Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht! Für viele Menschen ist dieser Satz Ausdruck von Glück und Erfolg. Was kann es auch Schöneres geben? Hey, ich muss nicht mehr arbeiten – nein, ich gehe meinem Hobby nach und bekomme auch noch Geld dafür! Doch auch auf die Gefahr hin, dass ich Ihnen den Morgen verderbe: Genau dies ist eine Illusion, ein Mythos und ein gefährlicher noch dazu. Denn wie Wissenschaftler immer wieder festgestellt haben, passiert dabei nahezu immer dasselbe: Wenn wir für eine Sache, die wir von uns aus gerne tun, plötzlich Geld (oder eine Belohnung) bekommen, dann tun wir dies irgendwann nur noch, um das Geld zu bekommen – nicht aber um der Sache willen.
Korrumpierungs-Effekt, im Fachjargon auch Overjustification Effect, wird dieses Psychophänomen genannt. Genau genommen wird dabei die innere, intrinsische Motivation durch einen externen, extrinsischen Anreiz (Geld) ersetzt, beziehungsweise von dem verdrängt – bewusst oder unbewusst. Resultat: Neugier, Interesse und Motivation sinken, es geht uns neuerdings hauptsächlich um die Belohnung.
Wie wir ticken
Falls Sie noch ein Weihnachts-Geschenk suchen: Mehr dieser Effekte finden Sie in dem Bestseller “Ich denke, also spinn ich“. Es ist das dritte Buch von mir, das ich zusammen mit meinem Freund Daniel Rettig geschrieben habe.
Schon vor Jahren haben die beiden Psychologen Mark Lepper (Stanford-Universität) und David Greene (Universität von Michigan) mit dem Korrumpierungs-Effekt experimentiert. Damals sollten 51 Vorschulkinder zwischen drei und fünf Jahren einfach ein paar Bilder malen – eben das, was sie von sich aus schon gerne taten. Dann jedoch teilten sie die beiden Psychologen heimlich in drei Gruppen ein:
- Der ersten Gruppe wurde erzählt, sie würden für ihre Bilder hinterher ein Zertifikat sowie eine Auszeichnung bekommen – vergleichbar mit der Ankündigung eines festen Lohns.
- Die zweite Gruppe bekam ebenfalls eine Auszeichnung – wusste vorher aber nichts davon. Sie wurden also mit dem Bonus erst bei der Abgabe ihrer Bilder überrascht.
- Die dritte Gruppe bekam nichts. Entsprechend wurde ihnen vorab weder etwas in Aussicht gestellt noch versprochen.
Um den Faktor Neid auszuschließen, erhielten die betreffenden Kinder ihre Urkunden separat. Außerdem wurde einzeln beobachtet, wie sich ihre Malmotivation in den nächsten Tagen entwickelte. Das Ergebnis fiel mehr als eindeutig aus: Jene Kinder, die mit einem festen Lohn zu rechnen hatten, malten dramatisch weniger. Sie investierten nur noch die Hälfte ihrer Zeit in die Buntstifte und verbrachten den Rest lieber mit Spielen oder Faxen. Die Mallust der Kinder ohne jedwede Belohnung dagegen lag mit rund 15 Prozent der investierten freien Zeit deutlich höher und wurde nur noch durch die Gruppe mit Überraschungspreisen getoppt: Sie waren am motiviertesten und investierten fast 20 Prozent ihrer Zeit in neue Bilder.
Besonders fatal: Das künstliche Doping muss meist auch noch von Mal zu Mal gesteigert werden, damit es seine Wirkung beibehält. Tödlich für jeden Funken Spaß.
Verstehen Sie das aber bitte nicht falsch: Natürlich ist das kein Aufruf zum Lohnboykott. Gute Arbeit sollte auch weiterhin fair bezahlt werden. Bloß das Instrument angekündigter Boni, insbesondere die in Millionenhöhe, scheint vor diesem Hintergrund mehr als fraglich. Und sein Hobby zum Beruf zu machen, ist vielleicht doch keine so gute Idee – jedenfalls, wenn man dem Hobby noch lange mit Spaß nachgehen will…
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stillthrill
Hmm.. ein wenig kann ich mich da wiederfinden, da teilweise ich selbiges auch schon gemacht habe. Danke für den Beitrag!
Michael
Was auch noch eine wichtige Rolle spielt ist der folgende Aspekt:
Ein Hobby ist in der Regel eine Freizeitgestaltung, der man zumeist nicht jeden Tag nachgehen kann. Deswegen ist ein Hobby, zumindest für mich, ein Highlight in meiner terminlichen Planung und deswegen etwas Besonderes. Macht man nun eben dieses Hobby zum Beruf, übt man es zwangsläufig täglich aus und es verliert den Rang des Besonderen. Schade um das Hobby und um die vorherige Freude darauf.
bee
…und das ist der Grund, warum ich Grafik studiere und nicht Fotografie lerne. Denn Fotografie ist mein Hobby. Grafik ist nahe genug dran (kreativ, bunt, lebendig), ich kann Fotografie einfließen lassen, aber es ist eben nicht dasselbe.
Felicitas
Guten Morgen!
Ein Bekannter hat vor zwei Jahren den GF-Posten in einem Unternehmen übernommen, in dem es Praxis war, die Boni ohne Überprüfung der Leistung auszuzahlen. Konsequenter Weise hat er einem Mitarbeiter den Boni gestrichen, weil die entsprechende Leistung fehlte. Dieser war bestürzt – hatte er doch den Betrag schon fest für den Umbau seiner Garage eingeplant….
Einen schönen Tag wünscht Euch Felicitas
Saskia
Ich arbeite im Tourismus und reisen ist absolut mein Hobby und meine Leidenschaft. Mir macht es bisher noch sehr viel Spaß.
Isa
So schön eine Belohnung also ist, sie wirkt nicht immer förderlich.
Babsy
Hoffentlich hatten die Kinder danach wieder Spaß am malen, nachdem sie keine Belohnung mehr bekommen haben…
Christian
Noch schlimmer sind angekündigte Boni/Vergütungen die dann entfallen bzw. nicht geleistet werden.
Antje Radcke
Also, das Beispiel mit den malenden Kindern bedeutet in meinen Augen zunächst mal nur eines: Weg mit den Zensuren in der Schule (die verderben den Kindern ja nicht nur den Spaß am Malen).
Zum anderen heißt doch “das Hobby zum Beruf machen” nichts anderes als “das Hobby wird zum Beruf und ist dann kein Hobby mehr” – wer dann noch Zeit für ein Hobby hat, sucht sich ein anderes.
Dennoch finde ich den Hinweis berechtigt: Im Beruf zählt (auch) das Einkommen – und das bedeutet, dass man nicht immer nur das wird machen können, was einem gerade Spaß macht. Wem das bewusst ist beim Start in die Professionalisierung, könnte damit erfolgreich sein.
Hülya [Mobile]
Mein Hobby kann ich mir nicht zum Beruf machen, da ich es als Entspannungsmöglichkeit sehe. Wenn ich es nachgehe, schalte ich ab und versuche mich Nicht auf die Arbeit zu konzentrieren.
Claudia C.
Meine Devise ist auch, dass das Hobby nicht der Beruf sein sollte, da man sich sonst schnell den Spass am Hobby verdirbt.
Da mein Hobby unter anderem Lesen ist, auch wenn es öfters für den Beruf ist, drücke ich mir heute mal feste die Daumen, damit es endlich mal klappt mit einem Buchgewinn.
Jens
Aber doch irgendwie erschreckend!
Jeder würde doch gerne am liebsten den ganzen Tag etwas machen, was ihm gefällt (=sein Hobby ist).
Und wenn sich damit noch Geld verdienen lässt, umso besser.
Erik H.
Sehr interessant, vllt. ist es clever eine Mischform zu finden. Das man eventuell einen Teil seines Hobbys in den Beruf integrieren kann. :)
Paul
Hmm, schreckt mich das jetzt ab? Nöö. Ich bin zwar auf einem “guten” Weg in genau diese Richtung, hoffe allerdings wie immer, dass ich eine Ausnahme bin und sich dieses Phänomen bei mir nicht einstellt ;)
Andrea Meiborg
Für mich ist der Spruch; das Hobby zum Beruf machen; einfach nur etwas falsch formuliert. Es müsste eher heißen die persönlichen Neigungen und Fähigkeiten zum Beruf machen. Wer einen Beruf ergreift, der so gar nix mit der Persönlichkeit zu tun hat, der wird definitiv nicht glücklich und leistet somit auch keine gute Arbeit. Man sollte wenigstens einbisschen Spass/Freude an dem haben, was man Tag für Tag tut.
Larissa Fuad
wie immer ein interessanter Artikel
S. Heller
Danke für den guten Beitrag.
Gruß
jtoth
Lösung: den Beruf zum Hobby machen!
Jonas
Gutes Fazit!
Tag 15… kann ja nur Glück bringen.
Isabella
Mal schauen, obs diesmal was wird.;)
Franzi D.
ICH WILL BÜÜÜÜCHER!!!! :)
Stefan77 [Mobile]
Naja de Artikel kann ich nicht bestätigen.
Georg
Wenn schon kein Hobby, sollte der Job trotzdem etwas Freude machen…
Frank
Bücher, ich liebe Bücher!
Jochen Mai
Herzlichen Glückwunsch an Felicitas – sie hat heute die 2 Bücher gewonnen….
Mirko D. Walter
Eine andere Sichtweise könnten eventuell denen helfen, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben, bevor sie sich mit Psychologie beschäftigt haben: Arbeit und Hobby nicht als zwei Teile betrachten und so stark voneinander trennen, wie das viele tun. Ich kenne viele Kleinunternehmer, bei denen es keine Grenze zwischen “Job” und “Hobby” gibt. Wenn überhaupt gibt es einen Unterschied zwischen “Reinhauen” und “Entspannung”. Wobei “Entspannung” nicht als Hobby gesehen wird.
Marc [Mobile]
… Ich denke auch, dass ein fest eingeplanter Boni keine gute Sache ist. Man stellt sich sofort darauf ein und erwartet ihn beim nächsten Mal automatisch. Somit ist man enttäuscht, wenn es dann keinen gibt und die Stimmung im Team fällt…
Es sollte also immer überraschend und spannend bleiben.
Grüße Marc
Tammo
Dass externe Motivatoren, wie Geld, eine intrinisische Motivation verdrängen könnten und sich daraus ableiten ließe, dass Menschen, die ihr Hobby zum Beruf machen und damit ihrer intrinsischen Motivation folgen, nach und nach ihr Interesse an ihrem Hobby bzw. Beruf verlören, weil sie maßgeblich durch die Entlohnung motiviert würden, halte ich nicht für richtig. Eine Reihe neuerer Studien hat diesen Effekt widerlegt und die Zusammenhänge genauer konkretisiert. Die Schlussfolgerung, dass die intrinsische Motivation für ein Hobby in dem Moment schwände, in dem man dafür eine Entlohnung erhielte, kann nicht verallgemeinert werden. Sie trifft nur dann zu, wenn auch gleichzeitig die Kontrolle und Selbstbestimmung über die ausgeübte Tätigkeit und damit eine Einschränkung der Selbstentfaltung stattfindet. Hierzu möchte ich ein Beispiel nennen:
Stellen Sie sich vor, ein Controller hat eine Leidenschaft für Fotografie und möchte damit zukünftig seinen Lebensunterhalt verdienen. Die erste Frage, die sich stellt, ist, welche Motive dieser Leidenschaft zugrunde liegen: Ist es das Fotografieren selber, der künstlerische Prozess der Bildgestaltung, die Zusammenarbeit mit anderen Menschen, das Lob und die Wertschätzung für das Ergebnis…? Stellt sich heraus, dass z. B. die Zusammenarbeit mit anderen Menschen oder das Lob und die Wertschätzung für das Ergebnis die zentralen Motive sind, dann wird die Person auch bei der beruflich ausgeübten Fotografie von Menschen intrinisisch motiviert sein und dafür brennen, das beste Ergebnis abzuliefern. Unabhängig davon, ob er dafür entlohnt wird oder nicht. Erhält er allerdings die Anfrage, für ein Unternehmen 50 Bratpfannen für einen Katalog zu fotografieren, so werden seine eigentlichen Motive nur wenig oder gar nicht angesprochen und damit bleibt die Erfüllung intrinsischer Motive aus. In diesem Fall wurde die Selbstbestimmung über die ausgeübte Tätigkeit teilweise aufgeben und an die Stelle der eigentlichen intrinsischen Motive die Entlohnung als externes Motiv gesetzt.
Es ist also nicht die Entlohnung selbst, die schädlich ist, sondern ein potenzielles Defizit an erfüllten intrinischen Motiven, das bei einer (entlohnten) Tätigkeit bestehen kann. Der Korrumpierungseffekt tritt folglich also nur dann zu Tage, wenn die Kontrolle und Selbstbestimmung über die Verfolgung der intrinsischen Motive teilweise oder ganz zugunsten extern motivierter Tätigkeiten aufgegeben wird. Um den Korrumpierungserffekt zu vermeiden, empfiehlt sich somit Folgendes:
1) Behalten Sie die Kontrolle über die Auswahl der von Ihnen ausgeübten Tätigkeit. Fragen Sie sich: Macht mir der Auftrag oder die Tätigkeit Freude? Was motiviert mich, den Auftrag oder die Tätigkeit auszuüben?
2) Entwickeln Sie sich im Umfeld Ihrer Leidenschaft kontinuierlich weiter und setzen Sie sich immer wieder neue Ziele. Sorgen Sie für Spaß und Abwechslung in Ihren Tätigkeiten, indem Sie immer wieder für neue Herausforderungen sorgen. Fragen Sie sich: Wie kann ich noch besser werden? Was würde ich gerne einmal ausprobieren?
3) Arbeiten Sie erfolgsbezogen. Sehen Sie dabei als Ziel nicht vorrangig die Entlohnung, sondern die Perfektion und Weiterentwicklung der eigenen Leidenschaft als kontinuierliche Selbstentfaltung. Fragen Sie sich: Welche Form der externen Anerkennung motiviert und unterstützt mich?
Was ist die Alternative?
Die Verfechter des Korrumpierungseffektes übergehen zudem die Tatsache, dass eine Alternative mitnichten besser aussähe. So lassen sich Zufriedenheit und Erfüllung in einem Beruf, der die intrinsischen Motive nicht erfüllt, nämlich überhaupt nicht erreichen. Dies ist vollkommen losgelöst vom Entlohnungssystem. Interesse lässt sich nicht erkaufen und ein durch finanzielle Anreize erzwungener Leistungsdruck wirkt eben nur in einem als positiv empfundenen Umfeld förderlich auf das Interesse an und damit die Qualität der Arbeit.
Sollte also jemand, der sich für eine berufliche Tätigkeit entschieden hat, die seine Leidenschaft ist und mit der er intrinsische Motive erfüllt, von Zeit zu Zeit auch einmal extrinsisch motivierte Tätigkeiten oder Aufträge ausführen, so liegen diese doch immer noch in seinem Interessesumfeld, das er als positiv empfindet. Gegenüber jemanden, der seiner Leidenschaft beruflich nicht nachgeht, wird er also selbst in diesen Tätigkeiten der eigenen Zufriedenheit und Erfüllung im Beruf noch deutlich näher sein. Somit ist es absolut empfehlenswert, seinen Leidenschaften auf den Grund zu gehen und sich beruflich in deren Richtung zu orientieren, wenn man Zufriedenheit und Erfüllung im Job finden möchte.
Beste Grüße, Tammo