Faszinierende Vielseitigkeit
– Kontrast- und abwechslungsreich, so gibt sich Komponist Marcus Schmickler auf seinem neuen Album – sogar Renaissance-Madrigale sind zu hören. Tina Manske gefällt’s.
Alles beginnt als Perkussions-Ekstase – da ahnt noch niemand, dass dieses Album in einer Orchestersinfonie und kammermusikalischen Versuchen enden wird. Wer könnte das auch vorhersehen, hat man es doch bei Marcus Schmickler mit einem Musiker zu tun, der eher für seine elektronischen Kompositionen und seine Avantgarde-Experimente bekannt ist, in der Pop-Variante unter seinem Pseudonym Pluramon.
Seine Wurzeln aber hat Schmickler in zeitgenössischer Komposition – u. a. studierte er bei dem Stockhausen-Adepten Johannes Fritsch. Im zentralen Stück „Rule Of Inference“, das dem Album auch seinen Titel gibt, arbeitet Schmickler mit einem Perkussions-Quartett auf der Basis mikrotonaler Tonleitern. Nichts durchbricht hier das Lauschen auf die mal flüsternden, mal schmetternden Trommeln des Schlagquartetts Köln (Meixner, Müller, Rothbrust und Seiler), aufgenommen 2009 in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn.
„Symposion For Orchestra“ dagegen, hier gespielt von der Staatskapelle Weimar, könnte wunderbar als Filmmusik für die Ouvertüre von Lars von Triers „Melancholia“ fungieren, so wie hier die dissonanten Töne mit der Wucht von Planeten aufeinandertreffen. Die Schlieren, die hier musikalisch durch stetes abwärtsgerichtetes Glissando der Streicher gezogen werden, wirken wie dicker Teer auf eh schon ungeputzten Fenstern – nur für gefestigte Charaktere zu empfehlen.
Für die drei das Album beschließenden Titel hat sich Schmickler keinen geringeren als den Fürsten und Komponisten Carlo Gesualdo und seine Renaissance-Madrigale herausgesucht, die er mit einem Kammermusikorchester (Klarinette, Violine, Viola und Violoncello) in Szene setzt. Größer könnte der Kontrast zwischen Anfang und Ende dieses Albums nicht sein, kaum meint man, noch denselben Künstler vor sich zu haben. Diese Vielseitigkeit macht einen nicht unbeträchtlichen Teil der Faszination von Schmickler aus.
Tina Manske
Marcus Schmickler: Rule Of Inference. A-Musik. Zur Homepage.