Der Letzte seiner Mischpoke
War „Electro Shock Blues“ damals die Bewältigung der frühen Tode von Mutter, Vater und Schwester, ist „End Times“ jetzt auf gleicher Höhe bei der Bewältigung von Liebeskummer. Von Tina Manske
Das Cover, gezeichnet von Comic-Star Adrian Tomine, zeigt Mark Oliver Everett alias E als abgebrannten, alten Typen. Nichts könnte der Wahrheit ferner und gleichzeitig näher sein, denn in Everetts Familie ist man mit Mitte 40 schon ganz schön alt – der Älteste, um genau zu sein. E ist der letzte seiner Mischpoke, er bildet sozusagen das lose Ende eines Genstrangs. Dieses Ende ist aber gar nicht gemeint, wenn er von „End Times“ singt. Das neue Album, das weniger als ein Jahr nach „Hombre lobo“ erscheint, handelt von einer gescheiterten Beziehung und um den Schmerz, den sowas nach sich zieht. Es ist ein klassisches Trennungsalbum. Und wie es Everetts Art ist, erspart er uns nichts. „End Times“ ist, bei allen mitreißenden Rhythmen, die es ebenfalls enthält, eine enorm traurige Platte, die E zum Großteil zuhause auf einem alten 4-Track-Aufnahmegerät eingespielt hat.
Da ist zum Beispiel die Erkenntnis, dass man jemanden vermissen kann, selbst wenn man versucht ihn zu hassen („In My Younger Days“). Da ist das Eingeständnis, dass man zu lange der Daddy in der Beziehung war, wo man doch eigentlich eine Mutter sucht („I Need A Mother“). Da ist „Little Bird“, vielleicht der Schlüsselsong des Albums, bei dem sich E nur von seiner Gitarre begleitet an einen Vogel wendet, der auf seiner Veranda herumpickt: „Right now you’re the only friend I have in the world“. Und da ist der nicht unschlaue Versuch, das eigene Elend mithilfe des globalen Elends zu relativieren: „I take small comfort in an dying world/ I’m not the only one who’s feeling this pain“ („Gone Man“).
Kiste gegen die Wand
„End Times“ ist, anders als „Hombre lobo“, wieder ein äußerst persönliches Album. War „Electro Shock Blues“ damals die Bewältigung der frühen Tode von Mutter, Vater und Schwester, ist „End Times“ jetzt auf gleicher Höhe bei der Bewältigung von Liebeskummer. Es wäre vermessen zu sagen, dass man beim Hören dem Menschen hinter dem Künstler ein wenig näher käme, deutlich fühlbar ist der Schmerz jedoch schon, und keine Rahmenhandlung mit fiktionalem Charakter dämpft den Aufprall der Kiste, die hier gegen die Wand gefahren wird. Aber Everett wäre nicht er selbst, würde er nicht am Ende schon wieder den neuen Anfang im Blick haben: „One sweet day I’ll be back on my feet/ and I’ll be alright“. Spätestens dann werden wir wieder ein neues Album von ihm in den Händen halten.
Tina Manske
Eels: End Times. Vagrant/Cooperative Music (Vertrieb: Universal)