Geschrieben am 6. April 2009 von für Bücher, Litmag

Tao Lin: Gute Laune

Wie macht der Delphin?

Gute Laune ist oft schreikomisch, sollte aber in homöopathischen Dosen genossen werden: Auf Strecke geht diesem nach (Anti-)Pointen schnappenden Text schnell die Puste aus.

Es gibt Bücher, bei denen möchte man den gesamten für die Rezension zur Verfügung stehenden Platz dafür nutzen, um daraus zu zitieren. Im Falle von Tao Lins Gute Laune hätte das auch den Vorteil, dass man nicht schreiben müsste, worum es in dem Buch geht. Es geht nämlich um nicht viel, und würde man behaupten, dass sich Tao Lin einen feuchten Kehricht um einen nacherzählbaren Plot schert, wäre er mit dieser Aussage noch gut bedient. Aber muss ein New Yorker Szeneliebling, der durch den Blog „Reader of Depressing Books“ Kultstatus erreichte, eine Geschichte zu erzählen haben? Zumal, wenn ihn klassische Geschichten als solche und das Leben an sich derart zu langweilen scheinen, dass er vollkommen unvermittelt sprechende Tiere – vor allem Bären und Delphine – in seinem Roman auftauchen lässt?

Was Tao Lins depressiver Pizzabote Andrew denkt und manchmal auch erlebt, ist eher der Stoff, aus dem Poetry-Slam-Gewinnertexte gemacht sind, und wer Filme wie Juno, Verrückt nach Mary oder die erste halbe Stunde von Harold und Maude mochte, wird hier vermutlich auf seine Kosten kommen. Es ist vor allem eine Aneinanderreihung von Szenen und Gedanken, die man gern mit den Adjektiven „trocken“, „schwarzhumorig“, „skurril“ und „grotesk“ belegt, es ist vor allem der Gestus dahinter, die Haltung zur Welt, die das charmant-intelligente Fluidum dieses Romans ausmacht, und wenn das nicht irgendwie bösartig klänge, könnte man sagen, dass der 1983 in Virginia geborene Tao Lin typische Blogger- und Nerd- Literatur schreibt. Seine Dialoge sind meist schreikomisch, oft bläst einen die anarchische Kraft seiner parataktischen Sätze schier weg, und manchmal legt sich der Text so unvermittelt in eine scharfe Rechtslinkskombination, dass man vor Lachen fast aus der Kurve getragen wird. Nur empfiehlt es sich, Gute Laune in homöopathischen Dosen zu genießen; auf Strecke geht diesem hechelnden, nach (Anti-)Pointen schnappenden Text schnell die Puste aus, manchmal ermüdet und nervt das Stakkato auch nur noch.

Textprobe, beliebig herausgegriffen:

„Andrew setzt sich. Aus dem Gang kommt ein Delphin. Andrew steht auf. Der Delphin hat einen Vorschlaghammer. Andrew schaut den Vorschlaghammer an. Der Delphin klatscht Andrew eine. Aus dem Gang kommen noch mehr Delphine.“ Undsoweiter.

Stefan Beuse

Tao Lin: Gute Laune. Roman.

Aus dem Englischen von Stephan Kleiner.

Dumont, Köln 2009. 158 Seiten. 14,95 Euro.