Das dunkle Vermächtnis
– John Connolly ist der erste irische Autor, der den Shamus Award for Best First Private Eye Novel (für den Roman Every Dead Thing) gewann. Zugleich war dieser Roman auch für den Bram Stoker Award for Best First Novel nominiert. Seine Romane um den Ex-NYPD-Cop Charlie „Bird“ Parker changieren also zwischen Kriminal- und Horrorliteratur. Beide Weltentwürfe durchdringen sich von Roman zu Roman stärker. Ein interessanter Autor, findet Claus Kerkhoff.
„Der Pakt der Liebenden“ von John Connolly ist ein ungewöhnlicher Kriminalroman. Kein Meisterwerk, aber seine Handlung ist unglaublich: Unter dem Deckmantel einer Privatdetektivgeschichte erzählt Connolly einen übernatürlichen, dämonischen Plot.
Sein Protagonist Charlie „Bird“ Parker ist ein Ex-NYPD-Cop, der nach der Ermordung seiner Familie als Privatdetektiv arbeitet und es immer wieder mit ungewöhnlichen Kriminalfällen zu tun bekommt.
Verstärkten in den früheren Charlie „Bird“ Parker-Romanen übernatürliche Elemente lediglich den Eindruck einer alptraumhaften Welt, in der Bird in die Tiefen der Finsternis herunter steigen muss, um für die Schuld an der Ermordung seiner Frau und Tochter zu büßen, so enthüllt Connolly in seinem neuen Roman eine dämonische Welt, die dicht unter der dünnen Schicht unserer aufgeklärten Realität lauert.
Tiefe Schichten …
Sein Vater hatte, als Charlie Parker noch ein Kind war, ein junges Liebespaar getötet und sich danach erschossen. Jahrelang hatte Parker nach einer Erklärung für diese Tat gesucht, aber er war nur auf eine große Mauer des Schweigens gestoßen. Jetzt, da man ihm seine Privatdetektiv-Lizenz abgenommen hat und er keine weiteren Fälle bearbeiten kann, kehrt er nach New York zurück, um die Sache aufzuklären. Seine Recherchen wecken die Gespenster seiner Vergangenheit und führen ein den Tod bringendes dämonisches Pärchen auf seine Spur.
Charlie „Bird“ Parker ist kein sympathischer Protagonist. Er ist gewalttätig, brutal und in der Wahl seiner Mittel nicht wählerisch. Er ist Jäger, Richter und Henker in einer Person. Er sieht sich als ein Racheengel, vom Schicksal auserwählt, Verbrecher zu bestrafen – notfalls mit brutaler Gewalt und losgelöst von rechtsstaatlichen Grundsätzen. Darin wird er von einer geheimnisvollen speziellen Abteilung des FBI unterstützt, die ihn vor den Konsequenzen der Überschreitung legaler Grenzen schützt.
Multiperspektivisch
John Connolly erzählt aus mehreren Perspektiven. Da ist zum einen eine junge Frau, deren Liebhaber plötzlich unter rätselhaften Bedingungen ums Leben kommen. Da ist zum anderen ein Journalist, der über die alten Fälle von Parker gestolpert ist und daraus einen Bestseller machen möchte. Und da sind Parkers Recherchen, die ihn zu vertrauten Personen aus der Vergangenheit seines Vaters führen, die ihm das Geheimnis seiner Herkunft verschweigen und die Wahrheit fürchten.
Als Leser sind wir es gewohnt, Ereignisse und Fakten in einem Roman noir dechiffrieren zu müssen, aber in einer realistischen Perspektive. In „Der Pakt der Liebenden“ müssen zwar auch die Fakten abgewogen werden, aber die wichtigsten Hinweise stecken in der Beiläufigkeit, in der der Autor vermeintlich Positives in Negatives verkehrt.

John Connolly
Disharmonie
Bei diesem Roman stimmt vieles: Glaubhafte, lebendige Figuren und komplex verwobene Handlungsstränge, die in einem dramatischen, düsteren Finale zusammengeführt werden. Zahlreiche Momente der Reflexion und Erinnerung sind eingebettet in einen vorwärts treibenden Plot. Der Roman handelt vom Übernatürlichen und wird doch rational erzählt. Einzig die unterschiedlichen Stimmen, mit denen die verschiedenen Perspektiven erzählt werden, sind leicht missraten und trüben den Gesamteindruck. Diese Disharmonie nimmt dem Roman viel von seiner Wucht und Magie.
Claus Kerkhoff
John Connolly: Der Pakt der Liebenden (The Lovers, 2009). Roman. Deutsch von Georg Schmidt. Berlin: List 2011. 381 Seiten. 19,99 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.