Geschrieben am 23. Februar 2013 von für Bücher, Crimemag, Film/Fernsehen

About Crime Fiction – Pick of the Week N° 17

pick handPick of the Week N° 17

– Seit Jahren bibliografiert, archiviert und kommentiert der Ehrenglauser-Preisträger Thomas Przybilka in seinem BoKAS (= Bonner Krimi-Archiv Sekundärliteratur) wissenschaftliche und publizistische Arbeiten aus aller Welt, die sich mit den unendlichen Facetten von Kriminalliteratur befassen. In unregelmäßig regelmäßigen Abständen erscheinen dann seine unschätzbar wertvollen Zusammenfassungen der aktuellen Sekundärliteratur, die jeder zur Kenntnis nehmen muss, der sich auch nur ein bisschen über seine Lieblingsliteratur kundig machen möchte. Ein solcher „Newsletter“ hat leicht einmal 160 bis 200 Seiten; deswegen empfiehlt CrimeMag unregelmäßig ein paar Titel aus dieser Fülle, die uns besonders bemerkenswert erscheinen.

34788335zBrand, Felix: Visueller Stil in den Edgar-Wallace-Filmen der Rialto/Constantin

Jeder Kinobesucher wusste „es ist unmöglich, von Edgar Wallace nicht gefesselt zu sein“, wenn das Maschinenpistolen-Stakkato die Titel der Edgar-Wallace-Filme in blutroter Farbe auf die Leinwand buchstabierte – ein Werbespruch, den der Goldmann Verlag prägte und der in den 60er Jahren vom Filmverleih Rialto/Constantin übernommen wurde. War dieser Slogan zunächst nur auf die (seit 1925) gedruckten Wallace-Krimis gemünzt, musste sich ab den ersten Wallace-Verfilmungen eine „simple“ Buchwerbung in etwas verändern, das nicht nur Wiedererkennungswert hatte, sondern auch den Kinobesucher fesselte – siehe: Maschinenpistolen-Stakkato. Und es war der Filmproduktionsbetrieb und Verleih Rialto/ Constantin, der in den 60er Jahren damit eine der langlebigsten und erfolgreichsten Kriminalserien für das Kino (später übernommen für das Fernsehen) etablierte. Felix Brand hat sich in seiner Arbeit mit der visuellen Umsetzung der Kriminalromane des Vielschreibers Edgar Wallace und deren filmischer Gestaltung auseinandergesetzt. Ausgewählt dafür hat er sich natürlich die Highlights und Publikumsmagneten der Wallace-Filme: „Die toten Augen von London“, „Das Gasthaus an der Themse“, „Das indische Tuch“ und „Der Hexer“. Er betrachtet kritisch das Setting, die Lichtgestaltung, die Kameraführung und die Montage in den Filmen. Neben einem überschaubarem Literaturverzeichnis rundet eine Edgar-Wallace-Filmografie seine Analyse ab.

Inhalt: Einleitung / Analyse von Mise-en-scène, Kameraführung und Montage in vier ausgesuchten Schwarzweißfilmen Alfred Vohrers / Tabellarische Zusammenfassung der zentralen visuellen Gestaltungsmittel der Edgar-Wallace-Filme / Visuelle Vorbilder der Edgar-Wallace-Serie / Fazit / Edgar-Wallace-Filmografie / Literaturverzeichnis.

Felix Brand, Dipl.-Kult. mit Schwerpunkt Medienästhetik in Film/Fernsehen, Studium der Szenischen Künste an der Stiftung Universität Hildesheim.
Brand, Felix: Visueller Stil in den Edgar-Wallace-Filmen der Rialto/Constantin. Eine Analyse der deutschen Kriminalfilmserie von 1959-1972 am Beispiel von vier ausgesuchten Schwarzweißfilmen Alfred Vohrers. 2012, 72 Seiten. AV Akademikerverlag. 978-3-639-38696-7. 36,00 Euro.

Pick

 

herrlichinkorrektDell, Matthias: „Herrlich inkorrekt“. Die Thiel-Boerne-TATORTE

In der Zuschauergunst dürfte der Münsteraner Tatort wohl einen der ersten Plätze einnehmen. Axel Prahl gibt als Frank Thiel den mürrischen Kommissar, gekleidet in St. Pauli-T-Shirt und kurzen Hosen, die Wurststulle und Flaschenbier einem Mehrgänge-Meü vorzieht. Ganz im Gegensatz dazu Gerichtsmediziner Professor Karl-Friedrich Boerne, den Jan Josef Liefers als schnöseligen und schöngeistigen Bonvivant anlegt. Ja, der eine oder andere Zuschauer mag sogar etwas Literaturunterricht in Sachen deutsche Heldensagen erfahren haben, wenn Boerne seine Sektionsassistentin Silke Haller (Christine Urspruch) wegen ihrer Körpergröße mit „Alberich“ tituliert. Ergänzt wird dieses Dreigestirn der „politischen Inkorrektheit“ durch den taxifahrenden und stets kiffenden Vater des Kommissars, Claus D. Clausnitzer als Herbert Thiel, und die Kettenraucherin Mechthild Großmann als Staatsanwältin Wilhelmine Klemm – beide halten den Ermittler und den Rechtsmediziner auf Trab. Die Zuschauergunst dürfte dieser TATORT wegen des Versuchs aller Beteiligten, Kriminalfilm und Krimiparodie unter einen Hut zu bringen, errungen haben. Inzwischen sind es zehn Jahre, in denen das ungleiche Paar Liefers und Prahl in Münster ermitteln. Matthias Dell hat im zweiten Band der Reihe „Ermittlungen in Sachen TATORT“ einen Blick auf diesen TATORT aus Münster und die dort transportierte „PC“ oder besser „politische Inkorrektheit“ geworfen.

Inhalt: Was der TATORT ist. Was der TATORT Münster ist (Axel Prahl als Frank Thiel / Jan Josef Liefers als Karl-Friedrich Boerne / ChrisTine Urspruch als Silke „Alberich“ Haller / Mechthild Großmann als Wilhelmine Klemm / Claus D. Clausnitzer als Herbert Thiel / Friederike Kampter als Nadeshda Krustenstern / Oliver Bokern als Bernd Bulle). Was „PC“ ist (Erfolgsrezept (2): Versteht sich von selbst / Erfolgsrezept (2): Muss missverstanden werden können). Was „PC“ aus Münster macht (Explicit lyrics: „Politisch korrekt“ / Die gute, alte Zeit / 1968 ff. / FC St. Pauli / Das N-Wort / „Alberich“ / Epilog). Anmerkungen. Index TATORT-Folgen. Index Film- und Fernsehtitel

Matthias Dell studierte Komparatistik und Theaterwissenschaft in Berlin und Paris und arbeitet als Kulturredakteur bei der Wochenzeitung „Der Freitag“, dort schreibt er jeden Sonntag eine TATORT-Diskussionsgrundlage für die Online-Ausgabe. Außerdem freie Mitarbeit bei „epd Film“ und „Cargo – Film/Medien/Kultur“ sowie Autor der werktäglichen Medienkolumne „Altpapier“ auf evangelisch.de.
Dell, Matthias: „Herrlich inkorrekt“. Die Thiel-Boerne-TATORTE. 2012. 136 Seiten. 24 s/w Fotos. Bertz + Fischer Verlag (Ermittlungen in Sachen TATORT, Bd. 2). 3-86505-709-8 / 978-3-86505-709-9. 9,90 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.

Pick

 

image.phpDiederichsen, Diedrich: The Sopranos

Eine kleine, aber feine Reihe ist die „booklet“-Sammlung des Diaphanes Verlags (Zürich & Berlin). Die schmalen, dafür aber gehaltvollen Bändchen transportieren anspruchsvolle Hintergrundtexte zu ebenso anspruchsvollen TV-Serien: „booklet liefert nach, was in den DVD-Boxen fehlt: Lektüren zur Serie“, so die Werbung des Verlages. Jetzt liegt die 2. Staffel der „booklet“-Ausgaben vor (s.a. Daniel Eschkötter und Dominik Graf). Die Süddeutsche Zeitung bemerkte zur Reihe „booklet“: „… Denkmal für eine neue popkulturelle Gattung …“. Ebenso anspruchsvoll wie die TV-Serien sind die Einlassungen der Autoren dieser Reihe. Es lohnt sich daher also, vor dem Einschalten des DVD-Players erst noch einmal einen längeren Blick in die Ausgaben der diaphanes booklet-Reihe zu werfen:

Kommt ein Mann zum Psychiater. Doch wird kein Witz daraus und auch keine erfolgreiche Therapie. Der verantwortungsvolle Familienvater bringt seine Familie heute nicht mehr ohne Panikattacken und Gewaltverbrechen durchs Leben. Die Kinder sollen auf ein gutes College, die Ehefrau hat kulturelle Ambitionen. Die erste und erfolgreichste unter den sogenannten Qualitätsserien registriert nicht nur die inneramerikanischen Kulturkämpfe, sondern ebenso empathisch wie sarkastisch auch den Niedergang der Mittelklasse – am Beispiel der Mafia von New Jersey.

Inhalt: Mr. Ruggerio’s Neighborhood / Join the Club / All Due Respect / Denial, Anger, Acceptance / 5 Anspieltipps

Diedrich Diederichsen lehrt Theorie, Praxis und Vermittlung von Gegenwartskultur an der Akademie der Bildenden Künste, Wien.
Diederichsen, Diedrich: The Sopranos. 2012. 111 Seiten. Diaphanes Verlag (booklet), 3-03734-211-0 / 978-3-03734-211-4. 10,00 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.

Thomas Przybilka

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