Anziehende Komplikationen
– Drei Jahre sind vergangen seit „Totems Flare″, dem gefeierten letzten Album von Chris Clark. Auch auf dem Nachfolger „Iradelphic″ zeigt sich Clark von seiner eklektischen Seite. Von Tina Manske
Aufgenommen wurde in Australien, Berlin, Wales, Brüssel, Cornwall, Norwegen und London, der Mann ist also herumgekommen. So hatte er die Möglichkeit, verschiedene Set-Ups zu verwenden und analoge und digitale Vorgehensweisen nach- und nebeneinander auszuprobieren. Außerdem hat er sich mittlerweile das Gitarrespielen beigebracht und zupft nun auch, statt nur an irgendwelchen Knöpfen zu drehen.
Das Album klingt über weite Strecken, als würde Mike Oldfield seine Soul-Ader entdecken und dabei mit Aphex Twin tanzen – also ganz großartig. Als Beispiel sei „Com Touch″ genannt, ein Monster, das mit fast niedlich zu nennenden Arpeggios startet und in einer Soundkaskade endet, in der man trotz allem aber die bereits aufgebauten Strukturen wiedererkennt. Oder das nachfolgende „Tooth Moves″: Gitarre vs. Mördersynths, abgerundet mit filigranem Songwriting.
Himmelstürmerisch schräge Performance
Auf „Open″ und „Secret″ wird Clark von der wunderbaren Martina Topley Bird als Sängerin unterstützt. Besonders „Secret″ wird zu einem der Höhepunkte der Platte, mit einer gelungenen Melange der himmelstürmerisch schrägen Performance von Topley Bird und romantisch-perlender Melodie. Das Schönste: Wie Clark selbst betont, handelt es sich hier nicht um das Producer-Klischee „sexy Frauenstimme auf einen maskulinen Beat geschnippelt″, sondern um eine homogene Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Apropos Melodie: Auf „Black Stone″ klingt Clark dann schon wieder wie ein moderner Klassik-Komponist.
Clark macht alles andere als leicht goutierbaren Pop. Seine Stücke sind zugänglich, ohne leicht verständlich zu sein, seine Kompositionen sind enorm anziehend, ohne auf simple Nachspiel- und -singbarkeit zu setzen. Ganz im Gegenteil sind es gerade die nicht sofort sich erschließenden und kompliziert wirkenden Partien, denen man sich immer wieder aussetzen möchte.
Tina Manske
Clark: Iradelphic. Warp (Rough Trade).