Wumbaba reloaded
„Männer haben Schwerdienst leicht / außen hart und innen geeicht“. Petra Vesper über eine willkommene Fortsetzung.
Fortsetzung folgt: Im Kino ist einem Sequel nur in seltenen Fällen Erfolg vergönnt. Der Versuch, einen einmaligen Hit fortzuschreiben zu einer Dauerbrenner-Reihe, scheitert oft genug kläglich – und spätestens den dritten Mission-Impossible-Film braucht dann niemand mehr.
Auch in der Bücherlandschaft sind erfolgreiche Reihen Mangelware – sieht man vom Phänomen Harry Potter einmal ab. Dass der „Neger Wumbaba“ in diesem Jahr nun eine Fortsetzung erlebt, liegt weniger an dem Autoren-Zeichner-Duo Axel Hacke und Michael Sowa denn an der Resonanz der Leser. Nach dem Überraschungs-Erfolg von Der weiße Neger Wumbaba aus dem Jahre 2004 erhielt Hacke in Briefen und nach Lesungen jede Menge weitere Beispiele für abstruse Verhörer bei Liedern. Denn genau darum geht es auch im „zweiten Handbuch des Verhörens“: Darum, dass man gesungene Liedtexte gerne mal falsch versteht und diese falsche Version so in sich aufnimmt, dass man irgendwann ganz überrascht ist, wenn man den „richtigen“ Text erfährt. Meist sogar, so die These von Axel Hacke, seien die falsch gehörten Texte ohnehin die besseren. So, wie bei der Verballhornung des Matthias-Claudius-Liedes, dem der „weiße Neger“ wie aus einem Nebel entstieg. Heißt es dort im Original „… und aus den Wiesen steiget / der weiße Nebel wunderbar“, hörte ein namenloser Besucher einer Hacke-Lesung daraus lange Jahre „…und aus den Wiesen steiget / der weiße Neger Wumbaba“ – die „radikal poetische“ Figur war geboren und lässt seitdem weder den Autor und Journalisten Hacke noch seine Leser los: Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurück ist also im besten Sinne des Wortes das Buch seiner Leser – und der Erfolg dürfte damit vorprogrammiert sein.
Denn wenn Hacke sein „Rollköfferchen“ des Verhörens öffnet, dann sind darin bislang so unentdeckte Orte wie in Udo Jürgens’ Zeilen „Ich war noch niemals in Mahjork, ich war noch niemals in Geweih“, die der Phantasie eines kleinen Jungens entspringen; Wunderwesen wie der „Schlächter Müller“ tummeln sich in dem bekannten Volkslied „Das Wandern ist des Müllers Lust“ oder Tiere entwickeln ganz ungeahnte Vorlieben, wie etwa, wenn bei dem Stimmungsschlager „An der Nordseeküste“ aus der Zeile „…sind die Fische im Wasser und selten an Land“ dank eines akustischen Missverständnisses „… sind die Fische im Wasser und zelten an Land“ wird. Ganz besonders großartig aber ist „Hackes Hitparade der deutschsprachigen Verhörsänger“, auf der – wen wundert’s – Herbert Grönemeyer seine Mitkonkurrenten wie Peter Maffay, Xavier Naidoo oder die Kölschrocker von BAP abgeschlagen weit hinter sich lässt. Grönemeyer ist für ihn „Der King of Wumbaba“ – der dank seiner Nuschelstimme Verhörer wie „Männer haben Schwerdienst leicht / außen hart und innen geeicht“ („Männer“) oder „Sein Schamhaar liegt in meinem Bett“ („Was soll das?“) provoziert. Wer allerdings im Grönemeyer-Song „Bochum“ nach den Zeilen „Bochum ich komm aus dir / Bochum, ich häng an dir“ ein „Afrika, Afrika“ hört, der kommt mit Sicherheit nicht aus dem Ruhrpott. Denn hier wissen wir, das kann nur „Auf, Glück auf“ heißen – auch, wenn’s sich ganz anders anhört…
Ein herrlich-komisches, zutiefst menschliches Buch, das dem Leser einige heitere Stunden beschert. Und weil man Hörfehler nun mal besser hören als lesen kann, ist Der weiße Neger Wumbaba parallel auch als Hörbuch bei Kunstmann erschienen.
Petra Vesper
Axel Hacke: Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurück. Mit Illustrationen von Michael Sowa. Kunstmann. 70 Seiten. 8,90 Euro.
Axel Hacke: Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurück. Antje Kunstmann Verlag 2007. Audio-CD. Laufzeit ca. 50 Minuten. 14,90 Euro.