Helle Spielfreude
–Lange stand Dänemark im Schatten der skandinavischen Nachbarländer Norwegen und Schweden, die Indie-Rock, Elektro-Pop und Extrem-Metal in Platinium-Qualität am Fließband produzierten. Aber hieß es nicht bereits im Hamlet „Something is rotten in the State of Denmark“?
Papperlapapp, das Danish Dynamite hat mächtig aufgeholt in den letzten Jahren. Wesentlichen Beitrag dazu leisteten auch Marybell Katastrophy, die nach drei Jahren Wartezeit den Nachfolger zu „The More“ veröffentlichen: Ein fragiles Stück Dream-Pop. Jedoch trägt der Opener den Titel „Heavy Industry“ – und diese Nuance veredelt die Komposition enorm.
Die Schwere, die Ecken und Kanten beschädigen nicht die Klarheit des Klangs, verleihen aber Konturen. Der gelungene Auftakt führt zu „There Is No Rhino In This Room“, auf dem die elektronische Begleitung bereits deutlicher dominiert. Auch hier verleiht der weibliche Gesang der Atmosphäre eine beschwingte Leichtigkeit, die in „In Every Eye A Sun“ langsam kippt. Bedrohliche Rhythmen und Synth-Klänge, die vom paranoiden Gehetztsein erzählen.
„Against All Odds“ zeichnet sich durch zwei klangliche Plot-Twists aus, und nimmt es von der Eleganz des kompositorischen Designs her locker mit vermeintlichen Vorbildern aus Bristol auf. Die dänische Formation Marybell Katastrophy bezaubert mit urbanem Pop, mit unterschiedlichen Referenzen und Einflüssen.Die Tanzbarkeit steht dabei deutlich im Hintergrund, „Amygdala“ transportiert einen bunten Blumenstrauß unterschiedlicher Emotionen. Irgendwo zwischen Downbeat, Dream-Pop und Trip-Hop definiert Marybell Katastrophy einen eigenen Klangkosmos, in dem das Entdecken helle Freude bereitet.
Während viele Shoegaze- und Dream-Pop-Formationen sich längst mit Kitsch und Hervorsehbarkeit arrangiert haben, regiert auf „Amygdala“ die helle Spielfreude. Galt bereits das Debüt von Marybell Katastrophy namens „The More“ als beeindruckend, gelingt nunmehr der ganz große Wurf.
Ronald Klein
Marybell Katastrophy: Amygdala. Snowhite (Rough Trade). Zur Homepage.