Geschrieben am 4. Mai 2011 von für Musikmag

Elbow: build a rocket boys!

Elbow: build a rocket boys!Nette Familienväter

– Fragt man einen Musiker, womit man seine Werke vergleichen solle, so wird er selten freudig antworten: „Mit einer wärmenden Decke mit Pferdemotiv!“ Die britische Band Elbow hat bei Janine Andert allerdings genau diesen Eindruck hinterlassen.

Mit Ellenbogenkämpfen hat die britische Band Elbow wenig am Hut. Der Name stammt ja auch aus der Serie „The Singing Detective“, in der Philip Marlow das Wort „Elbow“ als sinnlich bezeichnet. Das muss der berühmte englische Humor sein, denn die Musik wartet zwar mit viel Zartheit auf, hat aber ungefähr die Sinnlichkeit eines Paares nach 20 Ehejahren. Leise und bedeckt alterten die fünf Herren aus Manchester seit den 1990ern gemeinsam als ewiger Geheimtipp mit Nominierungen für hochdotierte britische Musikpreise. Bis ihnen 2008 mit dem vierten Album „The Seldom Seen Kid“ der große Durchbruch gelang. Mercury Music Prize, NME Award, BRIT Award, Music Producers Guild Award und ausverkaufte Tourneen in großen Hallen folgten.

Aber als wäre Elbow das Leben in den Ecken ohne großen Startrouble lieber, liefern sie mit „build a rocket boys!“ eine Scheibe in bester Bandmanier ab, jedoch fehlt es gewaltig an Hitpotenzial. Selbst wenn die Erwartungen an das fünfte Werk nach besagtem Überflieger „The Seldom Seen Kid“ ausgeblendet werden, bleiben da nicht viel mehr als elf nette Songs über das ewige Thema des Sängers und Frontmanns Guy Garvey: Rückblicke in die Kindheit und Adoleszenz der heranwachsenden, gut bürgerlichen Mittelschicht. Die Band ist und bleibt das Sinnbild der netten Familienväter von nebenan, die Softiemusik mit Bass, Gitarre, Schlagzeug und Keyboard spielen. Lieb genug und gleichzeitig mit einer Brise Musikercoolness versehen, damit die moderne Schwiegermutter Gefallen daran findet. Sonntags wird das Keyboard sogar durch ein Klavier ersetzt. Verträumte Rockmusik, wie sie in sauber geputzten Vorstädten klingt. Bei „Open Arms“ vermeint man, den Gemeindechor mitsingen zu hören.

So viel Gelassenheit gegenüber den Höhen und Tiefen des Lebens können wohl nur Briten aufbringen, denn einfach war es nicht für Elbow. Nachdem sich die Band 1997 von SOFT in Elbow umbenannte, landete sie bei Island Records. Dieses Label wurde just zu diesem Zeitpunkt von Universal Music aufgekauft und zerfleddert. Als Ergebnis konnte das Debütalbum nie veröffentlicht werden. Es folgte der zweite Versuch mit den EPs „The Noisebox“ und „The Newborn“ bei Ugly Man Records. Immerhin wurde das britische Radio darauf aufmerksam und Elbow konnten ihren Fankreis langsam aber stetig erweitern. 2001 folgte der erste Langspieler, „Asleep In The Back“, bei V2 Records. Liest sich leicht, aber jede normale Band hätte längst aufgegeben. Nicht so Elbow. Gerade diese unaufgeregte Ruhe als Fels in der Brandung macht den Charme der Band aus, das Gefühl von heiler Welt, ohne nach Vergangenheit oder Märchenwelt zu klingen.

„build a rocket boys!“ ist die wärmende Decke mit Pferdemotiv, die Besuchern nicht unbedingt stolz präsentiert wird, aber in privaten Momenten doch gern und häufig Verwendung findet.

Janine Andert

Elbow: build a rocket boys!. Fiction (Universal). Mehr zur Platte hier. Außerdem: Die Homepage, Elbow auf Facebook und MySpace.

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