Geschrieben am 10. April 2010 von für Bücher, Crimemag

Manfred Wieninger: Prinzessin Rauschkind. Ein Marek-Miert-Krimi

Mausl

Marek Miert zum Sechsten. Allmählich entwickelt sich Manfred Wieningers Harland-Projekt zur Saga. Gut so, meint Joachim Feldmann.

Wer heute als fiktiver Ermittler, sei es im Staatsdienst oder als Privatunternehmer, reüssieren will, braucht unbedingt einen möglichst skurrilen Computerexperten in seinem Umfeld. Was mir erst neulich bei der Lektüre von Jo Nesbøs Roman Leopard auffiel, bestätigte sich nun wieder, als ich Manfred Wieningers schwergewichtigen „Diskont-Detektiv“ Marek Miert bei der Suche nach dem verschwundenen Liebhaber einer jungen Dame begleiten durfte. Mausl lautet der Spitzname eines ehemaligen Klassenkameraden, der sich schon während der Schulzeit als ausgemachter „Nerd“ profiliert hatte und nun zwischen „Schaltkästen, Festplatten, Messkonsolen“ und anderen elektronischen Geräten ein Einsiedlerdasein fristet. Miert braucht Mausls Hilfe bei der Rekonstruktion von Dateien, die sich auf dem Laptop des vermissten Galans befinden. Selbstredend wird der Digital-Eremit fündig und spielt dem Detektiv damit Informationen in die Hand, die für eine rasche Auflösung des Falles sorgen.

Allerdings begegnen wir Mausl erst auf Seite 117 dieses knapp 200 Seiten umfassenden Kriminalromans, sodass sich die berechtigte Frage stellt, womit Miert bis dahin seine Zeit verbracht hat. Nun, der preiswerte Ermittler aus dem niederösterreichischen Harland war angesichts der Aussicht auf ein allzu spärliches Honorar zunächst gar nicht gewillt, der „anämischen Blondine“, die unter anderem als Sprechstundenhilfe bei seinem Zahnarzt jobbt, seine professionelle Hilfe angedeihen zu lassen. Doch als er durch Zufall über eine Leiche stolpert, die dem Gesuchten verblüffend ähnlich sieht, und zudem noch als Verdächtiger eine äußerst unangenehme Nacht im Polizeigewahrsam verbringen muss, ist sein Jagdinstinkt geweckt. Und befindet sich schon bald auf einer Spur, die sich, nicht zuletzt aufgrund der bereits erwähnten Laptop-Untersuchung, als heiße erweist.

Wortgewalt

Nun handelt es sich bei Prinzessin Rauschkind, dem sechsten Marek-Miert-Krimi des St. Pölteners Schriftstellers, nicht um einen Roman, der von seinem Plot lebt. Dessen Zweck besteht vor allem darin, dem Detektiv, der seine überwiegend trostlose Lage mit bissiger Selbstironie zu schildern versteht, Anlässe für kleine Erzählungen und allgemeine Reflexionen aus dem beschädigten Leben zu bieten. Wir lesen von tragisch endenden Trinkwettbewerben, nehmen Anteil an kriegsähnlichen Auseinandersetzungen zwischen Taxiunternehmen und staunen über vermeintliche Spontanheilungen im Wallfahrtsort Lourdes. Und das ist, da unser Held von der Wortgewalt des Formulierungsartisten Manfred Wieninger profitiert, ein nicht unbeträchtliches Vergnügen, sodass man gerne den einen oder anderen losen Handlungsfaden ignoriert. Wie sagt noch der alte Kommerzialrat Sabitzer, eine der zahlreichen Nebenfiguren dieses Romans, nachdem Miert ihm eine bemerkenswert pointenarme Begebenheit aus seinem Detektivleben erzählt hat: „Für mich war es eine gute Geschichte.“

Joachim Feldmann

Manfred Wieninger: Prinzessin Rauschkind. Ein Marek-Miert-Krimi.
Innsbruck-Wien: Haymon Verlag 2010. 204 Seiten. 19,90 Euro.

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