Geschrieben am 15. Mai 2006 von für Bücher, Litmag

Elke Naters: Justyna

Ziellose Lebensgier

Mit „Justyna“ hat Elke Naters, einstige deutsche Pop-Literatin par excellence, einen schnellen, harten und auch provokativen Roman vorgelegt, in dem nichts mehr vom einstigen Zauber der Pop-Kultur wiederzufinden ist. Es bleibt eine ziellose, verzweifelte Lebensgier.

Naters erzählt – mit offensichtlichen autobiographischen Übereinstimmungen – die Lebensgeschichte ihrer Protagonistin Justyna. Mit sechszehn will diese sich das Leben nehmen, weil sie glaubt, sie wäre schwanger, mit siebzehn geht sie von der Schule ab, jobbt in einer Fabrik und fliegt nach Jamaika, wo sie einen halluzinatorischen, süß-bitteren Tropen-Trip erlebt. Zurück in Deutschland geht die Geschichte weiter mit vielen Partys, Alkohol, Drogen und explizitem Sex – es ist ein Rausch, eine ständige Suche und Getriebenheit mit nur selten aufblitzender Liebe und Geborgenheit. Elke Naters erzählt in harten (Jahres-) Schnitten und in einem hämmernden Stakkato-Stil. Sie rast an der kalten Oberfläche der momentanen Empfindungen und Wahrnehmungen ihrer Protagonistin entlang und verzichtet weitest gehend auf (psychologische) Erläuterungen. Eine Entwicklung findet nicht statt und die Protagonistin kreiselt verzweifelt um sich selbst – sei es als Teenagerin oder später als Assistentin eines Galeristen und als Künstlerin oder schließlich als Ehefrau mit zwei Kindern. In dieser letzten Phase droht der Roman auch fast in der Schilderung des tagtäglichen Familien-Einerleis und –Klein-Kleins zu versanden, um dann aber im fernen Kapstadt mit einem, auf den Anfang zurückweisenden Finale dramatisch zu enden.

Karsten Herrmann

Elke Naters: Justyna. Kiepenheuer & Witsch, 237 S., 18,90 Euro.