Pianospiel und Stimme
– Die CD-Gestaltung nehmen die wenigsten Künstler in die eigene Hand. Zahlreiche Fotos eines verfallenen Klinikgeländes befinden sich im Booklet der CD „Isomorphine“ . Das geübte Auge erkennt sofort, dass es sich um die ehemalige Lungenheilklinik in Beelitz/Brandenburg handelt. Ein Ort, an dem jede zweite Independent-Filmproduktion stattfand (von SM-Klassikern wie „Demütigung in der Heilanstalt“ bis zum Autorenkino: „Surpassé“). Nun gut. So viele verlassene Kliniken gibt es ja auch nicht mehr.
Im Vorfeld der Veröffentlichung ließ es das Label verlauten, das zweite Album der 32-jährigen Pianistin und Sängerin klinge „erwachsen“ und „authentisch“. Zwei Attribute, die so gar keine Lust auf den Hörgenuss vermitteln. Wie hieß es in René Polleschs modernem Bühnenklassiker „Diktatorengattinen I“: „Wer will schon authentische Kühe?“
Genug der Vorrede. Denn wer sich trotz der Ressentiments auf das Album einlässt, wird nach dem ersten Höreindruck enttäuscht sein. Ein bisschen Dream-Pop hier, etwas Indie-Anliehen da und schließlich eine Prise Wave. Nicht spektakulär. Jedoch lohnt sich tatsächlich das genauere Hinhören. Um leichtfüßigen Pop mit kurzer Halbwertszeit handelt es sich nicht. Wie ein guter Wein reift, so braucht „Ismorphine“ Zeit, die Faszination zu entfalten.
Am stärksten wirkt Leandra immer dann, wenn sie sich auf das besinnt, was sie am besten kann: spartanisch instrumentierte Songs komponieren, die von ihrem Piano-Spiel und der Stimme leben. Warum wird jedoch eine Perle wie „Divergent Mirrors Of Decay“ am Ende eines Albums versteckt? Darin singt Leandrea mit einer Eindringlichkeit, die sich nicht vor PJ Harvey (zu „To Bring You My Love“-Zeiten) zu verstecken braucht. Und mit dem Duett mit Stephan L. Groth („Calling“) befindet sich auch ein echter Indie-Disco-Hit auf dem starkem Album.
Ronald Klein
Leandra: Isomorphine. Drakkar.