Groll’s Arbeitsrechtskolumne

Peter Groll ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt. Für die Karrierebibel analysiert und kommentiert er ab sofort regelmäßig wichtige und aktuelle Urteile aus dem deutschen Arbeitsrecht. So bleiben Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Fach- und Führungskräfte stets über ihre Rechte und rechtliche Fallstricke informiert.

Keine Codes im Zeugnis

AZ. 9 AZR 386/10 Ein Arbeitnehmer ärgerte sich über eine Formulierung in seinem Arbeitszeugnis. „Wir haben ihn als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt“ stand da, was man so oder so auslegen kann. Für den Arbeitnehmer trotzdem ein klarer Affront: Er war überzeugt, durch die Vergangenheitsform werde das in der Geschäftswelt eindeutig negativ verstanden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sah das in seinem Urteil vom 15. November 2011 jedoch anders und wies die Klage ab. Begründung: Mit der Formulierung „haben kennengelernt“ werde beim objektiven Leser nicht der Eindruck erweckt, dem Mitarbeiter werde in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation bescheinigt. Gerade im Hinblick auf versteckte negative Formulierungen in Zeugnissen, sogenannte Zeugniscodes, holt das BAG mit der jetzigen Entscheidung den Streit über Zeugnisse wieder auf den Boden der Tatsachen
zurück, nämlich den Wortlaut.

Gefährlicher Geschäftsführer

AZ. 17 U 99/10 Gesucht wurde ein „Geschäftsführer“. Die Anzeige hatte das mittelständische Unternehmen durch eine Anwaltskanzlei entwerfen und schalten lassen. Ein Fehler. Denn als sich die Personalleiterin einer Versicherung darauf bewarb und abgelehnt wurde, verklagte sie das Unternehmen auf auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 13.257,36 Euro. Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied. Stellenausschreibungen müssen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschlechtsneutral formuliert werden, ansonsten drohen Entschädigungsansprüche des abgelehnten Bewerbers. Dies gelte auch dann, wenn ein Dritter die Anzeige im Auftrag erstellt und die Berufsbezeichnung im allgemeinen Sprachgebrauch üblicherweise männlich belegt ist. Das Urteil ist bemerkenswert, weil damit auch die übliche Funktionsbezeichnung „Geschäftsführer“ als diskriminierend gewertet wird. Es fehlte der Zusatz (m/w) oder der Hinweis, dass auch Bewerberinnen gesucht werden. Das Unternehmen konnte sich auch nicht durch das Argument retten, die Bewerberin wäre fachlich nicht ausreichend qualifiziert gewesen. Dem Gericht war die Stellenanzeige Beweis genug, um eine Diskriminierung anzunehmen.

Banker ohne Boni

AZ. 10 AZR 756/10 Die drastischen Bonuskürzungen im Investmentbanking für das Geschäftsjahr 2008 waren rechtmäßig. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 12. Oktober 2011 endgültig entschieden. Die Commerzbank – vormals Dresdner Kleinwort Investment Bank – hatte trotz vorheriger Auslobung eines Bonuspools von 400 Millionen Euro die Boni um 90 Prozent gekürzt und mit der Wirtschaftskrise sowie einem negativen Geschäftsergebnis von etwa 6,5 Milliarden begründet. Das BAG gab der Bank Recht und wertete die noch im Dezember 2008 versandten Bonusbriefe mit „vorläufig“ festgesetzten Boni nicht als verbindliche Zusage.