Unternehmen lassen sich allerhand einfallen, um Spitzenkräfte zu locken. In den Stellenanzeigen ist dann die Rede von der tollen Kultur des Unternehmens, den strahlenden Leitbildern zur Mitarbeiter-Entwicklung sowie hervorragenden Verdienst- und Karrierechancen. Alles superduperklasse. Doch manche dieser vollmundigen Versprechen entsprechen leider eher einem Wunschdenken als der Realität.
Nur welche? Wie findet man vor der Bewerbung heraus, ob das Unternehmen auch hält, was es verspricht? Ganz einfach: so…
Google, Xing & Co.
Zuallererst hilft eine Suche in Nachrichtenkanälen wie Google News. Mitarbeiterschelte, Stellenabbau, schlechte Geschäftsentwicklung, aber auch innovative Produkte und beispielhafter Umgang mit dem “Humankapital” schlagen sich in den Nachrichten nieder und geben einen ersten Eindruck vom Unternehmen, das Sie ins Auge gefasst haben. Großer Nachteil: Echte Innenansichten finden Sie so nicht.
Wenn Sie mehr in die Tiefe gehen möchten, empfiehlt sich die Recherche bei Xing, LinkedIn und Google+: Diese Seiten publizieren zwar keine internen Unternehmensinformationen, ermöglichen aber durch ihre Suchfunktion die Kontaktaufnahme zu aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern, die Sie dann direkt zu Arbeitsbedingungen und Tätigkeitsinhalten befragen können. Gerade bei aktuellen Mitarbeiten werden die Informationen allerdings eher diskret ausfallen: Keiner will sich schließlich einem Kollegen in spe als illoyaler Mitarbeiter präsentieren, der interne Details ausplaudert.
Bewertungsplattformen
Dann gibt es noch spezielle Internet-Portale mit Unternehmensbewertungen. Anhand vorgegebener Kriterien kann dort jeder ehemalige oder aktuelle Mitarbeiter oder Auszubildende Noten vergeben und seine Wertung kommentieren. Alles natürlich streng anonym, denn wer will sich schon als schärfster Kritiker seines Vorgesetzten outen?
Natürlich bergen diese Plattformen auch ihre Risiken: tendenziell machen eher frustrierte (Ex-)Mitarbeiter ihrem Zorn und ihrer Enttäuschung Luft. Dem begegnen die Betreiber der Seiten zwar mit Feedback-Regeln oder mit Kommentarfunktionen, die es anderen Arbeitnehmer und auch den betroffenen Unternehmen selbst erlauben, das entstandene Image zurecht zu rücken – verzerrt bleibt es aber auch so.
Umgekehrt ist der Anreiz für Firmen groß, durch fingierte Bewertungen selbst für gute Noten zu sorgen – mit gefakten Mitarbeiter-Accounts, Prämien für positive Kommentare und so weiter. Um solchen Missbrauch vorzubeugen, muss man sich bei den meisten Seiten registrieren. Viele Portale erlauben auch nur eine Unternehmensbewertung pro Account innerhalb eines gewissen Zeitraums. Aber echte kriminelle Energie hält auch das nicht ab.
Und dann ist da noch die Finanzierung: Die kostenlose Nutzung der Angebote wird durch Anzeigen der Unternehmen ermöglicht, die auf der gleichen Seite vielleicht massiv kritisiert werden. Zwar betonen Seitenbetreiber wie werbende Firmen unisono, dass negative Bewertungen keinen Einfluss auf die Anzeigenschaltung haben (und selbstverständlich auch umgekehrt…), in der Praxis lässt sich das aber natürlich nicht überprüfen.
Gute und schlechte Portale
Weil die Idee mit der Online-Bewertung von Arbeitgebern nicht mehr ganz neu ist und natürlich jeder beim Anderen gelungene Features abschaut, um möglichst hohen Nutzen zu bieten, sehen sich die Portale mittlerweile sehr stark ähnlich. Trotzdem gibt es große Unterschiede beim Nutzen der einzelnen Portale.
Auf diese Kriterien haben wir bei unserer Bewertung geachtet:
- Anzahl der Wertungen – Je mehr Unternehmens-Bewertungen vorhanden sind, desto größer ist der Nutzen für Bewerber.
- Aktualität der Wertungen – Liegt die letzte Bewertung eines Unternehmens zwei Jahre zurück, wirft das kein gutes Licht auf die entsprechende Seite.
- Zusatzinformationen – Kommentare ermöglichen die Einordnung der Wertungen: Beklagt sich einer über viel Arbeit, weil er lieber eine ruhige Kugel schiebt – oder weil die Belastung tatsächlich immens ist?
- Anzahl der Kriterien – Gibt es nur wenige Punkte oder stellt die Seite eine ganze Reihe Fragen zu verschiedenen Bewertungskriterien? Differenzierte Beobachtungen machen natürlich bessere Urteile möglich.
- Differienzierte Beurteilung - Kann der Bewerter nur zwischen „gut“ und „schlecht“ wählen oder anhand eienr Punkteskala Abstufungen vornehmen? Auch hier gilt: je differenzierter, desto besser.
- Suchfunktion – Ist die gezielte Suche nach Unternehmen möglich? Kann man die Ergebnisse auch nach Branche oder Region filtern?
- Information über Arbeitgeber – Sind Informationen zu Branche, Produktpalette und Größe des bewerteten Unternehmens vorhanden? Vielleicht soger der Link zur Firmenseite – oder gar zu aktuellen Stellenangeboten samt dem Bewerbungsformular?
- Arbeitgeber-Ranking – Genügt ein Blick in die Rangliste, um zu sehen, welcher Arbeitgeber besonders gut abschneidet?
- Benutzerfreundlichkeit – Wie gut ist die Seite aufgebaut? Findet der Nutzer schnell die nötigen Informationen odermuss er suchen? Lädt die Seite schnell oder dauert der Aufbau ewig?
Weil sie echten Mehrwert über die reine Bewertung hinaus versprechen, finden sich auf den meisten Bewertungsseiten mittlerweile auch diese Funktionen:
- Forum – Ein Forum bietet wertvolle Zusatzinformationen der Nutzer. Hier können Tipps und persönliche Erfahrungen ausgetauscht werden. Voraussetzung: Es wird gepflegt und bestenfalls moderiert.
- Blog – Ein gut gepflegtes Weblog bietet zeitnah Nützliches und Informatives rund um Portal, Firmen und Arbeitsmarkt.
- Zusatzinformationen – Gibt es Extras wie Bewerbungstipps, Expertenratschläge oder Berichte aus den Unternehmen?
Die Portale im Überblick
Bizzwatch
Ansprechendes Design, zwei verschiedene Bewertungsoptionen mit unterschiedlicher Fragenanzahl, Newsticker, Firmenranking, Unternehmensinfos, Karrieretipps, eigenem Fersehkanal: ein gutes bis sehr gutes Angebot. Manko: Es gibt keine Angaben zur Anzahl der bewerteten Unternehmen – und man muss sich erst registrieren, um alle Funktionen nutzen zu können.
Companize
Sehr ansprechend gemacht, ebenfalls zwei unterschiedlich ausführliche Fragenkataloge zur Bewertung, zusätzlich eine Kommentarmöglichkeit. Umfassender geht’s kaum. Informationen gibt’s nicht nur für Deutschland, sondern auch für Österreich und die Schweiz. Üppige Zusatzangebote wie Rankings, News, Blog, Firmeninfos und Gehaltsvergleiche runden das Angebot ab. Der Blog ist allerdings mit 13 Einträgen recht dünn bestückt, Bewertungen finden sich für gerade Mal 50 Firmen. Da ist noch viel Raum nach oben.
Evaluba
Übersichtliches Design, viele Zusatzangebote wie Forum, News und Firmeninfos, 2 verschieden ausführliche Bewertungsmöglichkeiten, mittlerweile auch ein recht breites Portfolio gelisteter Firmen, allerdings sehr wenig tatsächlich bewertete: Selbst für einige namhafte Hersteller findet sich keine Beurteilung. Das ist sehr schade, da mir die Seite wegen der vielen hervorragenden Ansätze am Besten gefällt.
Jobvote
Reines Bewertungsportal ohne Zusatzfunktionen. Einfache Bedienung, zwei unterschiedlich umfangreiche Wertungsfunktionen, Kommentarmöglichkeit. Leider ein recht überschaubares Angebot an bewerteten Firmen. Und gelegentlich lange Ladezeiten. In jeder Hinsicht optimierenswert.
Jobvoting
Leidlich übersichtliches Design, ausführliche Bewertungsmöglichkeiten mit Kommentarfeld. Dazu viele Firmeninfos, Gehaltsvergleich, Community und Ratgeber: Von der Idee her gut gemacht. Großes Manko: wie bei Evaluba sind noch recht wenige der gelisteten Unternehmen auch bewertet worden.
Kelzen
International ausgerichtete Bewertungsplattform mit drei verschieden umfangreichen Bewertungsmöglichkeiten. Mit über 16.000 abgegebenen Unternehmens-Bewertungen eine ordentliche Grundlage für die eigene Meinungsbildung. Vom Design her leider etwas unübersichtlich, da die Seite mit verschiedenen Rankings fast schon überfrachtet ist. Zusätzliche Angebote fehlen vollständig.
Kununu
Mit fast 170.000 Bewertungen der Platzhirsch unter den Anbietern. Übersichtliches Layout, angemessene Bewertungsmöglichkeiten, Bitte um Verbesserungsvorschläge bei schlechten Bewertungen, Kommentarfunktion, ausführliche Suchkriterien, aktuelle Stellenangebote bei den bewerteten Firmen – so bleiben fast keine Wünsche offen. Allein das Zusatzangebot ist mit Blog und Forum etwas mager ausgefallen.
MeinChef
Übersichtliche Seite, ausführliche Bewertungsmöglichkeiten, verschiedene Rankings und der Gehaltsvergleich stehen auf der Haben-Seite. Die Soll-Spalte ist allerdings auch ansehnlich: die Suchfunktion ist sehr mager, die Liste der beschriebenen Unternehmen lang, aber in weiten Teilen mit wenigen oder gar keinen Bewertungen versehen. Ebenfalls wünschenswert wären mehr Zusatzangebote wie Blog oder Forum.
Wolf
Interessant. Muss man halt noch eine Ausbildung/ein Studium haben, das erlaubt, den Arbeitgeber wählen zu können. Aber das haben die meisten Leser von Karrierebibel.de wahrscheinlich :-) Ein bestimmtes Portal empfehlt ihr aber nicht? Hatte mir ja einen “Redaktionstipp” erhofft statt einer Auflistung :-)
Jochen Mai
Hallo Björn,
wenn du genau liest, stellst du fest, dass jedes Portal spezifische Vor- und Nachteile hat (auch mal auf die Artikel-Empfehlungen achten – werden am Ende des Artikels beim Scrollen eingeblendet). Was dir bei solchen Portalen wichtig ist, wollten wir (diesmal) nicht für dich entscheiden. Aber ich denke, mit den Infos findest du auch so das richtige Portal. Davon abgesehen, solltest du nicht nur bei einem recherchieren. Je umfassender dein Bild vom Arbeitgeber, desto besser für dich.
Pingback: Arbeitszeugnis für den Arbeitgeber | Die ö-Show
Pingback: Re: Arbeitszeugnis für den Arbeitgeber (22.03.2012) | Die ö-Show
Sam
Die Tipps finde ich sehr gut – schade finde ich nur, dass einerseits zu wenige diese Tipps nutzen und umsetzen und / oder dass zu wenige Bewerber / Mitarbeiter sich berufen fühlen einen Kommentar auf diese Bewertungsseiten zu hinterlassen. Ich bin mir nicht ganz sicher woran das liegt – erschließt sich noch nicht der Nutzen so ganz oder hat niemand was zu sagen (was ich ehrlich gesagt schon sehr bezweifel)? Ich spreche jetzt nur mal für “unsere” Unternehmensseite – die Anzahl der Beurteilungen ist dort doch recht “übersichtlich”…
Christian Schroff
Hallo Sam, ich denke, das liegt einfach daran, dass diese Bewertungsportale noch längst nicht in aller Munde sind. Und wahrscheinlich auch daran, dass man doch recht viele Angaben zum Unternehmen machen muss. Das macht zwar Sinn, um aussagefähige Beurteilungen zu bekommen, aber leider auch ganz schön viel Arbeit. Schätze, das schreckt manche ab, die sich auf die Portale verirren.
Jens Sander
Hallo Herr Schroff,
spannender Artikel und ein schöner Überblick für Arbeitnehmer, auf welchen Portalen sie transparente Informationen zu Unternehmen gewinnen können.
Ein Hinweis zu unserem Portal: Unsere Firmensuche (http://www.companize.com/firmensuche) gibt immer nur 5 Seiten á 10 Ergebnisse aus. Dadurch ist wahrscheinlich der Eindruck entstanden, dass es erst 50 Bewertungen gäbe. Bei Variation der Suchanfrage werden weitere Ergebnisseiten und Bewertungsergebnisse präsentiert.
Viele Grüße,
Jens Sander
Pingback: Transparenz durch Arbeitgeberbewertungsportale – Fluch für Unternehmen, Segen für Bewerber? « personalmarketing | employer branding | social media – kritisch hinterfragt | personalmarketing2null