Geschrieben am 16. Mai 2012 von für Musikmag

Richard Hawley: Standing At The Sky’s Edge

Richard Hawley: Standing At The Sky’s EdgeLovesongs, die rocken

– Richard Hawley ist ja für vieles bekannt – als Ex-Gitarrist der legendären Brit-Pop-Band Pulp und in den letzten Jahren auch als Crooner, dessen musikalischer Himmel stets voller Geigen hing. Das war schön, sogar so schön, dass er 2006 mit „Coles Corner“ für den renommierten britischen Mercury Prize nominiert wurde. In Erwartung eines weiteren Schmachtfetzens über seine geliebte Heimatstadt Sheffield bekommt der Hörer bei Hawleys siebenten Album „Standing At The Sky’s Edge“ erst einmal den Mund nicht zu. Janine Andert sagt: Wow!

Was da kurz mit einer nach Streicher klingenden Gitarre angetäuscht wird, entpuppt sich in Sekundenschnelle als extrem dynamisches Rock-Album, auf dem zwirbelnde elektrische Gitarren ihr Recht einfordern. Die Kooperation mit den Arctic Monkeys Anfang des Jahres hat eindeutig Spuren hinterlassen und wieder Leben in die müden alten Knochen gehaucht.

Hawley mottet die Altersweisheit seiner Balladen ein und lässt als einer der besten Gitarristen seiner Generation sein Baby jauchzend schreien. Das geht tief unter die Haut und reißt mit. „Standing at the rasor’s edge“ heißt es im zweiten Song – genau so und extrem dringend hört sich das auch an. Euphorie! Hymnen, die sich – hier experimentiert Hawley nicht herum – einmal mehr um Sheffield (Sky’s Edge ist ein Stadtteil von Sheffield), Liebe, Verlust und den Sinn des Lebens drehen. Das aber knarzend und Funken sprühend. Mitunter von aus der Ferne hallendem Blues durchsetzt. Gleich der Opener „She Brings The Sun“ setzt neue Maßstäbe im Storytelling – ein Liebeslied an seine Frau, das davon handelt, dass Man(n) auch jemanden begehren kann, den er wirklich liebt. Hey, und das ist kein bisschen cheesy. Der Beweis dafür, dass auch Lovesongs rocken können. Geht doch!

Ab und zu, wie in „Seek It“, meldet sich der herrlich schön schnulzige Hawley der letzten Alben zurück – Verschnaufpausen im treibenden, von Alan Moulder (Depeche Mode, Placebo) produzierten Gitarrensturm. Das sind die Momente von John Tiers sehnsüchtigem Keyboardspiel, das im Gegensatz zu Geigen auf dem Höhepunkt nicht Opulenz versprüht, sondern spacige Sounds hervorbringt oder, wie das Hawley sieht: „rocket noises“.

Man kaufe sich das Album und ein Paar wirklich gute Bassboxen. Dann drehe man bis zum Anschlag auf und werde glückselig.

Janine Andert

Richard Hawley: Standing At The Sky’s Edge. Parlophone (EMI). Zur Homepage, zur Facebookseite, zu Soundcloud, zum Youtube-Kanal.

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