Frauen setzen im Job häufiger auf Kooperation – Männer verdienen ihr Geld bevorzugt als Einzelkämpfer. So das gängige Klischee. An dem scheint jedoch mehr dran zu sein als nur ein Stereotyp. Zu diesem Ergebnis kommt jetzt eine Verhaltensstudie (PDF), dessen Ergebnisse das Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) veröffentlicht hat. Danach entscheiden sich Männer häufig nur dann für Teamarbeit, wenn sie daraus einen konkreten materiellen Vorteil erzielen können.

Bei dem zugrunde liegenden Experiment ließen Verhaltensökonomen an der Universität Lyon 174 männliche und weibliche Probanden gegen Bezahlung verschiedene Aufgaben lösen. Dabei konnten die Teilnehmer wählen, ob sie nach Einzel- oder Teamleistung entlohnt werden wollten. Während sich die leistungsstärksten Männer mehrheitlich für Einzelarbeit entschieden, wählten die Frauen – unabhängig vom eigenen Leistungsniveau – bevorzugt die Teamvariante.

Die Forscher vermuten dahinter drei Gründe:

  • Frauen schätzen die Leistung ihrer Mitstreiter weniger pessimistisch ein als Männer.
  • Frauen legen mehr Wert auf soziale Aspekte des Arbeitens, etwa das faire Teilen des gemeinsam erwirtschafteten Gewinns.
  • Männer sind empfänglicher für materielle Anreize: War der im Team erzielbare Stücklohn nur geringfügig höher, entschieden sie sich im gleichen Maße für Teamarbeit wie Frauen.

Die Forscher sehen in ihren Ergebnissen allerdings auch ein potenzielles Dilemma für die Personalpolitik: Schaffen Arbeitgeber ein kooperatives Arbeitsumfeld mit teambasierter Entlohnung, könnte das auf männliche Leistungsträger eher abschreckend wirken.

Finden Sie heraus, wie gut Ihr Team ist

Apropos Teamarbeit: Immer wieder bescheinigen Studien, dass Menschen, wenn sie versuchen Gruppenentscheidungen zu treffen, die meiste Zeit damit verbringen, anderen Dinge zu erzählen, die schon alle wissen. Kaum einer ist bereit, neue Aspekte einzubringen oder Informationen zu teilen, die nur er oder sie besitzt. Und dabei ist es völlig unerheblich, ob diese Teams nach einem neuen Mitarbeiter, dem besten Investment oder nach einem Schuldigen suchen. Das Ergebnis ist in allen Fällen dasselbe: Mittelmaß – und miese Entscheidungen.

Dazu fällt mir es ein ebenso faszinierendes wie kreatives Spiel ein, über das ich vor einiger Zeit schon geschrieben habe: die sogenannte Marshmallow Challenge, bei der einzelne Teams aus Spaghetti einen Turm bauen sollen.

Was wirklich dabei passiert, ist aber etwas anderes: Sie können auf diese Weise ebenso einen subtilen Testlauf absolvieren, wie gut Ihre Teams zusammenarbeiten, bevor Sie sie an ein echtes Projekt setzen. Die Regeln der Marshmallow Challenge sind zudem simpel: Jedes Team bekommt…

  • 20 Spaghetti
  • 1 Rolle Klebeband
  • 1 Rolle Bindfaden
  • 1 Marshmallow

Ziel ist es, binnen 18 Minuten mit den Spaghetti den höchstmöglichen, freistehenden Turm zu bauen auf dessen Spitze der Marshmallow stecken muss.

Keine allzu schwere Aufgabe, sollte man meinen. Und üblicherweise beginnen die Teams auch sofort damit, zu kollaborieren: Sie diskutieren diverse Bauarten, planen das Konstrukt und beginnen schließlich damit, einen solchen Spaghetti-Turm zu erschaffen, bis 18 Minuten später – Ta-da! – der Turm steht und jemand triumphal den Marshmallow oben aufsteckt. Was aber mehrheitlich passiert, ist, dass sich das Ta-da!-Erlebnis in eine Oh-Oh!-Krise verwandelt und der Turm zusammenbricht.

Wie sich bei diversen Experimenten mit der Marshmallow Challenge zeigte, waren die schlechtesten Teams ausgerechnet Absolventen einer Business School: Sie bekriegten und betrogen sich, arbeiteten nicht zusammen, sondern gegeneinander oder ließen andere für sich arbeiten… Kommt Ihnen das bekannt vor?

Dann lesen Sie bitte weiter! Die Gruppen, die dagegen am besten abschnitten und praktisch nie an der Aufgabe scheiterten, waren – Kindergartenkinder.

Warum ist das so?

Nun, die Antwort ist weder überraschend noch so trivial wie sie klingt: Zu keinem Zeitpunkt hat eines der Kinder versucht, CEO von Spaghetti Inc. zu werden. Eitle und Kräfte zehrende Rivalitätskämpfe fielen damit schon einmal weg. Der zweite Grund ist aber noch interessanter: Die Business-School-Absolventen waren darauf trainiert, die einzig richtige Lösung zu finden. Wenn sie dann aber den Marshmallow auf die Spitze piksten und die ganze Konstruktion zusammenbrach, hatten sie keine Zeit mehr, eine neue zu bauen – und erleben eine klassische Krise. Die Kindergartenkinder dagegen begannen einfach mit einer Marshmallow-Spaghetti-Konbination und bauten darauf basierend Prototypen – einen um den anderen. Immer mit dem Marshmallow oben auf. So verbesserten sie ständig ihre Konstruktion, erlebten Erfolge und Irrtümer, hatten am Ende die ungewöhnlichsten Bauwerke – aber eben auch solche, die aufrecht standen. Und natürlich bekam jeder im Kinder-Team unmittelbar Feedback darüber, was funktionierte und was nicht.

Wer baut die höchsten Türme?

Auch das haben die Initiatoren um Tom Wujec, einem eifrigen Anwender der Marshmallow Challenge, gemessen. Ergebnis:

  • Der Durchschnitt kommt auf eine Bauwerkshöhe von 50 Zentimetern.
  • Business-School-Absolventen erreichen im Schnitt nur 25 Zentimeter.
  • Anwälte schaffen immerhin schon eine Höhe von rund 40 Zentimetern.
  • CEOs konstruieren im Schnitt 60 Zentimeter-Bauwerke.
  • Kindergartenkinder bauen bis zu 75 Zentimeter hoch.
  • Teams mit nur einem CEO werden sogar noch besser: rund 80 Zentimeter.
  • Am höchsten aber bauen Ingenieure und Architekten – bis zu einem Meter hoch (wenn sie vorher nich scheitern).

Bemerkenswert ist zudem, was passierte, als Tom Wujec zehn Teams aus Design-Studenten zu einem Wettkampf aufforderte und dem besten davon einen Preis von 10.000 Dollar versprach: nichts. Kein Team erschuf einen haltbaren Turm – im Gegensatz zu den zehn Teams, die ohne Belohnung immerhin ein paar Bauwerke zustande brachten. Als man wiederum denselben Teams vier Monate später dieselbe Aufgabe noch einmal stellte, waren fast alle erfolgreich: Sie hatten erkannt, wie wichtig es ist, miteinander zu arbeiten und obendrein über Prototypen einen standfesten Turm zu entwickeln.

Die ganze Geschichte können Sie sich übrigens auch in diesem sehr spannenden TED-Vortrag von Tom Wujec selbst erzählen lassen. Und ein Blog dazu gibt es inzwischen auch sowie eine Bildergalerie mit zahlreichen Spaghetti-Türmen…