
The Blues Had A Baby…..
Traditioneller Start in das Mississippi Bluesjahr und das erste Festival: das Juke Joint Festival in Clarksdale. Hier der Bericht von Rolf Barkowski.

Alle Hotels ausgebucht, kein Zimmer mehr frei in Clarksdale. Heißt: Das Juke Joint Festival Wochenende (jährlich Mitte April) steht vor der Tür.
Für Clarksdale, die heimliche Hauptstadt des Delta Blues, ist es die wohl größte und wichtigste Veranstaltung des Jahres. 14 Außenbühnen für die Auftritte am Samstag tagsüber und 13 Indoor Bühnen für den Abend warten auf die zahlreich angereisten Bluesfreunde.
Bereits am Donnerstag der traditionelle Auftakt des Wochenendes im Roxy. Im ehemaligen Kino begeistern Reverend John Wilkins und seine drei Töchter mit ihrer ganz eigenen Mischung aus Blues (‚you got to move‘) und Gospel (‚you cant`hurry God‘) mit einem kraftvollen Auftritt das Publikum.

Am Freitag vor dem Harmonica Shop überzeugt Jesse Cotton Stone unterstützt von Lightnin`Malcolm am Schlagzeug und Deak Harp an der Mundharmonica mit seinem (wie er es nennt) electric juke joint boogie. Der Boogie gewürzt mit einer Prise hill country blues – eine tolle Mischung.

Lohnenswert auch Call and Response, moderiert von Big Jon Short im Delta Blues Museum. Anthony ‚Big A‘ Sherrod bzw. Kenny Brown sind heute die Gäste, die er interviewt. Interessante Hintergründe, Geschichten aus dem Leben der Musiker ergänzt mit akustischen Musikeinlagen – ein gelungenes Format. Wo die Quellen für Kenny Brown’s Musik liegen, was er mit R.L. Burnside erlebt hat – immer wieder spannend zu hören..
Freitagabend wieder zurück im Roxy. Die Live Radio Show ‚Thacker Mountain Radio‘ überrascht mit einem ganz besonderen Geburtstagskind auf der Bühne. 92 Jahre wird Cadillac John an diesem Tag und lässt sich zurecht vom Publikum feiern. Sein kurzer Auftritt mit seinem alten Partner Bill Abel – das Publikum steht. Ebenso bei Cadillacs zwei weiteren Gigs am Samstag. Zwei mal 45 Minuten – Cadillac trotzt dem Alter. Blues at his best.


Später am Abend auf der Bühne Little Willie Farmer mit Band. Ein funky Blues Set mit vielen Klassikern. Willie möchte das Publikum tanzen lassen. Sein Soloauftritt am Samstag auf der Paramount Bühne mit der Konzentration auf seine eigenen Songs, Schwerpunkt Country Blues, überzeugt deutlich mehr.

Samstag ist der Haupttag des Festivals, der eigentliche Höhepunkt. Unmöglich alles zu hören oder sehen. Aus dem Line up heißt es nun auswählen zwischen Little Joe Ayers, Lightnin‘ Malcolm, Robert Kimbrough,Kenny Brown,Garry Burnside, Reba Russell, Anthony ‚Big A‘ Sherrod, Jimmy Duck Holmes, Bill Abel, Jesse Cotton Stone, Rip Lee Pryor, R.L. Boyce, Little Willie Farmer, Afrissippi, Johnie B. & ‚Queen‘ Iretta Sanders, Marcus ‚Mookie‘ Cartwright & Carla Robinson (Liste nicht vollständig!).
Littel Joe Ayers wird unterstützt von seinem Sohn Trenton. Zwei Generationen Blues – next to next. Muss man gehört haben.

Dann Reba Russell mit einem bärenstarken Auftritt.

Terry ‚Big T‘ Williams und Rip Lee Pryor in gewohnter Qualität.
Pat Thomas ist zum zweiten Mal beim Juke Joint dabei. Seine Stimme und Gitarre – mehr braucht er nicht, um sein Publikum zu begeistern.

Und dem jungen Markus ‚Mookie‘ Cartwright begleitet von Carla Robinson gehört die Zukunft. Leider werden der seit morgens einsetzende Regen und Wind stärker und stärker. Ein Unwetter zieht auf und ab zwei Uhr mittags gießt es wie aus Kübeln. Unmöglich trocken zu bleiben. Auf den Außenbühnen müssen die Auftritte beendet werden. Im letzten Jahr war es ein Stromausfall, der ab 15 Uhr die Außenbühnen lahm gelegt hat. Wirklich schade – für das angereiste Publikum ebenso wie für die Musiker.
Zum Glück liegen alle Bühnen für den Abend indoor.
Club 2000. Bill Abel, jetzt mit Band (Bass und Schlagzeug), wird immer besser.
Genauso wie Robert Kimbrough Sr. (Messenger’s).
Zu Kenny Browns hill country blues (Shack Up Inn) muss man einfach tanzen.
Und in Pete’s Grill zeigt Garry Burnside, was er an der Gitarre kann. Sein Schwerpunkt heute Abend: viele Instrumentals. Die Sängerin, die ihn bei einigen Stücken begleitet und ihre Texte vom Smartphone abliest (!) – überflüssig.

Anschließend folgt Duwayne Burnside. Unterstützt von David Kímbrough. Ein rauer, ungeschliffener Gig, die Abmischung oft daneben, doch Power und Energie ohne Ende. Wie die beiden sich an den Gitarren ergänzen – bis nach Mitternacht ein Erlebnis.

Zum guten Schluss noch Anthony ‚Big A‘ Sherrod im Bank Building. Mehr geht nicht.
Resümee: Das Juke Joint Festival gibt einen fantastischen Überblick über die aktuelle Bluesszene des Delta. Das Festival lebt vom dem Charme, der Spielfreude und dem Können der auftretenden Musiker. Begeisterung garantiert.
Und wer am Sonntag noch in Clarksdale ist, wird mit dem Cat Head Mini Blues Fest (free music!) belohnt.
Hezekiah Early & Lil Poochie, Big George Brock, Louis ‚Gearshifter‘ Youngblood, Lightnin‘ Malcolm , Sean ‚Bad‘ Apple, Lucious Spiller .

Noch einmal ein tolles Line-Up und Blues vom Feinsten.
Lohnt sich die Anreise aus Deutschland ? Nur für die drei Tage in Clarksdale sind die Kosten – Flug mit Delta z.B. je nach Abflughafen direkt nach Atlanta, Weiterflug nach Memphis ca. 750 Euro und Leihwagen ca. 300 Euro – hoch. Aber in Kombination mit einem Aufenthalt in Nashville, Memphis und Jackson (Weiterfahrt von Clarksdale am Montag zum ‚Blue Monday‘) wird schon eine tolle Südstaatenreise daraus. Gespickt mit Musik an jedem Ort. (Tipps gerne beim Autor.)
Rolf Barkowski (auch Fotos)
- Rolf Barkowski, Jahrgang 1950, hat mal Sozialwissenschaften & Germanistik studiert, ewiger Student; hat mal als Gerüstbauer, lange als Briefträger und ganz lange als Sozialarbeiter (offene Kinder-und Jugendarbeit) gearbeitet; ist musikalisch sozialisiert in den 60er Jahren mit den Stones und weißem Blues; hat im Alter den schwarzen Blues entdeckt; ist seitdem regelmäßig in Mississippi bzw. im Süden der USA unterwegs; fotografiert leidenschaftlich gerne; handelt im richtigen Leben seit 30 Jahren mit Antiquitäten und Kunst.
- Seine Blues-Festival- und CulturMag-Texte hier.
- Rückfragen auch gerne an den Autor.
E-Mail: rolfbarko (at) onlinehome.de