Wider dröhnendes Erz und gellende Schelle
Wie schon der Titel verrät, hat Peter Hünermann in einem Buch drei oder aber drei Bücher in einem vorgelegt, ein beim christlichen Thema aparter, nämlich fast trinitarischer Ansatz. Die Fragestellungen sind dabei solche, die auch die Philologie umtreiben, die man ja auch als Theologie verstehen könnte, und zwar zu einer ausgeweiteten Schriftreligion: „Dichter schreiben nicht nur, […] weil sie glauben, dass sie etwas zu sagen haben, sondern ebensosehr, damit sie etwas zu sagen haben, etwas, das ihnen die Sprache, der sie es ablauschen, zuträgt und erst zu sagen ermöglicht.” – Wer in diesem Absatz aus Hans-Jost Freys Essay Übersetzung als Metapher (2005) nichts ans Numinose Rührendes vernimmt, der ist nicht „religiös unmusikalisch”, wie Habermas’ berühmte Selbstbeschreibung lautet, sondern vermutlich religiös stocktaub.
Also läßt sich zumindest vieles aus Hünermanns Buch auch als philologische Grundlagenarbeit lesen; so zur Frage, was story und history präge, zumal in ihren Begrifflichkeiten: Dabei wird vor allem Arthur C. Danto klar und lesenswert zusammengefaßt, man könnte wohl noch Arno Borsts berühmten Aufsatz aus dem Kontext der Gruppe Poetik und Hermeneutik mit Gewinn berücksichtigen, vielleicht auch Alain Badious Paulus-Buch, doch jedenfalls wird die eigene Logik des Narrativen – gerade in der Schriftreligion – scharf konturiert. Hieraus ergeben sich Hünermanns Fragen zur Pragmatik der „Glaubenssprache”, die das Leben der (Heils-)Geschichte gewährt; oder „zum »dröhnenden Erze und zur gellenden Schelle«” „degeneriert” und damit Religion als blanke Tradition zu verkennen verleitet, wie Hünermann – mit 1 Kor 13, 1 – formuliert. Nicht nur Literatur, auch Religion und ihre Texte wollen entstaubt erhalten werden, nicht konserviert, wo dies auf Routine wiese.
Die Texte speisen und beunruhigen die Theologie, die Theologie erhält sie in ihrem irritierenden Wesen lesbar, die Lehre muß an diesen hermeneutischen Zirkel anknüpfen. Womit Religion lebendig ist – in diesem nicht immer ganz einfachen Buch ist sie es allemal. Eine für Interessierte: an Glaubenssprache, Glaube, Sprache … lohnende Lektüre.
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