Kurzweilig
Eine schöne Mischung aus Grenzgenialität unter dem Deckmantel des Understatements und schönem dreckigen Mut zum Kalauer. Von Tina Manske
Und schon wieder Thomas Gsella. Nach seinem letzten Gedichtband erlebt man den ehemaligen Chefredakteur der Satirezeitschrift Titanic nun mit seinem neuesten Buch als Prosaisten. Blau unter Schwarzen, das sind gesammelte, Quatsch, „gsellammelte“ Texte, von denen die meisten bereits in der Titanic erschienen sind. Andere wiederum, oho, erschienen zunächst im Ruhrgebietsmagazin Marabo. Drei der Texte entstanden eigens für das vorliegende Buch.
Blau unter Schwarzen zeigt Thomas Gsella einmal mehr als umtriebigen Humoristen, der sich mit der kurzen Form auskennt. Viele der vorliegenden Texte, die „Aus dem Notizblock“ überschrieben sind, sind nur wenige Zeilen lang, doch gerade in dieser Kürze liegt die Würze. Aber auch die längeren Stücke überzeugen durch eine schöne Mischung aus Grenzgenialität unter dem Deckmantel des Understatements und schönem dreckigen Mut zum Kalauer.
Feinschmunzelnd
Als Beispiel mag die Erzählung „Der sogenannte LKW“ dienen, die zum ersten Mal in der Zeitschrift Der Rabe erschien. Auf zehn Seiten erzählt Gsella da das Märchen eines Gutgläubigen, der von einem Mann um Leihgeld angegangen wird, weil dessen Lastwagen liegengeblieben sei und neuer Bremsflüssigkeit bedürfe. Wunderbar, wie der Autor Stück für Stück die Lügengeschichte im Sinne der Dekonstruktion immer weiter demontiert, dabei aber den Gutgläubigen (der am Ende nicht besonders überraschend auf den Namen Gsella hört) wie es sich für Gutgläubige gehört, weiter am immer wilder werdenden Gedankengebäude seines Gegenübers festhalten lässt. Bis er sich dann am Ende doch als „Esel“ wiederfindet.
Unglaublich dagegen auch die Erzählung „Als Lyrikjuror in Rostock“, in der verstörend steindumme Gedichte sogenannter „Lyriker“ zitiert werden, die diese wohl tatsächlich so gemeint und auch vorgelesen haben an diesem Abend in Rostock, als Gsella in der Jury saß.
Und so hangelt man sich feinschmunzelnd von Seite zu Seite. Ach so, ja: dass Blau unter Schwarzen als „Gsellammelte Prosa I“ untertitelt wird, lässt auf weitere Ausgaben hoffen. Es hat sich ja auch so einiges angsellammelt, in all den Jahren.
Tina Manske
Thomas Gsella. Blau unter Schwarzen. Gsellammelte Prosa I. Dumont 2010. 200 Seiten. Hardcover.17,95 Euro.
Foto © Thomas Hintner