Geschrieben am 11. Juli 2009 von für Bücher, Crimemag

Ian Rankin: Der Mackenzie Coup

Stillos

Ian Rankin versucht mit „Ocean’s Eleven“ und „Thomas Crown“ zu konkurrieren. Ähnlichkeiten sind gewollt und das merkt man dem Roman auch an. Jörg von Bilavsky ist ein wenig angefressen …

Ian Rankin kann sich vor Krimipreisen kaum retten. Mit seinem neuesten Werk wird er allerdings wohl leer ausgehen. Zu fantasielos das Sujet, zu durchschaubar der Plot, zu charakterlos die Figuren. Aber der Reihe nach. Das Sujet: Kunstraub. Sicher, endlich mal kein Mord, keine Vergewaltigung, keine Terrorattacken. Aber wer hätte nicht schon einmal von gefälschten Kunstwerken gehört, die von pfiffigen Dieben gegen echte ausgetauscht worden sind. Erst jüngst kam der Verdacht auf, in der Bonner Bundeskunsthalle stünden gefälschte Meisterwerke des italienischen Künstlers Amedeo Modigliani. Nichts Genaues weiß man noch nicht, aber dass beinah jedes zweite Kunstwerk gefälscht sein könnte, vermuten Kriminalisten schon seit Längerem.

Also wenn das Sujet schon nicht zieht, wie sieht es dann mit dem Plot aus? Da treffen sich drei unbescholtene Bürger auf einer Kunstauktion. Der eine Software-Millionär im vorzeitigen Ruhestand, der andere Banker im mittleren Management und der dritte Kunstprofessor mit baldigem Pensionsanspruch. Mike Mackenzie, Allan Cruikshank und Professor Gissing, die aus Langeweile, Gier und ihrer Liebe zu den Klassikern der schottischen Kunstgeschichte mal was ganz Verbotenes tun wollen. Und zwar ohne Gewalt, aber mit Grips. So beschließen sie, den ebenso bekifften wie begnadeten Kunsteleven Westie mit sieben Fälschungen zu beauftragen. Fälschungen von Bildern, die abseits des Stadtzentrums in Depots verschwinden, weil die Museen keinen Platz mehr an den Wänden haben. Nichts also könnte unauffälliger sein, als am „Tag der offenen Tür“ das Lager zu stürmen, die echten Kunstwerke unter die Arme zu klemmen und auf der Flucht die falschen in einem parkenden Lieferwagen zurückzulassen. Die Museen bestellen einen manipulierten Gutachter, der die Echtheit der Gemälde bestätigt und alles ist wieder gut.

Kein Blutbad nirgends …

Doch auch der genialste Plan funktioniert nicht ohne Gewalt. Und genau da fangen nach dem scheinbar geglückten Mackenzie-Coup die Schwierigkeiten an. Schließlich hat Mackenzie den Edinburgher „Mafioso“ Chib Calloway mit ins Boot der Gentlemandiebe geholt, damit er ein paar Waffen, einen geklauten Transporter und vier Schmierensteher beisteuert. Chib, ein Prolet in seinen Umgangsformen, aber in Sachen Kriminalität ein Profi. Aber doch nicht Profi genug, als dass er die Tricks und Kniffe des wahren Mastermind wirklich durchschauen würde. Aber damit steht er auf einer Stufe mit den meisten seiner kunstsinnigen Komplizen. So der Clou der Geschichte, die auf ein grausames Blutbad zusteuert, aber am Ende doch nur lächerlich wirkt.

Denn die unbedarften Kunsträuber begehen einen unglaubwürdigen Fehler nach dem anderen. Sie ziehen immer mehr Leute ins Vertrauen und verplappern sich gegenüber Freunden und dem ebenso ehrgeizigen wie durchschnittlich begabten Inspector Ransome. Aber viel schwerer wiegt, dass sie schon wenige Stunden nach der Tat jämmerliches Fracksausen bekommen. Zuerst und dauerhaft das Weichei Allan, der seine Meisterwerke am liebsten wieder ins Museum zurückschleppen würde. Dann Mike, der scheinbar vom biederen Unternehmer zum Profikriminellen mutiert, zwischenzeitlich der Verzweifelung nahe ist, um sie letztlich mit furchtloser Ironie zu bekämpfen. Aber genau dieses Scherzen wirkt aus dem Munde eines Möchtegern-„Crowns“ ebenso unpassend wie gewollt. Im Angesicht des Todes spuckt er nicht nur Blut, sondern auch noch lockere Sprüche, mit denen er sich und seine ebenso „coole“ Freundin retten möchte. Am Ende möchte man gar dem unsympathischen DI Ransome beipflichten und aufatmend sagen: „Genug Melodram für heute.“

Sollte aber Rankins Krimi eine Persiflage auf die Heist-Movies von Soderbergh und Jewison sein, dann hat er diesen Coup genauso gründlich vermasselt wie Mike Mackenzie. Vielleicht hatte der auf Erfolg abonnierte Autor sogar ähnliche Motive wie seine Romanfigur. Eventuell war er also einfach nur „gelangweilt, verwöhnt, verblendet und habgierig“.

Jörg von Bilavsky

Ian Rankin: Der Mackenzie Coup (Doors Open, 2009). Roman. Deutsch von Ditte und Giovanni Bandini. München: Goldmann Verlag 2009. 384 Seiten. 17,95 Euro.