Geschrieben am 3. August 2009 von für Bücher, Litmag

Matthias Keidtel: Das Leben geht weiter

Vom Sofa gerissen

Holm ist wieder da! Felix Holm, der vor rund drei Jahren zum ersten Mal aufs Komischste die Probleme des modernen Mannes verkörperte. Auch in der Fortsetzung ist Holm kein Held, dessen Abenteuer in exotischer Ferne oder schwindelerregendem Tempo stattfinden, sondern einer, der schon an den Tücken des Alltags vor seiner Haustür zu scheitern droht. Von Frank Schorneck

Nun erhält Ein Mann wie Holm mit dem Roman Das Leben geht weiter eine Fortsetzung: Holm wohnt nun wieder bei seinen Eltern, sein Ausflug ins Arbeits- und Liebesleben ist gescheitert. Von der Wand seines Kinderzimmers lächelt Reinhard Mey, und der große Fan entwirft aberwitzige Geschäftsideen, um der Enge des Elternhauses zu entkommen. Wie sich Holm auf eine Reise nach Frankreich vorbereitet, um dann letztlich nur im für ihn noch fremderen Ostberlin zu landen, wo er sich in die Bardame eines Striptease-Schuppens verliebt und unversehens zum Türsteher und Leibwächter wird, das wird mit detailverliebtem Humor und einem ganz eigenen Tempo erzählt: Selbst wenn um ihn herum das Schicksal immer absurdere Kapriolen schlägt, Holm bleibt hiervon zumeist völlig ungerührt.

Holm lebt sein eigenes Leben wie ein Fremder, wie ein passiver Zuschauer. Sein fest gefügtes Weltbild, seine Vorurteile und Ängste pflegt er pedantisch. Sein Aktionsradius beschränkt sich auch Jahre nach dem Mauerfall auf den Westen Berlins, sein Tagesablauf kann beinahe als autistisch bezeichnet werden.

Was soll ich hier eigentlich?

Wie Matthias Keidtel erläutert, bildete die Distanz Holms zum Alltag, das Gefühl des Sich-Wunderns die Grundlage für den ersten Holm-Roman, die simple Frage „Was soll ich hier eigentlich?“ im Supermarkt, im Kino, in der Disko – aus dieser heraus entwickelte sich der Romanheld Holm. Doch während des Schreibprozesses kam unweigerlich in Person seiner Freundin das Element des Weiblichen hinzu, das weite Feld der Beziehungen zwischen Mann und Frau. Der Grundstein für die „Trilogie des modernen Mannes“ war gelegt.

Bei aller Satire sind die Holm-Romane auch eine Bestandsaufnahme der Emanzipation und der Folgen für den Mann, der sich in der neuen Situation oft nicht zurechtfindet: „Nun schauen wir Männer immer nur noch: Was will die Frau? Welche Interessen hat sie? Was für einen Mann will sie haben? Einen Macho? Oder einen Softie? Jemand ganz anderen? Oder gar keinen? Das führt zu einer Verwirrung, von der ich gar nicht mehr weiß, wie man sie noch auflösen kann.“ Und auch, wenn Holms Probleme grotesk überhöht sind, wird man als Leser den einen oder anderen Gedanken, zumindest im Ansatz, auch schon mal gedacht haben.

Frank Schorneck

Matthias Keidtel: Das Leben geht weiter.
München: Manhattan 2009. 367 Seiten. 16,95 Euro.