Geschrieben am 13. Februar 2004 von für Bücher

Andrew Vachss: Born Bad

Rosskur des Bösen

Andrew Vachss weiß, wovon er schreibt: Der 1944 geborene Amerikaner hat Stationen als Sozialarbeiter, als Leiter eines Hochsicherheitsgefängnis für jugendliche Straftäter und als Jurist durchlaufen: Gewalt und Verbrechen stellten sein alltägliches Brot dar.

In „Born Bad“ bietet uns Andrew Vachss so auch ein grelles Kaleidoskop des Bösen in all seinen Formen: Wir begegnen Massenmördern, Psychopathen, Spielern, Huren, korrupten Cops, Losern und Verdammten. In der titelgebenden Auftaktstory präsentiert Vachss das Psychogramm eines Massenmörders, der seinen Opfer – ausschließlich Frauen – das Herz herausschneidet. Die Ermittler arbeiten zusammen mit einen Psychologen fieberhaft an einem Profil und versuchen die Motive zu analysieren, die vom Täter ad absurdum geführt zu werden scheinen: „Ich bin böse aus dem Schoß meiner Mutter gekrochen.“ Doch schließlich erfahren wir in diesem wie auch in vielen anderen Fällen, dass „jene, die sie als Täter bezeichnen, als jene begannen, die sie Opfer nennen würden.“

Vachss ist hautnah dran an seinen Figuren, erzählt oftmals aus der Ich-Perspektive – ohne Augenzucken, Innehalten und Ausholen sind seine Stories und Szenen straight wie ein amerikanischer Highway und bis auf das äußerste reduziert. Sie enden in starken, oft nur vage angedeuteten Pointen zwischen Hardboiled und Horror. „Kurzgeschichtenschreiben ist wie ein Kampf in einem sehr kleinen Ring“ meint Vachss und stellt eben diese Kunst eindrucksvoll unter Beweis.

Andrew Vachss taucht in das Böse nicht um des Bösen willen oder gar um der Provokation willen ein – seine Stories sind eine Rosskur, eine Katharsis, an dessen Ende die Hoffnung auf eine bessere Zukunft steht. Nach einer tiefen Fahrt in düstere Underground-Szenarios, die nach dem „Großen Schrecken“, der atomaren Apokalypse, spielen, ist die letzte Geschichte so auch mit „Ins Licht“ betitelt. In ihr wird eine Utopie der Menschlichkeit beschrieen, in der der „gute Grund“ aus dem Andrew Vachss schreibt, plakativ zutage tritt: „Komm nach Draußen, Schwester. Komm ins Licht. Wir fangen noch mal von vorne an.“

Karsten Herrmann

Andrew Vachss: Born Bad. Stories. Eichborn, 218 S., 18,90 Euro. ISBN 3-8218-0923-X