Teufelsumarmung
–Lasset alle Hoffnung fahren und kommt ins Reich der Swans, wo die komplette Dunkelheit euch umhüllt und euch glücklich macht! Die Band mag zwar schon in den 80er-Jahren Erfolg gehabt haben, aber sie hat auf keinen Fall vor, sich darauf auch nur eine Minute lang auszuruhen und lediglich zu managen, wenn action gefragt ist. Nicht weniger als zwei Stunden lang dröhnt die neue, mittlerweile 13. Platte der US-Band aus den Lautsprechern, und dabei sind es „nur“ zehn Stücke, die man da zu hören bekommt – zwölf Minuten ist also Durchschnittslaufzeit pro Song.
Mastermind Michael Gira brüllt und krächzt sich die Seele aus dem Leib, als gäbe es nun wirklich kein Morgen. Man muss sie sich hart erarbeiten, diese Lust am Post-Postrock, aber ist man einmal damit durch, hat man großen „Spaß“. Am Stück gehört – und man kann diese Platte nur am Stück hören, weil man gar nicht von ihr loskommt – wirkt sie wie eine manische Teufelsaustreibung. Oder vielleicht eher: Teufelsumarmung. Vor zwei Jahren erschien mit „The Seer“ das Großwerk der Band, doch „To Be Kind“ steht dem Vorgänger nur wenig nach, auch wenn nun ein Baby statt eines Wolfes das Cover ziert (ob die Verbindung zwischen „kind“ und deutschem „Kind“ wohl absichtlich gesucht wurde?). Kinder indes können grausam sein, und so ist es ein „schöner“ und für das ganze Album stehender Moment, wenn Gira in „I’m Just A Little Boy“ um Liebe fleht und ihm ein Tragödien-Chor nur mit höhnischem Gelächter antwortet.
Als Gastsänger sind übrigens St. Vincent, Cold Specks und Little Annie mit von der Partie.
„To Be Kind“ ist herausfordernd, anstrengend, einnehmend, gefangennehmend, man kommt nicht als Der- oder Dieselbe wieder heraus. Swans schwanken zwischen Endzeitstimmung und Ekstase, und wir schwanken gerne mit. Eine der großen Platten des Jahres.
Tina Manske
Swans: To Be Kind. Mute (Goodtogo).