Aufgehen des Materiellen im Sinn
Der Philosoph Robert Hugo Ziegler hat ein Buch vorgelegt, das ratlos macht; schon durchs seltsame Ausufern. Worum es geht, ist zunächst unklar, das Buch beschreibt hauptsächlich, worum es gehen könne – aber was auch sonst sollte eine Apeirontologie, als sich dem Unendlichen widmend den Faden zu verlieren?
Und das ja lesenswert, bloß gegen manche Spielregel. Register? Keines. Bibliographie? Nein. Drei Kapitel (plus: Vorwort) als Gliederung von über 200 Seiten. Untertitel auch nicht. Wer sich dennoch auf das Buch einläßt, bereut das jedoch keineswegs.
In Lektüren Canettis, Shakespeares und Anaximanders geht es um Machteffekte, deren Bündelung fraglich sei, Glätte als Ausdruck von Ordnung und Herrschaft, um Macht versus Verwandlung, um „Artikulation” und „Gravitation” dessen, was (zum Beispiel: man) sei, um den Namen als Sprachbedingung, um Sekten, und zwar mit Monty Python, um Lesen des Seins als Immanenz: „Aufgehen des Materiellen im Sinn” – daß das Buch keinen Sinn hat, sondern dieser ist, das wäre an dieser Stelle ein naheliegende Schluß –, um Liebe als Domestikation und Versklavung, um Sinn und Sein, die einander im Namen berühren, um ... – vieles.
Dabei wird Hoch- und Populärkultur kenntnisreich und gewitzt angeführt und umformuliert, wobei das Ausufern zuletzt fast das Denken wäre; oder das, was den „Sonntag des Selbst” kennt.
Eine Sonntagslektüre, außerhalb des Getriebes der Wissenschaft, ein unzeitgemäßes Buch, oft essayistisch, anregend, Funken schlagend – das Hoffnung macht, es werde auch in Zeiten, da Wissenschaft die Kompetenz ist, vielversprechende Anträge zu erdichten, auch noch anderes erdacht und zu Papier gebracht. Geduld vorausgesetzt eine empfehlenswerte Lektüre.
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