Geschrieben am 18. Februar 2015 von für Bücher, Litmag

Kirsten Fuchs: Mädchenmeute

U1-Fuchs-Mädchenmeute_LT.inddSieben Mädchen wohnen im Wald

– Die 15-jährige Charlotte ist in einem Sommer-Feriencamp im tiefen Wald. Zusammen mit sechs anderen Mädchen und einer schrulligen Betreuerin soll sie trainieren, wie man dort überlebt. Ganz klarer Fall: Da muss sie weg! Also flieht sie mit ihrer „Mädchenmeute“ ins Erzgebirge und wird in 14 Tagen ein bisschen erwachsener. Und weil die Autorin Kirsten Fuchs sie erzählt, ist diese Geschichte auch noch wunderbar witzig und wortgewandt. Von Kira Kötter

„So blöde! Ich meine Erwachsene! Sie wollen ständig freihaben, und wenn sie dann freihaben, putzen sie das Klo von außen.“ Das sind die Gedanken der Protagonistin Charlotte aus Kirsten Fuchs‘ drittem Roman „Mädchenmeute“. Charlotte ist noch nicht erwachsen – aber fast, sie ist 15. Charlotte hat auch nicht frei, denn von ihren Eltern wird sie in ein Ferien-Fun-Survival-Camp geschickt. Dort soll sie zusammen mit sechs anderen Mädchen 14 Tage eine tolle Zeit im Wald verbringen. Doch der Spaß will sich nicht einstellen.

Eine „Mädchenmeute“ auf der Flucht aus dem Wald in den Wald

Die Campleiterin Inken ist eine merkwürdige Schreckschraube, und außerdem stinkt das Klo bis zum Himmel. Geputzt wird es aber nicht, denn die Mädels nehmen Reißaus vor der Betreuerin. Nach einer turbulenten Fahrt in einem geklauten Hundetransporter durch das Erzgebirge landen sie wieder mitten im Wald. Ohne Erziehungsberechtigte, dafür mit Hunden aus dem Transporter und vor allem: ganz auf sich allein gestellt.

Die „Meute“, das sind Charlotte, die Erzählerin, die schnell rot wird und nie etwas sagt; Yvette, die aus mysteriösen Gründen im Camp gelandet ist; Anuschka, die Kräuter-Fee; Rike, die Camp-Köchin; Freigunda, die dem Mittelalter zu entstammen scheint; Antonia, klein aber oho; und schließlich Bea, die starke Anführerin.

Eine wortgewandte Waldgeschichte vom Erwachsenwerden

Kirsten Fuchs ist Gewinnerin des Open Mikes 2003 und Gründerin der monatliche stattfindenden Berliner Lesebühne „Fuchs und Söhne“. Ihr Debütroman „Die Titanic und Herr Berg“ (2005) wurde hochgelobt. In ihrem dritten Roman „Mädchenmeute“ schreibt sie nun über dicke Freundschaft und wie diese auf die Probe gestellt wird. Über die Abnabelung vom schwierigen Elternhaus, über Zickenkrieg und die erste Liebe, kurz: über das Erwachsenwerden. Die Autorin, die auf der Bühne mit eindrucksvollen Lesungen zu begeistern weiß, packt all diese Themen auf knapp 400 Seiten zwischen zwei knallrote Buchdeckel und ist dabei originell, kreativ und sehr, sehr witzig. Jede Figur hat ihren Hintergrund, ihren ganz eigenen Sinn und Willen und jede einzelne ist von Anfang an liebenswert. Aber das ist noch längst nicht alles, was in diesem Buch steckt: denn eine große Rolle spielt der Wald, in dem die Mädchen ein Zuhause finden.

Ein Wald wie eine Wohnung

Im Wald lernen sie zu leben und zu überleben, sammeln Beeren und Kräuter und gehen in der nahegelegenen Stadt „containern“, suchen also im Müll von Supermärkten nach noch essbaren Lebensmitteln. Das Thema der Sehnsucht nach der Rückkehr zur Natur und der Großstadtflucht wird unaufdringlich eingearbeitet.

Kirsten Fuchs beschreibt den Wald wie andere ihre Wohnung. Manchmal scheint es, als säße man neben Charlotte, die gerade Nachtwache hält, und grusle sich mit ihr vor dem mysteriösen Knacken, das ganz aus der Nähe zu stammen scheint. Dann wieder legt man sich neben sie in die Lichtung und blinzelt unter dem Vogelgezwitscher in den Sommerhimmel. Die Kraft dieses Textes liegt in der locker leichten Sprache, die mit lauter tollen Sätzen daherkommt und dazu Spannung bis zur letzten Seite bietet.

Damit lohnt es sich auch für über 15-jährige, in der Freizeit zu diesem Buch zu greifen, anstatt das Klo von außen zu putzen! Versprochen.

Kira Kötter

Kirsten Fuchs: Mädchenmeute. Rowohlt Verlag 2015. 464 Seiten. 19,95 Euro.

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