Gedankenschutt

Ich fühle mich abgelutscht wie eine Halspastille. Die Nacht war ein weiterer Irrtum, dachte ich doch, man könne in ihr schlafen. Sie war kein Himmelbett, auch kein Höllenlager, wohl aber ein Unruheherd, auf dem ich in einer Pfanne lag und mich von einem Schmerzspachtel unentwegt wenden ließ. Als müsse ich von allen Seiten gleichmäßig die Hitze der Schmerzen spüren, um – auf den Punkt gebracht – dem Tag auf einem Teller serviert werden zu können: Lappriger Autor, angelegt an einem Hirnkrautsalat, überzogen mit einer Sud des Undenkbaren.

So sitze ich hier und weiß nicht weiter. Ich schlürfe meinen Kaffee wie etwas, dass abgearbeitet werden muss. Klicke mich durch das Netz, bis ich bei einem Unglück hängen bleibe. Es ist die Tür, durch die man schlüpfen wollte, und deren Schloss verbeult, einen Metallzacken vorstehen lässt, an dem sich die Augenjacke verhakt. Man bleibt hängen und liest und liest, man liest sich in das Unglück wie in einen Roman ein. Die Kühle des Netzes ist eine literarische Kühle. Nichts kann durch es hindurchgreifen, keine wahren Hände, keine Hilferufe, keine Luft, die einem Selbstmörder um die Ohren schlägt. Es bleiben Bilder und Buchstaben. Es bleibt, trotz unserer Bemühungen uns Realität einzureden, eine ästhetische Welt, ein Ballon, der uns (noch) nicht wirklich um die Ohren fliegt.

Betroffenheit ist nicht dasselbe, wie tatsächlich getroffen worden zu sein. Es ist der Versuch, sich als Opfer zu inszenieren, nicht weil man das Opfer ist, sondern aus Solidarität gegenüber dem Opfer. Es ist ein Verschmelzungsversuch, der auch wieder nichts weiter als Literatur ist und bleibt. So entkommen wir unseren Lesarten nicht, nicht unseren Schreibarten. Unseren Spielarten.

Etwas viel an Gedankenschutt an einem Samstagmorgen, flüstere ich in meinen Kaffeebechergrund, und fahre ihn in mein Notizbuch ein.

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