Geschrieben am 3. Dezember 2014 von für Musikmag

Blitzbeats

Neue Platten von und mit Veronique Vincent & Aksak Maboul with the Honeymoon Killers und Haley Bonar, gehört von Christina Mohr.

12inch_gatefold_v92012.inddVeronique Vincent & Aksak Maboul with the Honeymoon Killers: Ex-Futur Album

Bei diesem Album bin ich ganz schön reingefallen: Hey, dachte ich, was für eine charmante Platte! Abwechselnd französischer, englischer und sogar deutschsprachiger Gesang einer mädchenhaften, aber selbstbewussten Chanteuse; tanzbares Synthiepluckern auf offensichtlich antiken Geräten wie es derzeit angesagt ist, kombiniert mit vielerlei internationaler Rhythmik – eine tolle und längst fällige Ehrerbietung an französische und belgische Achtziger-Acts wie Les Rita Mitsouko und Lio. Angenehm nostalgisch, aber auch nicht zu retroid.

Ein Blick ins Booklet klärt auf: Dieses Album ist nicht NEU, es ist über dreißig Jahre alt! Und der Clou: Die zehn Songs wurden nie veröffentlicht. Veronique Vincent, Sängerin der sehr coolen belgischen Band The Honeymoon Killers (und by the way die erste Popkünstlerin, die in den frühen Achtzigern ihren BH über den Klamotten trug – das entsprechende Foto in einer Musikzeitschrift hat mich seinerzeit enorm beeindruckt) und Marc Hollander nahmen ab 1980 Songs auf, die unter dem Bandnamen Aksak Maboul erscheinen sollten: Aksak Maboul kamen ebenfalls aus Belgien, gehörten zur Bewegung Rock-in-Opposition, mixten Weltmusik mit Elektronik und Funk und waren nicht weniger als Avantgarde. Die Stücke mit Veronique Vincent kamen allerdings sogar Aksak Maboul zu futuristisch vor, zu poppig einerseits, zu „verdreht“ andererseits. Man legte die Tracks auf Eis und verfolgte andere Projekte.

Frühes social freezing also: Über dreißig Jahre später ist die Zeit endlich reif für Hits wie „My Kind Of Doll“ oder „Je pleure tout le temps“ (auch in englisch vertreten, inklusive filmreifem Schluchzen von Mme.Vincent). Aksak Maboul surfen zwischen den Stilen und nehmen vieles vorweg, was erst viel später en vogue wurde – wie zum Beispiel Lio oder Nouvelle Vague – tolle Entdeckung!

Veronique Vincent & Aksak Maboul with the Honeymoon Killers: Ex-Futur Album (Crammed)

bonarHaley Bonar: Last War

Haley Bonar, Singer-/Songwriterin aus Minnesota, ist hierzulande noch nicht sehr bekannt – ihrem Album „Last War“ sollten aber alle Herzen, die noch nicht komplett verhärtet und verödet sind, zufliegen: Wie eine Mischung aus den Bangles und The Cure in ihrer Frühneunziger-Phase klingen die neun Songs, die Gitarren flirrend, irrlichternd und oft in krachigen Lärm driftend, der Gesang betörend, an amerikanischen Folk- und Popsängerinnen orientiert, aber mit dem entscheidenden Quäntchen rauen Charmes, der bei vielen anderen glattgebügelt ist.

Haley Bonar ist dreißig Jahre alt, wurde in South Dakota geboren und hat schon in vielen Bands gespielt, unter eigenem Namen eine Menge Platten herausgebracht, war Gastmusikerin auf Andrew Birds Alben und trat jahrelang zusammen mit ihm auf, außerdem hat sie ein punkrockiges Band-Seitenprojekt namens Gramma’s Boyfriend – es ist einiges los bei dieser Frau, die sich eine angenehm unmodische Haltung zugelegt (oder bewahrt) hat, es ist eben sehr einnehmender, euphorisierender Indie-Folkpop, den Bonar mit ihren Mitmusikern fabriziert, catchy und doch undergroundig, mit grüblerischen Texten, die oftmals im harschen Kontrast zu den upliftenden Gitarrenriffs stehen. Songs wie „Kill the Fun“ oder „Heaven´s Made For Two“ verströmen ein durchaus nostalgisches Flair, so als würde man zum ersten Mal Throwing Muses hören und genau dafür liebt man Bonar und dieses Album: Dass sich alles wieder so frisch und neu anfühlt.

Haley Bonar: Last War. Memphis Industries).

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