Geschrieben am 8. Mai 2013 von für Musikmag

Savages: Silence Yourself

savages_silenceyourselfHeißer alter Scheiß

– Manchmal sollte man den Hypes im Musikbusiness einfach vertrauen, es steckt nicht immer eine Luftnummer dahinter. Jüngstes Beispiel sind Savages aus UK, eine All-Woman-Band, die in diesem Frühjahr so angesagt ist, dass nicht ein einziger kleiner Interview-Slot freigeblieben ist. Überall in Europa reißt man sich um die vier Frauen, die die Stärken und die Rohheit von Bands wie Joy Division oder Siouxie and The Banshees – Bands, an denen sich Savages tatsächlich orientieren und auf die sie sich ausdrücklich beziehen – in die Jetztzeit übertragen.

Savages machen nichts genuin Neues, aber sie machen es mit einer ungemeinen Energie. Dreh- und Angelpunkt ist das charakteristische Gitarrenspiel von Gemma Thomson, dazu die tief dröhnenden Bässe von Ayse Hassan und nicht zuletzt die ausdrucksstarke Stimme von Bandleader Jehnny Beth. An der Percussions fasziniert das konzentrierte Spiel von Fay Milton.

„I’m waiting for a sign“, schreit sich Beth von der Seele, aber alles, was ihr antwortet, ist eine schreiende Gitarre aus der Hölle. „Silence Yourself“ ist alles andere als eine ruhige Platte, aber trotzdem ist die Botschaft klar: Halt einfach mal den Rand und stoppe das ewige Geplapper. Auch wenn du dann zweifelsohne in ein tiefes Loch blickst, das du die ganze Zeit mit Gelaber zugeschüttet hattest. Halt sie aus, die Leere, und fülle sie mit etwas Neuem. Ungefähr so wie in diesem Alkoholikerdrama mit Christiane Hörbiger neulich.

Erster Hit der Band, die den Post Punk weltweit wieder klingen lässt, als sei es der neueste heiße Scheiß, der alle vernünftigen Menschen wieder mal retten kann, war das vorab ausgekoppelte „Husbands“, dessen kraftvoller Refrain noch lange im gedächtnis bleibt und das sofort auf den maßgeblichen Musikblogs hoch gelobt wurde. Savages sind zugleich komplett retro und total im Jetzt. Lesben-Beziehungen („She Will“) und auch ein starkes Plädoyer für S&M-Praktiken („Hit Me“) zeugen von der Unbedingtheit der Band, die einen rohen und unverfälschten Zugang zur Körperlichkeit nicht scheut.

Das Universum von Savages ist düster, kaum ein Spalt ist darin, der ein wenig Licht reinließe. Die Welt ist verdammt, die Menschheit am Arsch, zu viele Stimmen machen uns verrückt. Ihre Message haben Savages der Einfachheit halber auch gleich aufs Cover drucken lassen: „If the world would shut up/ even for a while/ perhaps we would start hearing/ the distant rhythm/ of an angry young tune/ and recompose ourselves“. Durchaus.

Tina Manske

Savages: Silence Yourself. Matador/Beggars Group (Indigo). Zur Homepage.

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