Geschrieben am 18. Februar 2015 von für Bücher, Litmag

Jonathan Evison: Umweg nach Hause

Evison_Umweg nach HauseVon heldenhaften Verlierern

– In seinem neuen Roman „Umweg nach Hause“ erzählt der Kalifornier Jonathan Evison die ebenso heitere wie tragische Geschichte von Menschen, die vom Leben schwer gebeutelt und voller Schwächen sind und die dennoch nicht ihren Mut verlieren. Von Karsten Herrmann

Im Mittelpunkt des Romans stehen der 39jährige Ben und der 19jährige Trev. Ben hat einen schweren Schicksalsschlag hinter sich und trudelt durch sein Leben. Nach einem Lehrgang in Altenpflege nimmt er einen Job bei Trev an, der an einer schweren Muskeldystrophie leidet und früh sterben wird. Er lebt alleine mit seiner Mutter, da sein Vater nach der Diagnose die Familie fluchtartig verließ. Ben und Trev bilden ein Gespann á la „Beste Freunde“ und mit viel Einfühlungsvermögen, schwarzem Humor und Situationskomik beschreibt Evison die (Pflege-)Routinen und (Gedanken-)Fluchten des von der Behinderung bestimmten Alltags: „Er ist die reinste Brezel mit einer vollkommen intakten Fantasie“ – und letzteres insbesondere im Hinblick auf ausgefallene Sexualpraktiken.

Als Trevs Vater, der nach der Diagnose der Behinderung seines Sohnes seine Familie fluchtartig verließ, einen Unfall hat, beschließen Ben und Trev ihn zu besuchen. Mit dem Auto machen sie sich auf den Weg von Washington State nach Salt Lake City und grasen auf dem Weg nicht nur kuriose Rekorde wie das „größte Loch der Welt“ ab, sondern sammeln auch die junge Ausreißerin Dot und die hochschwangere Peach mit ihrem Freund auf. Es entwickelt sich ein Roadtrip mit kuriosen Verwicklungen und zwischenmenschlichen Annäherungen.

In zwei parallelen Rückblenden lässt Evison auch Bens Vergangenheit Revue passieren und tastet sich in kleinen Häppchen bis zu dem Punkt vor, an dem „in einem winzigen Augenblick das Universum aus den Fugen“ geriet und ihn aus der Bahn warf.

„Unterwegs nach Hause“ ist ein flott erzählter Roman in einer gelungenen Mischung aus Witz, Leichtigkeit und Traurigkeit. Nach zwischenzeitlichen Längen führt Evison seine Romanstränge zu einem emotionalen Finale, das den Leser mit voller Wucht trifft. An seinem Figurenkosmos aus Losern, Aussteigern, Tollpatschen und Versehrten zeigt er auf anrührende Weise, wie Antihelden im Kleinen immer wieder zu großen Helden werden und so die Welt zusammen halten.

Karsten Herrmann

Jonathan Evison: Umweg nach Hause (The Revised Fundamentals of Caregiving, 2013). Aus dem amerikanischen Englisch von Isabel Bogdan. Kiepenheuer & Witsch 2015. 384 Seiten. 19,99 Euro.

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