Die keuschen Mönche
Im Mondschein hastete ein Mönch dahin,
Nach heißem Ringkampf stand sein geiler Sinn:
Ein Hürchen unterm Mantel trug nach Hause
Er eiligst hin zu seiner stillen Klause.
Ihn traf ein Bruder, vorgerückt an Jahren,
Der selbst im Venusdienste wohl erfahren.
Der sah ihr weißes Bein, das nicht verstecket,
Da es zum Teil die Kutte nur bedecket.
Er sprach:"Warum, wohin so eil'ge Schritte?
Auch sage mir, geliebter Frater, bitte,
Was ist denn diese gar so schwere Last
Die unterm Mantel du verborgen hast?"
Der sprach, es sei das Zaumzeug von dem Pferde,
Mit dem er frih auf Reisen gehen werde.
Dem Greis ob dieser List das Lächeln kam;
Er scherzte "Pack nur gut ihn ein, den Kram,
Denn wenn die Brüder diesen Sattel sehen,
So woll'n alle auf ihm reiten gehen."
Eilig im Mondschein
Der sächsische Herzog Johann Friedrich der Mittlere wollte Melanchthon für die neue akademische Landesschule in Jena gewinnen, dieser jedoch lehnte ab und kehrte statt dessen nach Wittenberg zurück. Nicht ohne zwei seiner Protegés zu empfehlen, Johann Stigel (* 13.5. 1515 in Gotha, + 11.2. 1562 in Jena) als Professor der Beredsamkeit und Dichtkunst und Victorin Strigel als Professor der Theologie und Philosophie. Zusammen bildeten sie anfangs das komplette Lehrerpersonal. Melanchthon rühmte den griechisch als auch lateinisch dichtenden Stigel (der auch Professor dieser beiden alten Sprachen und außerdem vom Kaiser Karl V. persönlich zum Poeten ernannt worden war), daß nach Ovid kein Dichter in der lateinischen Sprache mehr Lieblichkeit und Eleganz gezeigt habe wie Stigel.
Das Gymnasium academicum bezog das alte Pauliner Kloster des Dominkanerordens und wurde am 19.März 1548 eröffnet. Die Studenten bezogen die kleinen Mönchszellen und den Professoren wurden großzügige „Wohnzimmer“ eingerichtet.
Man muß nicht denken, die Herren Professoren und Studenten hätten in dem alten Klosterbau zu darben gehabt. „Die wöchentliche Beköstigung im Convictorium betrug sechs bis zwölf Groschen, ja nach Güte des Tisches. Für sechs Groschen erhielt man Sonntags Braten, sonst alle Tage drei Gerichte, Suppe, Fleisch und Zugemüse, Abends aber zwei Gerichte, Fleisch, Fisch oder Eier und Zugemüse, auch jedesmal Käse und Kofent (eine Art Nachbier). Für zwölf Groschen wöchentlich erhielt ein Student dreimal (Sonntags, Dienstags und Donnerstags) Braten, zweimal grüne Fische und an den Tagen, wo es Fische gab, Wein, an den andern Tagen Bier nach Belieben, so lange bis man das Tischtuch wegnahm. Täglich aber gab es vier Gerichte, Suppe, Fleisch, Braten oder Fische, ein Zugemüse und noch eine Fleischspeise. Das Abendbrot bestand aus drei Gerichten, zwei Fleischspeisen und einem Zugemüse, an Fischtagen aus Eiern, Zugemüse und Fleisch; überdies bei jeder Mahlzeit Käse.“ (schildert Dr. August Beck 1858 in seiner Biographie „Johann Friedrich der Mittlere“ die damaligen Zustände).
Außerdem waren alle Bewohner und Studenten vom städtisch-bürgerlichen Gerichtsstand befreit, sprich: sie konnten innerhalb der Collegiengebäude nicht vom bürgerlichen Gericht belangt werden. Alte Rechte, die an jene der ältesten italienischen Universitäten erinnerten, und die der romantisierende Herzog in Jena wieder auflegte und die Stigel in seiner Antrittsrede jäh verteidigt hatte. Die Studenten nutzten das und lärmten bis früh in den Straßen, zündeten die Häcker an, die vor den Weinausschankhäusern hingen (Jena war damals berühmt für seinen blühenden Weinbau rundum an den Hängen) und führten sich auf. Und niemand konnte ihnen viel anhaben.
Selbst zum Putzen mußte sich niemand herablassen. Einmal pro Woche wurde das Röhrwasser der Leutra durch Collegiengebäude und Collegiengasse bis über den städtischen Markt geleitet, und hinterließ saubere Verhältnisse und erfrischende Luft. Es ließ sich leben in Jena.
Das alles sprach sich herum und es kamen rasch neue Professoren und neue Studenten, eine bunte, lebhafte Szenerie, in der nach anfänglicher Überlastung der vorstehende Inspektor Stigel immer mehr Ruhe und Zeit fand, sich um seine Gedichte zu kümmern und neben antirömischen Epigrammen auch leichtere, humorvolle Texte zu schreiben. Er sitzt im alten Kloster und besieht die Dinge bei Wein und Mondlicht. Und im Hof huscht ein Student mit seinem Schatz zu den Arkaden.
Wie auch immer der gläubige und theologisch studierte Stigel zu der Grundphantasie seines Gedichtes kam – man hat den Eindruck die klösterliche Welt sei so lebensabgewandt und undionysisch, wie man sie gemeinhin annimmt, nie gewesen. Mit einer schmunzelnden Grandesse nähert sich das Gedicht dem Bruch des Gelübdes und zwinkert dabei mit den Augen. Der Klosterbruder ist eben trotz allem immer noch Mensch und man muß allzu Menschliches humorvoll verzeihen.
Stigels alte Freunde und Förderer Melanchthon und Luther (den er immer wieder lateinisch mit größter Sympathie bedichtet) indes hatten 1539 eine Judenordnung mit auf den Weg gebracht, in der bei Todesstrafe der Geschlechtsverkehr mit einem Juden/einer Jüdin verboten war. Während Luther seinen Judenhaß überall und zu jeder Gelegenheit herausposaunte, war Melanchthons Verhalten immer wieder zwiegespalten. Scheinbar! - Nicht um des Volkes der Juden willen, sondern um die Überlegenheit einer „reformierten“ Gerechtigkeit zu lancieren, klärte er auf dem Frankfurter Fürstentag 1539 mutig einen „katholischen“ Justizmord aus dem Jahre 1510 auf. Damals waren in der Mark Brandenburg 51 Juden des Hostienfrevels angeklagt worden, von denen schließlich 38 die Haft noch bis zu jenem Tag überlebten, an dem sie bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Der eigentliche Dieb der Hostien, ein Christ, hatte es seinem Priester gebeichtet und der darüber in Kenntnis gesetzte Brandenburger Bischof verpflichtete diesen auf Teufel komm raus das Beichtgeheimnis zu wahren und seine Klappe zu halten.
Wie oft dieser Bischof sich sein Gewand unters Kinn klemmte um zu onanieren, ist nicht überliefert.
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