Geschrieben am 23. Juli 2014 von für Musikmag

Mohr Music Sommersampler

cafedelmarLässig am Pool

–Christina Mohr über ein paar mehr oder weniger gelungene Sommersampler.

Man tut ja den ganzen Sommer nichts anderes, als lässig um den Pool herumzuliegen. Ab und zu erhebt man sich vorsichtig, um entweder ins kühle Nass zu gleiten oder einen noch kühleren Cocktail an der Bar zu holen, um dann den Astralleib wieder auf der Loungeliege zu räkeln… oder etwa nicht??

Wer in den Monaten von Juni bis September aus welchen Gründen auch immer nicht dem LotterLuxusleben frönen kann, bekommt dank zweier aktueller Veröffentlichungen die Chance, an den Feierlichkeiten anlässlich des 20. Café del Mar-Samplers teilzuhaben, oder OhrenzeugIn dessen zu werden, was Frankfurter Bubb und DJ-Legende Sven Väth zuhause auflegt.

Vorwarnung: Beides ist ziemlich langweilig.

Auch wenn Café-del-Mar-Resident Toni Simonen mit 24 Titeln eine üppige Liste auffährt, ist seine jetztzeitige Vision von einer Sommernacht auf Ibiza eher Einschlaf- als Abfahrtsprogramm. Das kann man ihm kaum verübeln, schließlich will man in der spanischen Hitze ja wohl kaum mit 180 Bpm ‚rumprollen, sondern – siehe oben – beim Sonnenbad gut aussehen. Chillout = Abkühlung ist angesagt, also her mit dem Downtempo-Tracks mit möglichst wenig Spannung, Hektik oder Abwechslung. Auf den beiden CDs der XX-Jubiläumscompilation sind zwar populäre Namen wie Henrik Schwarz, Moby, Faithless, Morcheeba, Goldfrapp, Sébastien Tellier und M83 vertreten, fallen aber weder auf noch ins Gewicht. Das ist einerseits schön, weil man so gut wie nie freudig erregt aufspringen muss, weil man sich zu einem Track bewegen möchte; andererseits insgesamt auch von enormer Aussagelosigkeit. Will Café del Mar nun feiern oder nicht? Sollen die Leute sediert oder gar in den nächsten Club gelotst werden? Ganz klar wird der Ansatz dieses Samplers nicht, den nur ganz Hartgesottene, sprich von der Sonne weichgekochte Maristos von Anfang bis Ende durchhören werden.

Ähnlich soft und unaufdringlich kommt Sven Väths Ausgabe der „Coming Home“-Reihe daher, mit ein bisschen mehr Anspruch vielleicht: Beginnend mit dem norwegischen Jazz-Trompeter und „Poverty and it´s Opposite“ über Boards of Canada („Cold Earth“), Oneohtrix Point Never („Americans“) CocoRosie („Tears for Animals“) bis zum Berliner Neoklassik-Komponist und -Pianist Nils Frahm kann man sich mit etwas Phantasie und gutem Willen den editorischen/erzählerischen Bogen ausmalen, den sich Sven Väth hier ausgedacht hat. Trotz guter Einzelstücke verplätschert auch diese Compilation in Gänze zur Loungemusic-Tapete – und es verwundert nicht, dass das gediegene und nicht wirklich avantgardistische Designmagazin H.O.M.E. sein Logo auf dem Cover platzieren durfte.

pleaseJetzt aber Schluss mit der gepflegten Langeweile: PLEASE DON´T FREEZE! heißt die Devise beim inzwischen dritten Trikont-Sampler zum Themenkomplex Early Black Rock’n’Roll. In bewährter Manier von Jonathan Fischer zusammengestellt, zeigt PLEASE DON´T FREEZE! mittels 26 Tracks, von wem die weißen Jungs wie Elvis, Jerry Lee, Eddie undsoweiter gelernt haben: wilder, rauher, früher Rhythm’n’Blues mit Spuren von Gospel und Jazz von Ike & Tina Turner („I Idolize You“) über John Lee Hooker, Johnny Guitar Watson, Muddy Waters, Little Margie, Ruth Brown (sehr geil: „Mama, He Treats Your Daughter Mean“), Guitar Slim und anderen öffnet Ohren, Herzen, Hirne und verführt ohne Umschweife zum Rocken und Rollen. Songs wie „Spasms“ von Little Willie John oder „Wild Child“ von Donnie Elbert erklären mehr als ganze Enzyklopädien – learn your lessons dancing!
Einziges Manko: Das Booklet ist wie immer eloquent geschrieben und voller interessanter Details – nur die Entstehungszeit der vorgestellten Stücke sucht man vergebens. Vielleicht eine Idee für kommende Compilations?

Christina Mohr

Sven Väth: Coming Home (Stereo Deluxe).
Café del Mar XX / Compiled by Toni Simonen (2 CD/Café del Mar Music)
Please don´t Freeze! Early Black Rock’n’Roll III (Trikont)

Tags : , ,