Geschrieben am 4. August 2012 von für Bücher, Crimemag

Leonardo Padura: Der Schwanz der Schlange

Eher simpel …

Anfangs war es nur eine Kurzgeschichte von Leonardo Paduar aus dem Universum von Mario Conde aus dem Jahr 1998. Dann ruhte der „Der Schwanz der Schlange“, wurde mehrfach überarbeitet und verwandelte sich jetzt in einen schmalen Roman. Ob das nötig war? Eva Karnofsky hat ihn gelesen …

Im vergangenen Jahr hatte der Kubaner Leonardo Padura erstmals von der Form des Krimis Abstand genommen. In „Der Mann, der Hunde liebte“ hatte er das Leben Leo Trotzkis zum Anlass genommen, um in einem großartigen Roman Kontinente umspannend mit dem Stalinismus abzurechnen. Mit „Der Schwanz der Schlange“ ist er nun wieder zu seinem alten Genre und nach Havanna zurückgekehrt. Und zu seinem Ermittler Mario Conde.

Leonardo Padura liebt es, Facetten seiner Heimatstadt Havanna zu zeigen, die gemeinhin unbekannt sind. So spielt sein neuer Roman „Der Schwanz der Schlange“ im Viertel der chinesischen Einwanderer. Bereits im 19. Jahrhundert waren rund 150.000 Chinesen als Arbeiter für die Zuckerrohrplantagen nach Kuba gekommen; und bis zum Sieg von Mao Tse Tungs kommunistischer Revolution 1949 kamen noch einmal Zehntausende. So auch Pedro Cuang, der nun angeblich Selbstmord begangen hat. Zumindest behaupten dies seine Landsleute und Nachbarn. Doch die Polizistin Patricia Chion, halb Chinesin, halb schwarze Kubanerin, glaubt nicht daran und schaltet ihren Kollegen Mario Conde von der Mordkommission ein.

Leonardo Padura (Quelle: wikipedia)

Triaden in Havanna?  

Pedro wurde der Zeigefinger der linken Hand abgeschnitten, und in seine Brust war ein Kreis mit zwei sich überkreuzenden Pfeilen eingeritzt, in jedem Segment ein kleines Kreuz. Für Conde ist damit klar, dass Pedro Cuang ermordet wurde. Der Polizist ermittelt in viele Richtungen: Deutet das Zeichen auf der Brust des Toten darauf hin, dass sich die berüchtigten chinesischen Triaden inzwischen auch auf Kuba breitgemacht haben? Oder steckt ein Drogenhändlerring dahinter, der in Havanna sein Unwesen treibt? Conde hat seine liebe Not, die verschlossenen chinesischen Freunde und Nachbarn des Toten zum Reden zu bringen, doch nach und nach gelingt es ihm mit Hilfe seiner Kollegin Patricia, mehr über die bewegte Geschichte dieser Einwanderer zu erfahren, die Hunger, Verachtung, Diskriminierung und Entwurzelung ertragen mussten. Die Geschichte seiner Einwanderung birgt auch den Schlüssel für den Mord an Pedro Cuang.

Der Kriminalfall ist eher simpel gestrickt, denn wie immer in seinen Kriminalromanen, kommt es Leonardo Padura auch in Der Schwanz der Schlange vor allem darauf an, soziale Wirklichkeit zu schildern. Der allwissende Erzähler begleitet Mario Conde durch das Chinesenviertel und das übrige Havanna des Jahres 1989, als Lebensmittel immer knapper und die Öllieferungen der Sowjetunion immer seltener wurden.

Dem Krimi „Der Schwanz der Schlange“ liegt eine Erzählung von 1998 zugrunde, die Leonardo Padura im Jahr 2000 zum Roman ausgebaut hat. Dies mag erklären, weshalb der jetzt übersetzt vorliegende Roman, verglichen mit „Der Mann, der Hunde liebte“ eher schlicht anmutet. Er ist sauber und stilsicher erzählt, und so kommen Liebhaber von Mario Conde und Paduras Havanna-Schilderungen durchaus auf ihre Kosten. Doch es fehlen die sprachliche Brillanz und die kunstvolle Struktur der letzten Werke des Autors.

 Eva Karnofsky

Leonardo Padura: Der Schwanz der Schlange. (La cola de la serpiente, 2011) Aus dem Spanischen von Hans-Joachim Hartstein. Zürich: metro im Unionsverlag 2012. 181 Seiten. 18,95 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.

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