Geschrieben am 26. November 2011 von für Bücher, Crimemag

Bloody Chops

Bloody Chops

– heute von Thomas Wörtche (TW) und Christian Koch (CK)

Mörder, begeistert

(TW) Es gibt sie noch, die wunderbaren, miesen, gemeinen kleinen Kriminalromane. „Aus der Spur“, das Debüt von Gregory Smith, ist so einer. Kein unsterbliches Meisterwerk, aber ein richtig feines Buch mit Witz und Verstand. Und einem Mörder, der wirklich gute Gründe hat zu morden und dabei richtig fröhlich und engagiert zur Sache geht. Er ist Autoverkäufer und den Launen seiner Kundschaft ausgesetzt. Immer nur lächeln, wenn allerlei deviante, brave Bürger das „Dienstleistungsparadies“ USA volle Kanne ausnutzen und die Dienstleister bis aufs Blut schikanieren, die bei jeder gemeinen Demütigung dennoch fröhlich und engagiert bleiben sollen. Dazu ein schräger chinesischer Cop und ein aus dem Polizeidienst ausgeschiedenes Profiler-Genie, die zwar aus ihrer medialen Herkunft kein Bohei machen, aber durchaus genug Ironie und Sarkasmus aufbringen, ohne je witzisch zu werden. Und sinistre Kommentare aus den amerikanischen Provinzen (hier: Delaware) haben schon immer grundsätzliche Gültigkeit, wenn die Bücher nur genau genug beobachtet sind, siehe Donald Westlake, siehe Elmore Leonard. So weit ist Gregory Smith noch nicht ganz, aber einen erfreulichen Trend zum schwurbelfreien Erzählen kann man schon sehen.

Gregory Smith: Aus der Spur (Final Price, 2010). Roman. Deutsch von Katharina Maier. München: Heyne 2011. 384 Seiten. 8,99 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.

Nichts Halbes und nichts Ganzes …

(CK) Im Vergnügungsviertel von Oslo begegnet der junge Kriminalreporter Erik Erfjord 1934 zum ersten Mal dem geheimnisvollen „Spinnenmann“. In Begleitung eines Schulfreundes von Erfjord wird er als deutscher Regisseur vorgestellt, der einen Roman von Knut Hamsun verfilmen will. Unter einem anderen Namen taucht der „Spinnenmann“ kurze Zeit später als Kunstsammler auf. Schnell ist Erfjord klar, dass es sich um Reinhard Heydrich handelt, damals Chef der bayerischen Polizei und SS-Gruppenführer. Heydrich ist auf der Suche, aber der Suche wonach?

Ziemlich schnell kommt einiges an kriminellem Inhalt zusammen: Brandstiftung, Mord, Versicherungsbetrug, ein mysteriöses Gemälde, Einschüchterung und dies alles vernetzt durch den „Spinnenmann“ Heydrich. Aber genau dieses Viele ist zuviel. Diverse Figuren werden kurz eingeführt, verschwinden aber genauso schnell wieder aus dem Roman. Zu wenig Tiefe, zu wenig Grund. Bekannte Persöhnlichkeiten aus der Olsoer Geschichte tauchen natürlich auch auf. Sven Elvestad zum Beispiel. Der wohl legendärste Kriminalreporter Norwegens sowie Autor sehr populärer Kriminalromane und fasziniert vom rechten Gedankengut. Aber auch hier wieder nur ein Anriss dieses Menschen bzw. seiner Geschichte. Spätestens ab jetzt nervt diese Oberfächlichkeit zunehmend. Eine zart beginnende Liebesgeschichte (natürlich unglücklich verlaufend) tut ihr Übriges.

Der Plot ist schlichtweg nicht stark genug, um diese Oberflächlichkeiten noch mitzutragen oder gar vergessen zu machen. So rollt die Geschichte auf ihr Ende zu. Das ist spektakulär, rettet aber auch nur noch Punkte in der B-Note.

Fazit: Das Cover sagt eigentlich alles aus: Grau mit einer menschlichen Silhouette und grobkörnig …

Terje Emberland & Bernt Rougthvedt: Der Spinnenmann (Edderkoppen, 2010). Roman. Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann. Berlin: Osburg Verlag 2011. 287 Seiten. 19,95 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.

Grüß Gott!

(TW) Ist der süß, der kleine Tod. Auch wenn er, was seines Amtes ist, als „Handlungsreisender in finaler Angelegenheit“ unterwegs ist. Und wenn er’s manchmal schon schwer hat. Uneinsichtige Kundschaft, betrübliche Missverständnisse, unbefriedigendes Sozialleben, selbst wenn er sich unter Edward Hoppers Nighthawkes mischt oder wenn aus Fußbällen in seiner Nähe die Luft entweicht. Der kleine Tod in seinem korrekten schwarzen Anzug, seinem Köfferchen und der coolen Sonnenbrille, charmiert sich durch; immer ein nettes Lächeln, immer eine letale Bosheit, immer höflich den Hut gelupft. Ach ja, man kann sich gar nicht sattsehen, an seinem Werken und Treiben …

(Thomas) Kriebaum: Kleiner Tod. Cartoons. Wien: Luftschacht 2011. 96 Seiten. 15,60 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.