Sarah im Wunderland
Australien mal anders: Nicht rockig und rauh, sondern zart und verzaubernd mit Sarah Blaskos melancholischen Pop-Pretiosen. Von Jörg von Bilavsky
Im Lena!-Lena!-Fieber der letzten und kommenden Wochen gehen dieser Tage die selbstgemachten Songs gestandener Sängerinnen unter. Dabei könnte am Beispiel des australischen „Wunderkindes“ Sarah Blasko studiert werden, wohin die Reise der deutschen Oslo-Hoffnung gehen könnte: Ins Independent-Fach nämlich, wo sie mit ihrer wundersam markanten und schrägen Stimme brillieren könnte. Auch Sarah hatte bis zu ihrem 19. Lebensjahr keinen regulären Gesangsunterricht und lernte erst ab diesem Zeitpunkt das Gitarrenspiel. Gewiss, sie und ihre Schwester haben zuvor schon zu Jazz und Blues getrillert. Doch ihr ganz eigener musikalischer Weg zeichnete sich erst ab, als sie 2002 selbst zu komponieren und zu texten begann. Seitdem hat sie mit ihrer zart besaiteten Stimme und melancholischen Pop-Pretiosen die australischen Charts erobert und Platin eingeheimst.
Bass-betont und klassisch-harmonisch
Hierzulande ist die zerbrechlich anmutende Frau vom fünften Kontinent wohl nur Indie-Insidern bekannt. Ihr mittlerweile drittes Album „As Day Follows The Night“ erschien bereits im Juli letzten Jahres in Australien. Jetzt ist es auch hierzulande zu haben, und schon die ersten Takte des süßlichen Openers von „Down Of Love“ versetzen den Hörer in Alices musikalisches Wunderland. Doch die Abenteuer, mit der die meisten anderen, von Streicherklängen umfluteten und Akustikgitarren umrahmten Songs aufwarten, entwickeln meist ihren ganz eigenen Charakter, wie etwa das bass-betonte „Bird On A Wire“ oder das tempovariierende „No Turning Back“, die mit verspielten melodischen Einschüben und Ausflügen zu überraschen vermögen. Aber auch klassisch-harmonisches Songwriting wie im romantischen Western-Style-Song „All I Want“ beherrscht Blasko. Lassen ihre Kompositionen auf diesem Terrain es mitunter an Originalität vermissen, gewinnt sie mit dem eingängigen, aber niemals einfältigen Song „We Won’t Run“ oder der Talking Heads-Reminiszenz „Over & Over“ wieder an Boden. Mit ihren ungewohnten, gleichsam gefälligen Songs wird sie nie so viele Fans finden wie die exaltiert-expressive Lena. Für einen Sprung in die deutschen Indie-Charts sollte es aber gewiss reichen.
Jörg von Bilavsky
Sarah Blasko: As Day Follows Night. Dramatico (Vertrieb: Rough Trade).