Geschrieben am 27. Juli 2009 von für Bücher, Litmag

Moritz Netenjakob: Macho Man

„Die Idioten und Co.“

Ein Comedyroman? Oder eher ein banaler Schwank mit Multikultitouch? Ulrich Noller sortiert die Genres.

Neulich, in der Mayerschen Großbuchhandlung zu Köln: „Bücher für Idioten“ bzw. „Die Idioten und Co.“ – so oder ähnlich prangte ein Aufsteller an einem eigens in lukrativer Verkaufslage platzierten Tisch, auf dem buntbroschierte Bücher von Autoren wie Tommy Jaud, Martina Brandl etcpp. lagen.

Bücher für Idioten? Nein, nein, so war´s natürlich nicht gemeint. Sondern so: Bücher in der Art des stilprägenden Der Vollidiot von Tommy Jaud. Werke also, die nicht Literatur oder irgendwie literarisch sein wollen, sondern Fernsehen mit anderen Mitteln: Vorhersehbare, überschaubar geplottete, witzische, irgendwie voll aufs Party-Volksempfinden zielende Geschichtchen von Autoren, die ansonsten ihr Geld als Gagschreiber für Comedy- und Latenightshows im Fernsehen verdienen.

Darf man so etwas einen Roman nennen? Na klar, man darf alles Roman nennen. Aber leicht blümerant wird einem schon zumute, wenn man an die „Bücher für Idioten“ denkt. Dann zumindest, wenn man einige der Dinger tatsächlich zu lesen versucht hat: Wenn schon, dann Romänchen. Und, sorry, aber witzig geht auch anders! Und ging schon besser, in richtigen Romanen…

Die Witzischkeit nimmt ihren Lauf

Jedenfalls: Egal, ab sofort heißen die Schriftzeugnisse der Fernsehkomödianten nicht mehr Idiotenschwarten oder Brandlschinken, sondern ganz cool und irgendwie ziemlich aufwertend: Comedyromane. So jedenfalls bezeichnet der Verlag Kiepenheuer & Witsch im Klappentext seinen Frühjahrs- und Sommererfolg Macho Man von Moritz Netenjakob, seines Zeichens Schauspieler und, klar, Comedian, also: Gagschreiber fürs Fernsehen.

Netenjakob präsentiert die Story eines schlappschwänzigen Kölners, der in einem türkischen Ferienclub gerade deshalb die schönste Animateurin abkriegt, weil er so ist, wie er ist, also nicht so machomäßig wie all die anderen Männer um Aylin herum, so dass eine Paarkonstellation mit genügend Potential für Witzischkeit ihren Lauf nehmen kann: Die Angebetete stammt „zufällig“ ebenfalls aus Köln, die beiden beginnen eine Beziehung, wodurch Daniel ziemlich tiefe Einblicke ins türkisch-deutsche Alltagsleben ermöglicht werden: inklusive diverser Begegnungen mit Verwandten aller Art, Aufreißer-Klamotten-Kauf in der Weidengasse und Disko-Tour im aufgemotzt-tiefergelegten BMW mal eben nach Berlin. Was den einstigen Softie mit Hilfe diverser männlicher Verwandter aber auch zum Macho-Man „reifen“ lässt, und das findet Aylin wiederum eher problematisch, so dass … aber na ja … das kann sich jeder selber denken…

Fernsehkomödiantenschwank

Das Ergebnis: Halt so ein typischer Fernsehkomödiantenroman, aber mit kleinem Plus. Typisch: Die vorhersehbare Story; die viereinhalb gelungenen Witze, für die man hundert fade Jokes ertragen muss. Das Plus in diesem Fall: Viel Situationskomik entsteht in der zum Teil fast liebevollen Beobachtung der Marotten der türkisch-deutschen Community. Da trifft die Story, da trifft der Autor immer mal ins Schwarze; was vermutlich auch damit zu tun hat, dass er sich im beschriebenen Metier aus familiären Gründen gut auskennt, er verfügt gewissermaßen über einen angeheirateten Migrationshintergrund.

Also doch ein Comedyroman? Bei allem guten Willen: Ein „Roman“ ist Macho Man nun wirklich nicht, sondern ganz einfach ein banaler Schwank, und zwar mit Multikultitouch. Aber, klar, Comedyschwank hört sich reichlich uncool an, für die Idioten auf den Büchertischen. Deshalb also ab sofort: Comedyroman.

Treffer! Denn eigentlich, genau bedacht, ist das ja ne tolle, ne richtig klasse Bezeichnung: Man weiß genau, wer´s geschrieben hat, für wen´s verfasst wurde, was drin steckt und wie das Ganze gemeint ist. Ha, ha, Comedyroman … ein echter Geniestreich …

Ulrich Noller

Moritz Netenjakob: Macho Man.
Kiepenheuer & Witsch, 2009. 288 Seiten. 13,95 Euro.