Ein Gastbeitrag von Barbara Schieche, Kommunikationsberaterin
Also ich weiß ja nicht, welche Erziehung Sie genossen haben. Bei mir zuhause wurde jedenfalls Gastfreundschaft großgeschrieben: Besuchern bot mein Vater nach einer herzlichen Begrüßung stets sofort etwas zu Trinken an. Kurz darauf wurde je nach Tageszeit auch etwas zu Essen offeriert. Kein Wunder also, dass wir zuhause oft Besuch hatten. Gäste fühlten sich bei uns einfach wohl.
Kein Wasser, keine Kekse
Ich habe daraus gelernt: Wenn man zusammensitzt, sollte es weder an Getränken noch an Essbarem fehlen. Das gilt meines Erachtens nicht nur für Zusammenkünfte mit Freunden und Nachbarn, sondern auch für Businessmeetings. Doch was ich dort in Sachen Bewirtung erlebe, ist zum Teil nicht nur gedanken-, sondern auch rücksichtslos: Weit und breit kein Glas Wasser in Sicht, und das bei 30 Grad im Schatten; Besprechungen, die sich über Stunden hinziehen, ohne auch nur den kleinsten Kekskrümel.
Kunden sind auch Menschen
Dabei wäre es im Prinzip so einfach: Ein paar Getränke (Kaffee, Tee, Wasser, Saft), ein bisschen was zwischen die Zähne (Kekse, Schokolade oder gar frisches Obst) und wenn man über Mittag meetet, dann zumindest ein belegtes Brötchen für jeden. Kunden, Geschäftspartner und sogar Dienstleister (!) sind eben auch Menschen, die nicht nur Informations- oder Beratungsbedarf, sondern auch Hunger und Durst haben. Allerdings wird diese menschliche Komponente sehr oft vollkommen außer Acht gelassen.
Mehr Hirnleistung mit regelmäßiger Energiezufuhr
Das hat negative Auswirkungen auf das Meeting und seine Ergebnisse. Denn wenn die Grundbedürfnisse Hunger und Durst nicht befriedigt sind, denkt es sich schlecht. Oder geht es nur mir so, dass ich mich mit dem Reden etwas schwer tue, wenn die Zunge mangels Wasserzufuhr am Gaumen klebt? Bin ich die Einzige, deren Blutzuckerspiegel nach zwei Stunden in den Keller sinkt, wenn nicht ab und an ein Keks eingeworfen wird? Gibt es niemanden außer mir, der regelmäßig Energiezufuhr braucht, um auf der Höhe seiner Hirnleistung und Schaffenskraft zu bleiben?
Nicht mehr still vor sich hinleiden
Ich glaube nicht. Nur traut sich meistens keiner, was zu sagen. Jeder versucht tapfer das Meeting zu überstehen – respektive zu übersitzen – und die in ihm aufsteigenden Bilder von einem Glas Wasser und oder einer kleinen Süßigkeit geflissentlich zu ignorieren. Ich habe jedoch beschlossen, ab jetzt nicht mehr still vor mich hin zu leiden, sondern stets eine Flasche Wasser und ein paar Kekse bei mir zu führen – und diese auch nach zwei Stunden Meeting „auf dem Trockenen“ mit den Worten auszupacken: „Entschuldigen Sie, ich muss jetzt einfach eine Kleinigkeit essen und trinken. Möchte noch jemand?“
Sich einfach wohlfühlen
Und was soll ich sagen: Es wirkt. Mit diesem „Anfall von Menschlichkeit“ in einer Businessrunde wird der Gastgeber „sanft“ auf sein „Vergessen“ hingewiesen und eilt meist sofort zum Telefon, um Entsprechendes zu ordern oder gar höchstselbst in die Küche. Und bei den anderen Gesprächsteilnehmern sammle ich für meine Offenheit stets Pluspunkte. Wer sagt denn, dass Businessmeetings nicht gemütlich sein dürfen beziehungsweise man sich dort nicht auch wohlfühlen darf?
Checkliste für den Meeting-Raum
Seien Sie also ein guter Gastgeber! Wenn Sie ein Meeting einberufen haben, dann denken Sie nicht nur an Agenda und Folienpräsentationen, sondern ebenso an:
- Kaffee
- Milch
- Zucker
- Tee (ja, es gibt auch Teetrinker!)
- Wasser
- Apfelsaft
- Orangensaft
- Kekse
- Schokolade
- Gummibärchen
- frisches Obst
… und wenn Meetings den ganzen Tag gehen, dann vergessen Sie bitte nicht, zumindest belegte Brötchen zu ordern.
PS: Rauchpausen einlegen!
Abschließend noch etwas, was häufig vollkommen außer Acht gelassen wird, aber enorm wichtig ist: Wenn auch gesellschaftlich immer mehr geächtet, so gibt es diese Spezies nach wie vor unter uns: den Raucher. Deshalb fragen Sie bei der Eröffnung eines Meetings, ob Rauchpausen gewünscht werden. (Manchmal erübrigt sich diese Frage auch, weil man den Raucher bei der Begrüßung erriecht.) Denn es wäre doch wirklich dumm, wenn ein wichtiger Auftrag deswegen nicht zustande kommt, weil der entscheidungsmächtige Vorstand Ihren Ausführungen mangels Nikotin nicht folgen konnte.
Über die Autorin:
Barbara Schieche verfügt über zehn Jahre Erfahrung in der Kommunikationsberatung. Die studierte Philosophin war viele Jahre als Consultant bei einer renommierten PR- und Marketingagentur tätig. Dort hat sie sich auf den PR-Start von Unternehmen spezialisiert. Seit Mitte 2005 hat sie sich mit dem Büro für Website Consulting & Kommunikation in München selbstständig gemacht und fokussiert sich auf die Beratung in puncto zielgruppengerechter, anwenderfreundlicher und suchmaschinenoptimierter Internetauftritte.
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Heidi Assmann
Schön wäre es, wenn es wirklich nur vergessen würde. Oft genug heißt es, es muss gespart werden, Catering ist nicht drin. Krassestes Beispiel war der Hinweis auf einen nahegelegenen Supermarkt, den man ja in der Pause aufsuchen könne.
Rainer
“… und wenn man über Mittag meetet”.
(Bullshit-)Bingo!
Michael (Eifelpfeil) Kieweg
Stellt sich die Frage, ob Meetings so lang sein müssen. Ich merke es ja oft, wenn ich Kunden in der Werkstatt habe, die noch irgendwas besprechen wollen.
Eigentlich ist nach 20 Minuten alles geklärt und jeder könnte zufrieden seiner Wege gehen. Aber weil Kaffee auf dem Tisch steht und vielleicht noch die ein- oder andere Süßigkeit und man ja gerade bequem sitzt und die Werkstatt so romantisch ist….. Da wird dann noch 2 Stunden weiter gequatscht über dies und jenes, was wenn überhaupt, nur noch ganz am Rande mit dem bestellten Bogen zu tun hat.
Klar, gehört es dazu, daß sich der Kunde wohl fühlt, aber der Weg zur Zeitverschwendung ist breit und kurz. und kein Kunde gibt mir Aufschub, wenn ich nach 5 solcher Treffen in Verzug gerate….
Michael
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Aroundallblogger
Man betritt einen Raum mit einem Tisch und 10 Stühlen. Ungepolsterte Metall/Holz ungetüme. Minutenlang versucht man eine Körpergerechte SItzposition zu finden, was so gut wie unmöglich ist. Sobald alles geklärt ist verlässt man fluchtartig die Folterkammer.
Oder es stehen Kaffee und Kuchen bereit ( allein die Tasse in der Hand lässt einem tolle Möglichkeiten sich bequem zu setzen ) und am Ende wird ausgetrunken, aufgegessen, und dann wird gegangen.
Ein klein wenig Gastfreundschaft macht Eindruck, verbessert die Stimmung auf Anhieb, und wer nicht will nimmt sich eben nichts. Hat nur Positive Aspekte, das ganze.
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Karl J. Wargan
Ich habe schon einige Seminare/Vorträge besucht.
Die Sitzgelegenheiten erinnerten an ein Kino oder Theater, allerdings mit Plastik- oder Holzsitzen.
Ohne Pause ging es oft mehr als drei Stunden am Stück. Für den Redner war das kein Problem. Er hatte sein Glas Wasserr immer griffbereit. Manchmal wechselten sich auch zwei-drei Redner ab. Die Raumtemperatur war selten angenehm.
Viele Seminarteilnehmer fingen nach ca. zwei Stunden an, sich auf den Sitzen zu verrenken. Auf einer unbequemen Sitzunterlage kann kaum Jemand ruhig sitzen bleiben, ohne manche Körperstellen zu spüren.
Die meisten Teilnehmer waren froh, wenn Alles vorüber war. Deshalb waren auch die wenigsten Teilnehmer während des Seminars voll konzentriert!
Gab es mal Erfrischungen, dann musste man sich diese ausserhalb des Seminarraumes organisieren und oft überteuert bezahlen.
Meine Seminare sind deshalb auch auf maximal 15 Teilnehmer begrenzt. Es gibt Getränke und kleine Snacks. Raucher müssen allerdings vor die Haustüre gehen, was akzeptiert wird.
Jeder Teilnehmer hat die Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch.
Michael (Eifelpfeil) Kieweg
Ich sehe einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Meetings und Seminaren / Vorträgen.
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