Stimmübungen für Vokale und Konsonanten, so gerät das nie zur Nabelschau, sondern bleibt interessant und in seiner Komplexität zugänglich.

Christoph Stiefel/Lisette Spinnler: Bima Sakti. Traumton Records (Indigo). Zur Homepage von Christoph Stiefel und Lisette Spinnler.

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