Geschrieben am 17. April 2013 von für Musikmag

Interview mit Soldout

Foto: Gregory Derkenne

Foto: Gregory Derkenne

Pop mit Ecken und Kanten

– Das belgische Indie-Elektropop-Duo Soldout veröffentlichte mit „More“ ein herausragendes Werk, das ebenso intelligent wie auch eingängig außerhalb aktueller Trends für sich steht. Sängerin Charlotte gibt im Gespräch mit Ronald Klein  Einblicke in die Arbeitsweise und Ausblicke auf zukünftige Aktivitäten.

RK: Es dauerte fast fünf Jahre bis Ihr den Nachfolger zu „Cuts veröffentlichtet. Gab es eine beabsichtigte Pause oder dauerte es einfach etwas länger, bis Euch die Muse küsste? 

Charlotte: Es war definitiv nicht geplant, aber nach „Cuts waren wir viel auf Tour. Als Independent-Band bedeutet das einen großen logistischen Aufwand. Planung und Promotion sind enorm zeitraubend, die fehlt dann wiederum beim nächsten Album. Als wir die neuen Stücke schreiben wollten, nahmen uns aber Front 242 mit auf Tour. So blieb das Album erst einmal in den Köpfen präsent. Schließlich brauchten wir auch eine Weile, bis wir uns auf einen neuen Sound einigen konnten. Schließlich begannen wir im Herbst 2011 am neuen Album zu arbeiten. Es dauerte ein Jahr intensiver Arbeit, bis wir die Arbeit daran abschlossen.

Das Album besticht einerseits mit sehr eingängigen Melodien, besitzt aber auch viele Ecken und Kanten.

Der Gegensatz war so gar nicht beabsichtigt. Ich höre oft, dass unsere Musik melodisch, aber melancholisch klingt. Das hängt sicherlich damit zusammen, wie David und ich arbeiten, außerdem haben wir völlig unterschiedliche musikalische Hintergründe. Ich mag die Pop-Strukturen, während David mehr dem Experimentellen zugeneigt ist. Mit diesem Album gelingt uns die Balance zwischen den Polen deutlich besser. Es gefällt mir, wie wir die unterschiedlichen Ansätze fusionieren. Wir finden beide dunkle Klänge spannend, die die Vocals kontrastieren. Wir haben relativ lange mit unterschiedlichen stimmlichen Haltungen experimentiert, bis wir schließlich zufrieden waren.

Wo habt „More“ eingespielt?

In Belgien. Zu Hause. Das meine ich wortwörtlich. Es ist deutlich billiger als im Studio zu arbeiten. Außerdem lässt es uns Zeit, den Klang zu überdenken – ganz ohne Druck.

Mit Belgien werden vor allem EBM und Front 242 assoziiert.

Kann ich mir vorstellen, aber natürlich ist die Musik hierzulande genauso vielfältig wie überall sonst auch. Am wichtigsten war früher die Jazz-Szene, aber die ist heute kaum noch von Bedeutung. In den 80er- und 90er-Jahren entwickelte sich dann die elektronische Szene mit Front 242 als Lokomotive. Diese Band übt nach wie vor einen großen Einfluss auf uns aus. Mittlerweile gibt es so ein breites Feld, man denke an The Magician, 2manyDjs, Goose, Mickey, DC Salas. Wir hingegen stehen irgendwo zwischen den Stühlen, kommen zwar mit allen gut aus, aber gehören nirgendwo dazu. Belgien ist ein sehr kleines Land, alles ist sehr überschaubar, daher habe ich die Sehnsucht fortzuziehen.

Wie geht es jetzt nach der Veröffentlichung des Debüts weiter?

Wir arbeiten an der Live-Umsetzung. Wir wollen bei den Shows flexibel sein, die Songs sollen nicht genauso wie auf der Platte klingen. Leider gibt es noch keine konkreten Pläne für eine Tour. Wir wollen aber so schnell wie möglich die Platte live umsetzen. Außerdem erscheint dieses Jahr der Film „PuppyLove“, für den wir den Soundtrack schrieben. Ich arbeite außerdem an ein paar Folk-Songs, die ich nicht unbedingt veröffentliche, aber mich interessieren neue musikalische Herausforderungen.

Interview: Ronald Klein

Soldout: More. Flatcat/Rough Trade. Zur Homepage.

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