Haiku-Rezension
von Friederike Moldenhauer
Hohle Glückssuche
Mit oder ohne Obdach
Heimatsehnsucht bleibt
Jörg-Uwe Albig: Ueberdog. Tropen-Verlag 2013.
224 Seiten. 19,95 Euro.
Der Glamour der Straße
Der Hamburger Jörg Uwe Albig erzählt in seinem neuen Roman „Ueberdog“ eine rauschhafte Metropolengeschichte, die vom glitzernden Glamour in den Dreck der Straße führt und doch eine Art Erweckungsgeschichte ist. Von Karsten Herrmann
Albigs Ich-Erzählerin Stella Sachs ist eine Jüngerin des Pops, des schönen Scheins, der reinen Oberfläche. Mit ihrer Kamera zieht sie durch Vernissagen, Modenschauen und After-Shows, sieht sich und ihre Bilder als „Botschafterin der Schönheit, des gelungenen Lebens.“
In ihrem inszenierten und hochsynthetischen Leben ist sie wie ein eigenschaftsloser Spiegel, der nur das Licht reflektiert – bis sie einer Horde Obdachloser und ihrem charismatischen Anführer Schmiddel begegnet. Von einem auf den anderen Tag fällt sie in ihren Bann, lässt sich von der bedingungslosen Authentizität und Intensität ihres Lebens verführen. Sie beziehen Quartier mit Panoramablick im stillgelegten Rohbau der Elbphilharmonie, ziehen ihre Kreise und Raubzüge durch Hamburgs Nobel- und Elendsviertel und leben das Leben im Rausch: „Wir brachen zu Reisen ins Unbekannte auf, ans Ende der Vernunft.“
„Ueberdog“ ist ein Roman, der das Leben auf der Straße märchenhaft verklärt und zu einem orgiastischen Fest mit einem Hauch von Avantgarde-Kunst werden lässt. Auf radikale Weise erfindet sich seine Protagonistin hier neu und sieht die Kehrseite der Welt durch ihren Kamerasucher mit völlig anderen Augen. Albigs poetische, expressiv dahintreibende und in die Niederungen des Rausches vordringende Prosa liefert den kongenialen Sound dazu.
Karsten Herrmann
Jörg-Uwe Albig: Ueberdog
. Tropen-Verlag 2013. 224 Seiten. 19,95 Euro. Verlagsinformationen zum Buch und zum Autor. Zur Leseprobe.