Ein Weltbürger – Erinnerung an Dag Hammarskjöld
Am 18. September vor fünfzig Jahren starb der damalige UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld bei einem Flugzeugabsturz im heutigen Sambia. Bis heute sind die genauen Umstände, vor allem die Hintergründe dieser Katastrophe nicht geklärt. Verschwörungstheorien über einen Komplott des amerikanischen Geheimdienstes sind immer noch nicht endgültig widerlegt. Aber letztlich ist die Ursache des Flugzeugunglücks, dem auch Hammarskjöld zum Opfer fiel, nicht mehr sonderlich interessant.
Viel entscheidender für die Nachwelt ist eine bleibende Erinnerung an jenen legendären schwedischen Diplomaten, der vielleicht wie nur wenige nach ihm das repräsentierte, was viele gerne sein möchten aber dann doch nie werden: ein „Weltbürger“ . Hammarskjöld war ein Mann, der aus einer tiefen Verwurzelung in seine schwedische Herkunftskultur eine Verpflichtung für sich sah, etwas „für die Welt“ zu tun. In einer heute kaum noch vorstellbar diskreten und sich selbst zurücknehmenden Weise war er zunächst als Politiker in Schweden, später dann als Diplomat seines Landes und auf dem Höhepunkt seiner Karriere als UN-Generalsekretär für die „Weltgemeinschaft“ tätig.
Liest man den jetzt zum 50. Todestag von Hammarskjöld herausgegebenen Sammelband mit Texten von Kennern seines Lebens und seiner Idee, dann muss er ein wirklich beeindruckend bescheidener und gleichzeitig kompetenter Mensch und „Weltbürger“ gewesen sein. Nichts war bei ihm spürbar von dem heutigen Glitter und Vip-Getue, keine Spur von Korruptionsverdacht, kein aufgeblasenes Pathos bei Sonntagsreden oder in Wahlkämpfen.
Einen Dag Hammerskjöld kann man sich auf aufgemotzten „Charity-Events“ für irgendwelche Weltrettungsideen überhaupt nicht vorstellen. Er gehörte noch einer Politikergeneration an, die auf eine strenge Trennung zwischen ihrem Privatleben und ihrem öffentlichen Auftreten Wert legte. Ob ein Hammarskjöld diese Diskretion aber auch in einer Zeit hätte aufrechterhalten können, in der riesige Medien-Networks ununterbrochen das Leben von Politikern ausleuchten, kann man bezweifeln.
Jenseits aller Spekulationen um sein Privatleben und die Ursachen seines Unfalltodes, bleibt auf jeden Fall eine zu bewahrende Erbschaft von Dag Hammarskjöld. Antoine de Saint-Exupèry, der von ihm sehr geschätzte französische Schriftsteller, hat dieses Bekenntnis sehr gut in Worte gefasst:
„Größe entsteht zuerst – und immer – aus einem Ziel, das außerhalb des eigenen Ichs gelegen ist.“ Dass der kleine, aber ungemein produktive, vor allem konsequent weltoffene Verlag „Brandes & Apsel“ diesen schmalen Erinnerungsband an einen der bedeutendsten ‚Weltbürger’ des 20. Jahrhunderts herausgegeben hat, verdient großes Lob.
Carl Wilhelm Macke
Manuel Fröhlich/ Helmut Klumpjan/ Henning Melber: Dag Hammarskjöld – Für eine friedliche Welt – Ideen und Impulse des zweiten UN-Generalsekretärs. Brandes & Apsel-Verlag 2011. 159 Seiten.