Ein Vorstellungsgespräch mit dem Selbst
Jetzt regiert wieder die Vorstellung über die Vorstellung. Ich stelle mir vor, was alles geschehen könnte, aber noch nicht passiert ist. Ungeschehenes wird in den Kopf fantasiert, wird in ihm produziert. Ein kleines Filmstudio wird im Hirn errichtet. Das Grau dort oben wird mit Tischen und Stühlen bestückt. Scheinwerfer werden errichtet. Kameras aufgestellt. Schaufensterpuppen auf Stühlen platziert. Kerzen werden entzündet. Alles andere wird verdrängt. Die Vorstellung über die Vorstellung füllt alles aus. Sie verdrängt die Restgedanken, die sich in den Keller zurückziehen, die im Unterbewusstsein hocken, bis der Fliegerangriff der momentan herrschenden Vorstellung vorüber ist. Gewaltsam schreitet sie. Nimmt Platz an einem Tisch und liest das bereits Geschriebene. Merkwürdig leise ist sie, die herrschende Vorstellung. Anderes hätte man von einem Diktator erwartet. Vielleicht tut er aber auch bewusst, was er tut. Angst will er mir einjagen, will sie in meiner Vorstellung detonieren lassen, um so die Realität, die der Vorstellung auf dem Fuße folgt, zu verwüsten. Die Fantasie müht sich darum, die realen Vorgänge bereits jetzt zu ordnen. Nicht zu meinen Gunsten, wie ich vermute. Auch dies nur eine weitere Vorstellung, eine Wahnbildvorstellung, die mir etwas einreden will, von dem ich nicht weiß, ob es so oder so (oder ganz anders) ist (oder werden wird). Die Wahnvorstellung ist meine Lieblingsvorstellung, weil sie der Fantasie Flügel verleiht. (Achtung: Eben saßen Sie einer versteckten Werbung auf!) Ist die Wahnvorstellung erst aktiviert, ist alles zu spät. Sie galoppiert mit meinen Kopfgegebenheiten auf und davon. Meist ist sie in der Ferne noch wahrzunehmen. Um sie zu deuten, sie zu interpretieren, bedienen ich mich einer weiteren Vorstellung. (Was für ein Vorstellungsalat!) Ich stelle mir dann also vor, was die Wahnvorstellung sich vorstellen könnte. Wirrwarr entsteht, den ich aufschreibe, so wie in diesem Fall. (Dies ist ein Notizzettel. Hier darf es stehen.)
Nichts ist wirklich, weil da Gedanken sind, die sich Gedanken über Gedanken machen, so wie an diesem Morgen, da ich mir meine Abendvorstellung bereits am frühen Morgen vorstelle. Nichts wird so kommen, wie es von mir in den Kopf gestellt wurde.
Es wird meine Nachstellung sein, die das Geschehene nachspielt, um feststellen zu müssen, dass auch meine Erinnerung ein Lügenbaron ist, der mich am eigenen Schopf aus dem Sumpf der Vergangenheit ans Fantasielicht zieht.
Alles Lüge, aber dies zumindest scheint mir wahr zu sein.