Geschrieben am 23. August 2008 von für Bücher, Crimemag

P.G. Wodehouse: In alter Frische

Albern auf höchstem Niveau

Das ideale Antidot gegen noir-noir-noir-heiligen Ernst und existentielle Hysterie verabreicht von P.G. Wodehouse, empfohlen von Thomas Wörtche.

Something Fresh nannte P.G. Wodehouse 1915 den Auftaktroman zu der Saga um Blandings Castle, um den wunderbar zerstreuten Lord Emsworth und um eine gewisse kapitale Zuchtsau (die hier allerdings noch nicht auftritt). In alter Frische heißt der Roman, der jetzt in der nicht genug zu lobenden Wodehouse-Edition des Epoca Verlags erschienen ist.

Natürlich wusste auch der ausgefuchste Anglo-Amerikaner Pelham Grenville Wodehouse, was sich schon damals gut verkaufen ließ – nämlich Kriminalromane. Zum Beispiel die um den „Ermittler Gridley Quayle“, dessen Erfinder, der wackere und sportliche Ashe Marson, alle Eigenschaften seines Helden brauchen wird, um eine aberwitzige Räuberpistole um einen verschwunden Skarabäus zu meistern.

Mit anderen Worten: Wodehouse macht sich über Kriminalliteratur, wie sie in den Erfolgsmustern der Conan Doyle und Co. zeitnotorisch war, hemmungslos lustig. Er parodiert sie keineswegs, weil Parodie immer in einem kritischen Verhältnis zur Vorlage stehen muss. Wodehouse aber albert nur. Was heisst „nur“? Er albert auf höchstem Niveau und treibt fröhlich Subversion am Sinnhaften aller Art.

Wobei die Dialoge, die der doch bedenklich durchgeknallte Lord Emsworth mit seiner Umwelt führt, sämtliche smart cracking dialogues amerikanischer hardboiler, die literaturgeschichtlich noch gar nicht erfunden waren, in den Schatten stellt. Zum noch nicht erfundenen hardboiler und zum noch nicht erfundenen noir passt auch die gar nicht fröhliche, heitere oder sonstwie korrekte-knuddelige Vorstellung, die sich Wodehouse’ Figuren und vermutlich Wodehouse selbst über homo sapiens machen – natürlich nicht ohne so etwas nicht zugleich auch zum Brüllen komisch zu finden. Irgendwo zwischen Dada und Gaga angesiedelt, mit einem traumwandlerisch sicheren timing gesegnet und mit eben jener robusten Menschenkenntnis ausgestattet, jagt uns Wodehouse durch sämtliche Affekte und Dispositionen: Irrtum, Bosheit, Unterstellung, Gier, Neid, Kaltherzigkeit, Größe, Liebe, Lüge, Verstellung, Feigheit, Neid & Mordlust … Garniert mit blödsinnigen Schießereien und nächtlichen Schleichereien durchs Castle, als ob’s ein echter Thriller wär …
Menschen, die Wodehouse schon kennen, werden sich über diesen bislang fehlenden Band freuen, für Einsteiger taugt In alter Frische bestens zum Anfixen.

Thomas Wörtche

P.G. Wodehouse: In alter Frische (Something Fresh, 1915). Roman. Deutsch von Thomas Schlachter. Edition Epoca 2008. 255 Seiten. 19,95 Euro.