Ein visuelles Geschichtsbuch
Das DDR-Handbuch
„An instant classic“, ein Klassiker schon bei Erscheinen, das ist das enzyklopädische „DDR-Handbuch“ des Wendemuseums aus Los Angeles. 13 Jahre nach dem Fall der Mauer in Culver City, Kalifornien, gegründet, beherbergt es eine der weltweit größten Sammlungen mit Artefakten aus der DDR. Mehr als 2.000 Gegenstände daraus präsentiert dieses handschmeichlerische Buch mit Flexibindung auf über 800 Seiten. Es ist der bislang umfassendste Überblick über die visuelle und materielle Kultur der DDR: Designobjekte und Alltagsgegenstände, Propaganda und Werbung, Mode und Privates, Staatstragendes und Dissidentes, Skurriles und Tragisches – und das zu einem Spottpreis angesichts von Umfang und Qualität. (Der Band ist die Volksausgabe einer XL-Version von 2014, nur ein international so gut aufgestellter Verlag wie Benedikt Taschen kann solche Projekte und solche Preise stemmen.)
Was wir sehen ist luxuriös und gewöhnlich, hässlich und schön, handgefertigt und maschinell produziert, ist persönlich und offiziell, ist Alltag und Besonderheit, ist gewöhnlich und außerordentlich. Alles rund um den Lebensmitteleinkauf, Kochbücher, Rezepthefte, Speisekarten (klare Klassenunterschiede hier, nicht nur bei der „Woche der russischen Küche“), Brigadebücher, Kataloge, Broschüren, Formulare, Werbung, Bierdeckel, Getränkeetiketten, Zigarettenschachteln. Möbelkataloge, Kondomaten, Aufklärungsbroschüren, Nierentische, Leuchten, Stühle. Toilettenartikel, Seifen, Haushaltswaren, Geschirr, Waschmittel, Plaste und Elaste, Spielzeug, das Sandmännchen, Modellbaukästen, Renate Müllers Stofftiere, Kunsthandwerk, Kleidung, Textilien, Radios, Robotron-Computer, 33 Seiten über Schallplatten (auch das Label Amiga natürlich dabei), Theater-, Kino- und Konzertplakate, die Zeitschrift „Das Magazin“, die DEFA, zwölf Seiten über den Palast der Republik, Erotika, Lotto, Camping, umfangreich der Sport, Verkehrsmittel, Autos, Landwirtschaft, Produktion und Bergbau, die Leipziger Messe, Parteitage, Paraden und Festivals, Gedenkteller, Büsten und Denkmäler, Junge Pioniere, die FDJ, Zivilverteidigung und Volksarmee, Vopos, die Mauer, Checkpoint Charlie, Übungsblätter zum Erkennen von Gesichts- und Körpermerkmalen und ein eigenes Kapitel zum Verhältnis der DDR zu Amerika.
Eine überlegte Gliederung, sorgsame Bildtexte und kurze Themeneinführungen von DDR-Experten aus Europa, Kanada und den USA machen das Buch überaus brauchbar. Soviel DDR auf solch kompaktem Platz, das macht Spaß. Und ist längst nicht nur für Ostaliker.
Justinian Jampol (Hg.): Das DDR-Handbuch. Die DDR-Sammlung des Wendemuseums (Neuausgabe von Beyond the Wall, 2014). Verlag Benedikt Taschen, Köln 2017. Flexicover, in Leinen gebunden, mit Leseband. Format 16,5 x 24 cm, mehrsprachige Ausgabe: Deutsch, Englisch. 816 Seiten, 29,99 Euro. Verlagsinformationen.