Vor allem bei Neueinstellungen liegen zeitlich befristete Arbeitsverhältnisse voll im Trend: Während vor 10 Jahren erst ein knappes Drittel der Einsteiger-Verträge zeitlich beschränkt waren, sind es aktuell fast die Hälfte. Und dieses Modell nimmt auch auf dem Gesamtmarkt zu: Insgesamt arbeiten rund zehn Prozent der Beschäftigten in Jobs mit klar definierter Laufzeit.

Das war sicher nicht die Intention des Gesetzgebers, der diese „atypischen Beschäftigungsverhältnisse“ schuf, um Unternehmen flexible Reaktionen auf Konjunkturschwankungen, ausnahmsweisen Personalbedarf und vorübergehenden Ausfall fest angestellter Kräfte zu ermöglichen. Aber die Tatsache, Arbeitskräfte bei Nichtgefallen ohne Aufhebens wieder loswerden zu können, machte dieses Arbeitsmodell so erfolgreich.

Befristung nutzt den Arbeitgebern – aber nicht ausschließlich

Natürlich profitieren von dieser Regelung in erster Linie die Unternehmen: Mit der Aussicht auf Verlängerung oder Umwandlung der befristeten Stelle in einen Festvertrag können sie Berufseinsteiger zu Höchstleistungen motivieren – ohne eine Verpflichtung einzugehen. Und weil seinen Arbeitsplatz riskiert, wer Kritik an Arbeitsbedingungen wagt, schlucken befristet Angestellte oft klaglos Termindruck und Überstunden – im Gegensatz zu Festangestellten, obwohl eigentlich die gleichen Bedingungen gelten müssen.

Allerdings kann dieser Schuss auch nach hinten losgehen: Ein Unternehmen, das Arbeitnehmer zu sehr unter Druck setzt oder zu lange hin hält, riskiert deren innere Kündigung – lange bevor das Arbeitsverhältnis wirklich endet. Weil die befristete Verträge nur dann kündbar sind, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist, müssen Arbeitgeber klaglos hinnehmen, wenn frustrierte vorübergehende Kräfte Dienst nach Vorschrift schieben.

Umgekehrt bedeutet das für Angestellte mit Zeitvertrag natürlich, dass sie nach der Probezeit (falls eine vereinbart wurde) erst Mal sicher im Job sind, bis der Vertrag ausläuft. Unbefristet Beschäftigte sind dies erst nach einem halben Jahr, wenn der Kündigungsschutz greift. Dieses Planungshorizont bietet eine gewisse Sicherheit und kann eine Chance sein, wenn er entsprechend genutzt wird.

Und das heißt: Ein halbes oder vielleicht ein ganzes Jahr Berufserfahrung sammeln und mit der dann durchstarten – besser bezahlt und hoffentlich unbefristet. Ausreichend Engagement im aktuellen Job zeigen, um ihn gegebenenfalls behalten zu können – aber immer mit offenen Auge für neue, bessere Gelegenheiten.

Gute Entwicklungschancen, schlechte Planungsmöglichkeiten

Befristung

Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist auf zwei Arten möglich:

1. Befristung mit Sachgrund

Sachgründe, die eine Befristung rechtfertigen, sind:

  • Der Bedarf besteht nur vorübergehend.
  • Ein Angestellter soll ausprobiert werden.
  • Ein Azubi wird übernommen, um seine Chancen zu verbessern.
  • Der Arbeitnehmer vertritt vorübergehend einen Mitarbeiter.
  • Es handelt sich um eine Saisonstelle,
  • Es ist eine Projektstelle,
  • Die Stelle ist haushaltrechtlich oder
  • aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs befristet.
2. Befristung ohne Sachgrund

Ohne Sachgrund dürfen Arbeitsverträge befristet werden, um etwa

  • Mitarbeiter unverbindlich auszuprobieren. Solche Verträge dürften innerhalb von 2 Jahren höchstens drei Mal verlängert werden.
  • Existenzgründer in den ersten vier Jahren vor langfristugen Verpflichtungen zu bewahren. Sie dürfen Veträge mit Angestellten bis zu 48 Monate verlängern.
  • Älteren den Wiedereinstieg zu ermöglichen. Solche Verträge dürfen sogar bis zu einer Dauer von 5 Jahren verlängert werden.

Doch es gibt noch längere Fristen: Stellen in Universitäten und Forschungseinrichtungen dürfen bis zu sechs Jahren verlängert werden, im Medizinbereich sogar bis zu neun Jahren.

Das bedeutet aber auch: sich nicht zu sehr mit der aktuellen Stelle identifizieren und keinesfalls alle Hoffnung auf deren Fortbestand setzen. Sondern das Ende, wenn es denn kommt, nicht tragisch nehmen, den Frust abschütteln und neu durchstarten. Fragt sich nur, wie oft: Spätestens, wenn eine befristete Stelle auf die andere folgt, bleibt irgendwann die Fähigkeit zur Selbstmotivation auf der Strecke, das Resultat ist Frust. Von dort ist es nicht weit zur Sinnkrise, im Schlimmsten Fall droht ein Burnout.

Extrem davon gefährdet sind insbesondere Leute, denen Sicherheit und Planbarkeit wichtig sind. Wer davon träumt, in „geordneten Verhältnissen“ zu leben, eine Familie zu gründen und ein Haus zu kaufen, braucht dafür eine Perspektive und finanzielle Absicherung – nicht nur aus psychischen Gründen. Schließlich erwarten die Banken, die die Immobilie finanzieren sollen, zu ihrer eigenen Sicherheit einen unbefristeten Arbeitsvertrag.

Optimal sind befristete Jobs dagegen für die Leute, denen beim Gedanken schlecht wird, die nächsten zehn, fünfzehn Jahre am gleichen Ort tätig zu sein, weil sie ständig auf der Suche nach neuen Herausforderungen sind. Diese „Jäger und Sammler“ nehmen auch Zeiten der Arbeitslosigkeit und Tricks beim Umgehen der Befristungsgrenze dankend in Kauf – Hauptsache, die Abwechslung nimmt kein Ende.

Für die Meisten ist eine befristete Stelle aber nur ein Durchgangsstadium, das sie beim Berufseinstieg hinnehmen müssen. Unterm Strich streben sie einen festen Arbeitsvertrag an – auch wenn sie sich damit nicht ewig binden wollen. Weil für immer mehr Menschen die eigene Entwicklung an Bedeutung gewinnt, sind sie dafür auch zum Jobwechsel bereit. Aber, bitteschön, freiwillig sollte er sein.

Bleibt es so, wie es ist?

Ungewiss ist allerdings, wie lange dieses Spiel weiter geht: Sicher wird es auch künftig verlockend sein, einen Angestellten erst Mal unverbindlich kennen lernen zu können. Der aufziehende Fachkräftemangel wird aber dafür sorgen, dass das Unternehmen viel früher Perspektiven bieten müssen, wenn sie gute Mitarbeiter langfristig binden wollen – darauf wird es zukünftig immer stärker ankommen).

Arbeitgeber, die weiterhin bis kurz vor Vertragsende mit der Verlängerung oder der Festanstellung warten, riskieren die Abwanderung ihrer High Potentials zu einem Mitbewerber. Das ist gleich doppelt fatal, denn sie verlieren neben dem Können der Mitarbeiter alles, was sie in deren Einarbeitung investieren mussten.

Natürlich stärkt das die Position der Arbeitnehmer: Wer das nötige Potenzial besitzt, hat künftig wohl gute Karten bei der Gestaltung langfristigiger Arbeitsperspektiven. Das nutzt unterm Strich auch den Unternehmen.